19. September 2013 – Zum zweiten Mal richten die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen gemeinsam eine große landesgeschichtliche Ausstellung aus. Nach der Staufer-Schau, die vor drei Jahren fast 240.000 Besucher nach Mannheim zog, widmen sich die drei Bundesländer 2013/2014 der nächsten bedeutenden Herrscherfamilie. Die Ausstellung zur Dynastie der Wittelsbacher steht partei- und länderübergreifend unter der Schirmherrschaft der Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, Malu Dreyer und Volker Bouffier. Das Patronat hat Seine Königliche Hoheit Herzog Franz von Bayern übernommen.
Unter dem Titel „Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa“ präsentieren die Reiss-Engelhorn-Museen und die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg vom 8. September 2013 bis 2. März 2014 gemeinsam in Mannheim 600 Jahre Kulturgeschichte am Beispiel hochrangiger originaler Kunstwerke und Zeitzeugnisse.
Ludwig der Kelheimer mit seiner Gattin Ludmilla. München, Bayerisches Nationalmuseum Amberg, Anna Maria Johanna Wisger und Eva Margretha Wisger, 1772/73. Gouache auf Pergament. © Bayerisches Nationalmuseum München, NN 3605.
Von 1214 bis 1803 regierten die Wittelsbacher als Kurfürsten und Könige die Pfalzgrafschaft bei Rhein, die als wichtigstes der weltlichen Kurfürstentümer im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gilt. Anlass für das länderübergreifende Kulturprojekt ist die Übergabe der Pfalzgrafschaft an den bayerischen Herzog Ludwig I., den Kelheimer, die sich zum 800. Mal jährt.
Schauplatz der Ausstellung sind zwei Orte, an denen die Wittelsbacher gewirkt haben. Der mittelalterliche Abschnitt von 1214 bis 1504 wird im Museum Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen gezeigt, während sich der Ausstellungsteil im Barockschloss Mannheim der neuzeitlichen Geschichte bis zur Auflösung der Kurpfalz im Jahr 1803 widmet. Die Doppelausstellung „Die Wittelsbacher am Rhein“ vereint rund 600 kostbare Exponate.
Prachtvolle Buchmalereien, exquisite Goldschmiedearbeiten, imposante Herrschergemälde, mediale Inszenierungen sowie Mitmachstationen illustrieren eindrucksvoll die wechselvolle Geschichte der Dynastie am Rhein. Die Präsentation begleitet den Aufstieg der Familie im Mittelalter zur Elite des Heiligen Römischen Reiches, geht auf die verheerenden Niederlagen im Landshuter Erbfolgekrieg oder im Dreißigjährigen Krieg ein und beschwört die Blütezeit der Residenzstädte Heidelberg und Mannheim herauf.
Große europäische Museen und Sammlungen unterstützen die Ausstellung durch Leihgaben, darunter die Vatikanische Bibliothek, das Kunsthistorische Museum Wien, die British Library, der Louvre, das Bayerische Nationalmuseum, das Geheime Hausarchiv München und die Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaft Budapest.
Der Rundgang beginnt im Museum Zeughaus. Dort wird der mittelalterliche Abschnitt von 1214 bis 1504 gezeigt, während sich der Ausstellungsteil im Barockschloss Mannheim der neuzeitlichen Geschichte bis 1803 widmet. Jeder Ausstellungsteil ist in vier Sektionen unterteilt.
Um 1200: Die Wittelsbacher in der Pfalz
Die Geschicke des Reiches wurden im ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhundert vor allem von den Dynastien der Welfen und Staufer bestimmt. Konflikte zwischen beiden Herrschergeschlechtern begünstigten jedoch den Aufstieg eines weiteren Adelsgeschlechts, das in den folgenden Jahrhunderten die Reichsgeschichte prägend beeinflussen sollte: die Wittelsbacher.
