von Björn Schöpe
14. März 2013 – Die MünzenWoche steht dafür, die verschiedenen numismatischen Welten enger zusammenzuführen. Wie notwendig das ist, sieht man auch an der Ausstellung „Echt und Falsch“. Sie ist gerade in Italien zu Ende gegangen und war dort wohl die erfolgreichste numismatische Ausstellung aller Zeiten. Leider haben außerhalb Italiens nur die wenigsten von ihr gehört.
Und das ist schade, denn zunächst einmal zeichnet sich diese Ausstellung durch eine ganz ungewöhnliche Geschichte und Organisation aus. Es war bezeichnenderweise kein Museum, das beschlossen hatte, mit seinen Fälschungen eine Ausstellung zu bestreiten. Vielmehr stand dahinter ein aufklärender Gedanke der italienischen Finanzpolizei, der Guardia di Finanza, die praktische Erfahrung im Ausheben von Falschmünzerwerkstätten und ähnlichem hat. Die Besucher der Ausstellung konnten dies übrigens in einem Bereich sehen, wo eine komplette Fälscherwerkstatt aufgebaut war, die die Polizei 2006 entdeckt hatte.
Ebenso muss gelobt werden, wie eng und produktiv die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Museen, Denkmalämtern, Universitäten und Münzhandel war. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Und zu guter Letzt ist das Konzept überaus bestechend: Die Ausstellung war nicht nur eine gewöhnliche Wanderausstellung, sondern an jedem der zwölf Orte nahm sie neue Exponate auf, die der Thematik einen jeweils regionalen Aspekt hinzufügten. In Mailand ging diese ungewöhnlich Reise nun nach fünf Jahren zu Ende.
Für Sammler ist es normalerweise ein Alptraum, finden sie unter ihren geliebten Schätzen eine Fälschung, der sie aufgesessen sind. Doch kulturhistorisch betrachtet erschließen auch Fälschungen die Numismatik auf eine ganz eigene und ebenso spannende Weise, da sie nicht weniger als die Originale zum Verständnis ihrer Entstehungszeit beitragen können. Und wenn man sich anschaut, wie viele Fälschungen auf die wenigen Originale in der Ausstellung „Echt und Falsch“ kamen, könnte man manchmal fast den Eindruck haben, die Fälschungen seien sogar faszinierender …
Gefälscht wird seit es Geld gibt. Neben sehr frühen Fälschungen von Drittelstateren des Kroisos finden sich auch gefälschte athenische „Eulen“, …
Die Fälschung hat ihren Überzug aus Edelmetall mittlerweile verloren und zeigt (links) im Gegensatz zum Original (rechts) ihren Kern aus unedlem Metall.
… oder venezianische Dukaten. Sie alle erzählen von den Versuchen der Menschen, durch Manipulation des Edelmetallgehalts materiellen Gewinn aus ihren Produkten zu ziehen.
Doch daneben gab es auch andere Arten von Fälschungen. So arbeitete die Ausstellung auch heraus, wie sehr die Sammler in der frühen Zeit des modernen Münzsammelns geschickten Fälschern zum Opfer fielen. In diesem Fall war der Punkt nicht der Materialgewinn, sondern der angenommene Wert durch hohes Alter oder Seltenheit. Als im 16. Jahrhundert Bestimmungsbücher noch nicht existierten, konnte so manches Objekt, das ein moderner Sammler sofort als (schönes) modernes Werk erkennt, einem damaligen Sammler echt antik erscheinen.
Ein Sesterz des römischen Kaisers Caligula – von Giovanni Cavino.
Ein geschickter Graveur wie Giovanni Cavino (1500-1570) vermochte so seine Kreationen unter Angabe fiktiver Fundumstände erfolgreich in Sammlerkreisen zu platzieren – obwohl man heute darin gerne eher Neuinterpretationen und Anlehnungen sieht.
Wenn Sie mehr über Cavino und sein Verständnis von „Echt und Falsch“ lesen wollen, können wir Ihnen Film<" target="_blank">einen ausführlichen Artikel dazu bieten.
Überhaupt stellt sich in der Ausstellung immer wieder die Frage: Ist das nun eine Fälschung oder nicht? Unterwertige aber offiziell ausgegebene Münzen beispielsweise? Oder Geldscheine, die man heute fast als kabarettistische Kuriositäten ansehen möchte, obgleich sie zu ihrer Zeit sicher vielen Zeitgenossen schweren materiellen Schaden zufügten. Diese Scheine nutzten eine Schwäche ihrer Umwelt aus. Als Italien ein Staat wurde, konnte kaum ein Italiener lesen. Und wer lesen konnte, verstand in der Regel nur seinen geschriebenen Dialekt, selten aber das Standarditalienisch der Gebildeten. In dieser Welt produzierten Fälscher Geldscheine, die in ihrer äußeren Erscheinung an das offizielle Papiergeld angelehnt waren.