Die erste Ausstellungssektion beleuchtet zunächst die Herkunft dieser Familie und ihren Aufstieg im Reich. Ein erster Erfolg gelang Otto von Wittelsbach 1180 mit seiner Erhebung zum Herzog von Bayern. 1214 folgte ein zweiter Triumph auf Kosten der Welfen. In der Auseinandersetzung zwischen dem welfischen Kaiser Otto IV. (1198-1218) und seinem staufischen Rivalen Friedrich II. (1212-1250) um die Krone konnte sich wieder ein Wittelsbacher, Ludwig I., ein Sohn Ottos von Wittelsbach, auf staufischer Seite profilieren und die Pfalzgrafschaft bei Rhein, das wichtigste weltliche Fürstentum im westlichen Kraftzentrum des Reichs, für die Familie gewinnen. Nach seinem Sieg über den welfischen Kaiser belohnte Friedrich II. seinen wittelsbachischen Gefolgsmann, Herzog Ludwig I. von Bayern (1183-1231), im Jahr 1214 mit der rheinischen Pfalzgrafschaft. Der einleitende Ausstellungsbereich erläutert die Rolle der wittelsbachischen Fürsten als ordnungsstiftende Kräfte im Stauferreich und die Bedeutung der Pfalzgrafschaft bei Rhein als Innovationsraum im Reich.
13./14. Jahrhundert: Wege zum Vorrang im Reich
Der Aufstieg der Wittelsbacher im Reichs- aber auch im regionalen Kontext setzte sich im 13. und 14. Jahrhundert weiter fort. Durch territoriale Zugewinne etwa aufgrund der Konradinischen Schenkung und einer geschickten Heiratspolitik vergrößerte das Haus seinen Einfluss immer mehr. Innerhalb der Familie kam es allerdings aufgrund von Erbstreitigkeiten unter den Söhnen Ludwigs des Strengen und deren Nachkommen zu erbitterten Auseinandersetzungen, die schließlich im Vertrag von Pavia und der Teilung des Hauses sowie der Trennung in die bayerische (ludowizische) und die pfälzische (rudolfinische) Linie endeten. Die Pfälzer erhielten dabei die wittelsbachische Kurwürde – einen Titel, der ihre Selbstdarstellung und Legitimation als Kurfürsten auch in den folgenden Jahrhunderten stark beeinflussen sollte.
Die Bedeutung der Pfalzgrafschaft kam auch in der dynastischen Heiratspolitik der pfälzischen Wittelsbacher zum Ausdruck, die europäische Dimensionen annahm und die Geschicke des Hauses mit großen Teilen des Hochadels in Europa verflocht.
Mediale Inszenierung einer Rheinfahrt. Die Pfalzgrafschaft hatte ihre Bedeutung ebenso wie ihren Wohlstand zu großen Teilen ihrer Lage am Rhein zu verdanken. Als einer der „Lebensadern“ des Reiches diente der Fluss nicht nur dem Handel, sondern war auch ein wichtiger Reiseweg, der beträchtliche Zolleinnahmen einbrachte. © CES / FaberCourtial.
Die Pfalzgrafschaft selbst erlebte in jener Zeit eine Blüte, die nicht zuletzt auf ihrer zentralen Lage im Herzen des Reiches entlang einer der zentralen „Lebensadern“, dem Rhein, beruhte. Zölle, Schifffahrt und Handel stärkten den Einfluss der Region und beförderten die Entwicklung des Mittelrheingebietes zu einer zentralen Kunstregion. Auch die starke und traditionsreiche jüdische Kultur prägte das Leben am Rhein und in der Kurpfalz.
Das wachsende Selbstbewusstsein und die zunehmende Bedeutung der Pfalzgrafen bei Rhein im 14. Jahrhundert ließen Heidelberg zudem Anziehungs- und Bezugspunkt auch der kulturellen Elite werden. Nach den Universitätsgründungen in Wien und Prag – initiiert von den anderen beiden großen Dynastien des Reiches (Habsburger und Luxemburger) – dauerte es so nicht mehr lange bis die Wittelsbacher nachzogen und 1386 ihre eigene Universität in Heidelberg begründeten.
Ruprecht: Der König aus Heidelberg und seine Residenz
Um 1400 gehörte die Pfalzgrafschaft bei Rhein zu den aktivsten und mächtigsten Fürstentümern im Reich. Ganz selbstverständlich scharten sich um den Pfalzgrafen und die übrigen rheinischen Kurfürsten so auch die Gegner des Königtum Wenzels. Die drei Erzbischöfe und Ruprecht wurden zu Wortführern der Opposition und beschlossen, in Verantwortung für das Wohl des Reiches Wenzel abzusetzen und einen würdigen Ersatz zu finden.
König Ruprecht mit seiner Gattin Elisabeth von Hohenzollern-Nürnberg. München, Bayerisches Nationalmuseum. Amberg, Anna Maria Johanna Wisger und Eva Margretha Wisger, 1772/73. Gouache auf Pergament. © Bayerisches Nationalmuseum München, NN 3610.
So bestieg Ruprecht, der einzige König aus Heidelberg, im Jahre 1400 den Thron. Von Anfang an hatte Ruprecht mit zahlreichen Problemen zu kämpfen. Wenzel erkannte seine eigene Absetzung und die Wahl Ruprechts nicht an, die finanziellen Ressourcen der Pfalzgrafschaft waren bald erschöpft und auch der Italienzug des Königs scheiterte. Trotz aller offensichtlichen Fehlschläge bedeutete das Königtum jedoch einen Höhepunkt in der Geschichte der pfälzischen Wittelsbacher und nicht zuletzt der Kurpfalz. Ruprecht gelang es, das Territorium der Kurpfalz nicht unwesentlich zu erweitern und zu stärken.
Rekonstruktion Heidelberger Schloss – vor der Zerstörung. Von einigen kriegsbedingten Unterbrechungen abgesehen residierten die Wittelsbacher – die Pfalzgrafen bei Rhein – bis ins frühe 18. Jahrhundert auf dem Heidelberger Schloss. © CES / FaberCourtial.
Das monarchische Selbstverständnis Ruprechts kam in diesen Jahren zudem durch den Ausbau der nun königlichen Residenz Heidelberg, der Anlage einer würdigen Grablege und nicht zuletzt durch die Anbahnung einer Ehe für seinen Sohn Ludwig mit einer englischen Königstochter zum Ausdruck.
Langfristig betrachtet weit bedeutender als das Königtum selbst erwies sich allerdings eine der letzten Handlungen des Königs. Entgegen vorheriger Absprachen gab Ruprecht kurz vor seinem Tod die Anweisung, das Erbe unter seinen vier verbliebenen Söhnen zu teilen. Dieser Akt hatte die Entstehung verschiedener pfälzischer Nebenlinien zur Folge und garantierte das Überleben des Hauses Wittelsbach bis zum heutigen Tage.
Kurpfälzischer Glanz und das Ende des Mittelalters in der Kurpfalz
Ludwig III., der Sohn des Königs aus Heidelberg, trat nicht in die Fußstapfen seines Vaters, sondern inszenierte sich bewusst als starker Kurfürst im Dienst des römisch-deutschen Königs. In dieser Rolle war er in ganz zentraler Funktion am Konstanzer Konzil beteiligt und sorgte gar für die Einkerkerung des ehemaligen Papstes, Johannes XXIII. in Heidelberg und schließlich bei Mannheim. Daneben legte Ludwig allerdings auch mit seinen Erwerbungen und Schenkungen den Grundstein für die Bibliothek des Heiliggeiststiftes und die Entwicklung des Heidelberger Hofes zu einem Bezugspunkt für Gelehrte und Künstler.
Harnisch Friedrichs des Siegreichen Wien, Kunsthistorisches Museum, Hofjagd- und Rüstkammer. Tomaso Missaglia und Werkstatt Mailand, um 1450. © Kunsthistorisches Museum, Wien.
Auch unter seinen Nachfolgern, allen voran Friedrich dem Siegreichen und Philipp dem Aufrichtigen, blieb der Hof in Heidelberg ein kulturelles Zentrum, ein Umstand, den zahlreiche Dedikationsexemplare und Loblieder auf die Fürsten beweisen. Besonders unter Friedrich, der stets um seine Legitimation als rechtmäßiger Kurfürst zu kämpfen hatte, entwickelte sich eine dezidiert „pfälzische“ Chronistik und ein fürstliches Mäzenatentum. Darüber hinaus erwies sich Friedrich als ein begnadeter Heerführer, was ihm seinen Beinamen „der Siegreiche“ einbrachte. Nie wieder sollte die Kurpfalz eine solche Hegemonialmacht sein, nie wieder eine solche Ausdehnung erreichen wie unter Friedrich I.
Sein Nachfolger Philipp, der gemeinhin eher als Feingeist betrachtet wird, fasste dann jedoch einen Plan, der sich für die Kurpfalz als ruinös erweisen sollte. Gemeinsam mit seinem Schwager Georg „dem Reichen“ von Bayern-Landshut – der ohne männliche Erben zu bleiben drohte – beschloss er das bayerisch-landshutische Erbe für die Kurpfalz zu gewinnen. Eine Tochter Georgs, Elisabeth, wurde mit Ruprecht, dem dritten Sohn Philipps verheiratet und als Schwiegersohn von Georg zum Nachfolger aufgebaut. Die Auseinandersetzung mit den bayerischen Vettern, denen das Erbe Georgs rechtmäßig zugestanden hätte, war vorprogrammiert. Und tatsächlich, als der Erbfall eintrat, kam es zum Krieg, dem sogenannten „Landshuter Erbfolgekrieg“, der weite Teile der Territorien beider Konfliktparteien verwüstete und den Großmachtbestrebungen der Pfälzer ein Ende setzte.
Das konfessionelle Zeitalter: Reformation und Konfessionalisierung in der Kurpfalz
Im 16. Jahrhundert und beginnenden 17. Jahrhundert war die Glaubenszugehörigkeit ein maßgebliches Politikum. Sie bestimmte auch in der Kurpfalz alle innen- und außenpolitischen Entscheidungen, und nicht ohne Grund wird diese Epoche als „konfessionelles Zeitalter“ bezeichnet.
Bildnisbüste des Kurfürsten Ottheinrich von der Pfalz. Paris, Musée du Louvre, Département des Sculptures, Donation Sauvageot. Dietrich Schro zugeschrieben, um 1556. © bpk | RMN – Grand Palais | Daniel Arnaudet | Jean Schormans | Renè-Gabriel Ojèda.
Nach einer lutherischen Reform unter Kurfürst Ottheinrich nahmen die Pfalzgrafen bei Rhein als erste unter den bedeutenden weltlichen Fürsten im Heiligen Römischen Reich die auf die Theologie Johannes Calvins, Heinrich Bullingers und Martin Bucers zurückgehende reformierte Lehre an. Diese sogenannte „Zweite Reformation“ wurde 1563 unter Kurfürst Friedrich III. dem Frommen vollzogen. Sie fand Ausdruck in der Formulierung einer neuen Kirchenordnung und nicht zuletzt im Heidelberger Katechismus, der weltweit Gültigkeit erlangte und 2013 das 450. Jubiläum seines Entstehens feiert.
Die Kurpfalz übernahm so eine Vorreiterrolle für die Verbreitung der reformierten Glaubenslehre im Reich. Sie stand damit aber zugleich außerhalb des Reichsverbandes, da die reformierte Konfession nicht im Augsburger Religionsfrieden von 1555 anerkannt worden war. Diesen Status sollte sie erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 erlangen. Bedeutete das Bekenntnis zum reformierten Glauben innenpolitisch eine Isolation, so suchte die Kurpfalz in Europa den Schulterschluss mit anderen mehrheitlich reformierten Dynastien. Insbesondere nach England, zu den französischen Hugenotten und zum Haus Oranien in den Niederlanden knüpfte sie enge konfessionell-familiäre Netzwerke.
Auch die Bildungspolitik – etwa die Besetzung von Kirchenräten und Professuren an der Universität Heidelberg oder die Gründung konfessioneller Lehranstalten – hing stark von der Glaubensüberzeugung des Regenten ab. Im Gegensatz zu seinem Vater Friedrich III. förderte Ludwig VI. die lutherische Konfession, bis der Kuradministrator Johann Casimir und Kurfürst Friedrich IV. erneut vehement die reformierte Lehre vertraten. Die Bevölkerung der kurpfälzischen Territorien war dennoch konfessionell keineswegs homogen. Vor allem die Oberpfalz blieb stark lutherisch geprägt und widerstand lange Zeit den reformierten, später den katholischen Konversionsbestrebungen der Landesherren.
Sogenannter Böhmischer Reichsapfel des „Winterkönigs“ Friedrich V. München, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Residenz München, Schatzkammer. Augsburg (?), 1619. © München, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Residenz München.
Europäische Allianzen und pfälzische Katastrophen
Konfessionell-dynastische Allianzen zogen die Kurpfalz wiederholt in kriegerische Auseinandersetzungen. Ihr Anspruch als protestantische Führungsmacht geriet unter dem „Winterkönig“ Friedrich V. und seinen politischen Beratern zur Hybris und war Mitauslöser für den Dreißigjährigen Krieg, in dem die Kurpfalz territoriale Verluste, verheerende Zerstörungen und nicht zuletzt die Aberkennung der Kurwürde erfuhr. Erst 1648 wurde ihr eine neubegründete (achte) Kurstimme zugesprochen. Damit gehörte die Kurpfalz erneut zum Kreis der Königwähler, verlor aber das mit der Ersten Kur verbundene Amt des Reichsvikars, das im Ordnungs- und Machtsystem des Heiligen Römischen Reiches einen bedeutenden Vorrang markierte.
Kriegserfahrung, Zerstörung und Wiederaufbau bestimmten die Kurpfalz im 17. Jahrhundert. Unter Karl I. Ludwig gelang die Restitution der Kurwürde und es setzte ein vor allem durch liberale Stadtprivilegien und die Anwerbung von Zuwanderern geförderter wirtschaftlicher Aufschwung ein.
Bildnis der jungen Elisabeth Charlotte (Liselotte) von der Pfalz. Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museen. Unbekannter Künstler, um 1670. © rem, Jean Christen.
Doch die zwischen seiner Tochter Liselotte von der Pfalz und dem Herzog von Orléans, Bruder des französischen Königs Ludwig XIV., aus strategischen Gründen geschlossene Ehe führte erneut in eine Katastrophe:
Rekonstruktion Heidelberger Schloss – Sprengung. Von 1688 bis 1697 riss der Pfälzische Erbfolgekrieg die Kurpfalz in eine Katastrophe: Städte und Landstriche wurden verwüstet, das Heidelberger Schloss gesprengt. © CES / FaberCourtial.
Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) verwüsteten und brandschatzten französische Truppen die kurpfälzischen Lande – nicht zuletzt Heidelberg und Mannheim – und hinterließen eine weitgehend zerstörte und entmilitarisierte Kurpfalz.
Der Übergang der pfälzischen Kurwürde an die katholische Nebenlinie Pfalz-Neuburg zeitigte abgesehen von einer Rekatholisierung des Landes, die mit einer starken Förderung des Jesuitenordens einherging, weitere gravierende Folgen. Zum Erbe des neuen Kurfürsten Philipp Wilhelm gehörten auch die Herzogtümer Jülich und Berg, sodass sich der Flickenteppich der kurpfälzischen Länder um diese Territorien am Niederrhein erweiterte. Zu Recht bezeichnet man den Fürsten auch als „Schwiegervater Europas“, denn seine Nachkommen heirateten in die mächtigsten Adelshäuser des Reiches, Polens, Portugals sowie Spaniens ein.
Kurpfälzischer Hof und Residenzstadt Mannheim
Hatte Johann Wilhelm von der niederrheinische Residenz Düsseldorf aus regiert und dort gemeinsam mit seiner Gattin Anna Maria Luisa de’ Medici eine herausragende Kunstsammlung begründet, so installierte sein Bruder Carl Philipp den kurfürstlichen Hof wiederum in Heidelberg.
Mannheimer Stadtansicht, 1758. Kurfürst Carl Philipp verlegte 1720 seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim. Erst mit der Verlegung der Residenz verschmolzen Mannheim und Friedrichsburg zu einer, von einer Fortifikation begrenzten Stadt. Anstelle der einstigen Festung entstanden nun das kurfürstliche Schloss und die Jesuitenkirche. © CES / FaberCourtial.
Nach Streitigkeiten mit der örtlichen Geistlichkeit bestimmte er jedoch 1720 Mannheim zur Residenz und begann mit dem Bau der Planstadt und eines imposanten Barockschlosses.
Unter seinem Nachfolger, Kurfürst Carl Theodor, erlebte Mannheim als Zentrum der Literatur, Wissenschaften und Kommerz, Kunst und Musik seine glanzvollste Epoche. Die aus der kurfürstlichen Hofkapelle unter den Musikdirektoren Johann Stamitz und Christian Cannabich hervorgegangene Mannheimer Schule gilt als Wegbereiterin der Wiener Klassik. Der Ausbau der kurfürstlichen Kunstsammlungen sowie das Wirken Schillers in Mannheim und die Gründung der Deutschen Gesellschaft sind weitere Marksteine dieser kulturellen Blütezeit. Hervorzuheben ist ferner die Förderung der Naturwissenschaften mit dem Bau der Mannheimer Sternwarte und der Gründung der Akademie der Wissenschaften.
Kurfürst Carl Theodor. Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. Anna Dorothea Therbusch, 1763. © rem, Foto: Jean Christen.
Diese Blütezeit währte jedoch nur kurz, denn als Carl Theodor nach Aussterben der bayerischen Wittelsbacher 1777 die Linien der Pfalz und Bayerns vereinigte, bedeutete dieser Erbfall eine Verlegung der Residenz nach München.
Von Kurpfalz-Bayern nach Baden
Mit dem Tod Carl Theodors 1799 fiel das Erbe der letzten verbliebenen Linie Birkenfeld-Zweibrücken zu. Kurfürst von Pfalz-Bayern wurde Maximilian IV. Joseph. Bereits sieben Jahre zuvor war die Kurpfalz in den Strudel der Französischen Revolution geraten. In die nachfolgenden Koalitionskriege gegen Napoleon Bonaparte war Kurpfalz-Bayern ebenfalls stark involviert. Ihre Truppen wurden in den Auseinandersetzungen zwischen der Republik Frankreich und dem Reich bzw. Habsburg nahezu aufgerieben. Die linksrheinischen Gebiete wurden von französischen Truppen besetzt und dieser Status mit dem Frieden von Lunéville 1801 bestätigt. Eine Kompensation der Territorialverluste durch Säkularisation und Mediatisierung setzte einen Verhandlungsprozess in Gang, der im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 mündete. Er bedeutete schließlich auch das Ende der Kurpfalz: Die rechtsrheinischen Gebiete der Pfalz wurden der Markgrafschaft Baden zugeschlagen, die 1806 mit Gründung des Rheinbunds durch Napoleon die Rangerhebung zum Großherzogtum Baden erfuhr. In den bayerischen Territorien hingegen gelang der Neubeginn der Wittelsbacher Dynastie unter Max IV. Joseph (1806-1825) im Königreich Bayern.
Die 3-Länder-Ausstellung „Die Wittelsbacher am Rhein“ ist Höhepunkt des „Wittelsbacherjahrs 2013“, an dem sich mehr als 45 Orte in der Rhein-Neckar-Region mit Veranstaltungen beteiligen. Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches und abwechslungsreiches Begleitprogramm für Kinder, Erwachsene und Schulklassen. Der zweibändige Katalog mit Essays ausgewiesener Experten sowie einem reich bebilderten Objektteil erscheint im Verlag Schnell und Steiner.
Alle Informationen zur Ausstellung und zum Programm des Jubiläumsjahrs finden Sie auf der Seite Wittelsbacher 2013.