Schaut man genau hin, so sieht man, dass dieser Geldschein behauptet, von der „Bank der guten Laune“ ausgegeben zu sein im „Reich des Frohsinns“ und den Wert von „Zweihunderundfünfzig Freuden“ zu haben. Dies bestätigen die Offiziellen mit ihren Unterschriften. Ihre Namen: „Feiner Witz“, „Vernunft“ und „Höflichkeit“. Musikinstrumente, Weinflaschen und Personen in Festkleidung verweisen auf eine ganz andere Welt als die des bürgerlichen Italiens. Und auch die Androhung links von der Wertangabe unterscheidet sich merklich von den üblichen Androhungen gegenüber Fälschern. Dieses „Gesetz bestraft Fälscher mit 150 Kilogramm schlechter Laune.“
Eine Fälschung? Nun ja, jeder des Lesens Kundige erkennt sofort die Unterschiede. Aber in einer Welt, in der das kaum jemand vermochte, fielen gewiss Unzählige auf diese „Fälschung“ herein. Eine Täuschungsabsicht stand auf jeden Fall hinter diesem Produkt.
Dass diese Art der Fälschung in Italien eine jahrhundertelange Tradition hat, können Sie in unserem Film<" target="_blank">Artikel zu den oberitalienischen Nachahmungen einer Schaffhauser Münze lesen.
Die Ausstellung richtet das Augenmerk nicht nur auf die Fälschungen, sondern auch auf die Fälscher. Eine der schillerndsten Gestalten war der Sizilianer Paolo Ciulla (1867-1931). Er war ein begnadeter Grafiker und Künstler und leitete einen internationalen Geldfälscherring, der sich auf US-amerikanische Dollar und italienische Lire spezialisierte. 1922 verhaftete ihn die Polizei bei einer Haussuchung. Eigentlich hatten sie gedacht, einem Ring von 100-Lire-Fälschern auf der Spur zu sein.
Ciullas 500 Lire waren so gut, dass nicht einmal die Banca d’Italia bemerkte, dass in ihrem Haus Blüten kursierten.
Doch dann stellte sich heraus, dass sie Paolo Ciulla erwischt hatten. Dies war durchaus peinlich für die Banker, denn erst durch die sichergestellten Blüten in Ciullas Werkstatt wurde klar, dass jede Menge falscher 500-Lire-Scheine in Umlauf waren. Bis dahin war dies nicht einmal in der Banca d’Italia aufgefallen …
Überhaupt waren die Italiener zu dieser Zeit sehr präsent im kriminellen Milieu der USA. Geradezu romantisch verklärt, aber sicher belegt, hört sich die Geschichte des Antonio Comito Viola an. Der arme italienische Typograf suchte in den USA sein Glück und geriet über italienische Kontakte in die Fänge einer Verbrecherorganisation, die sich „Die Schwarze Hand“ nannte.
Von der „Schwarzen Hand“ gefälschter 5-Dollar-Schein.
Ehe er sich versah, war es zu spät zu entkommen, und die Gangster zwangen ihn, US-Dollars zu fälschen. Allerdings kam ihnen der Geheimdienst auf die Schliche.
Die Geldpresse der Fälscherwerkstatt der „Schwarzen Hand“ in Calhoun Farm bei New York.
Die Polizei nahm die Fälscherwerkstatt hoch, die Anführer der Bande kamen ins Gefängnis. Doch Viola fürchtete weiter um sein Leben und streute das Gerücht aus, er sei nach Brasilien ausgewandert. Tatsächlich war er mit seiner Frau in die Heimat zurückgekehrt, wo sich jede Spur von ihm verliert.
Ein britisches Fälscherschicksal bietet unser Artikel Film<" target="_blank">Seien wir gnädig, hängen wir sie auf: Der Fall Catherine Heyland.
Ein weiterer historisch bedeutsamer Aspekt von gefälschtem Geld bestand in der Bedeutung von „Blüten“ für die Kriegführung.
Mehrere Operationen werden vorgestellt, deren einziges Ziel darin bestand, das Geld des Feindes in so großem Maße zu fälschen, dass das allgemeine Vertrauen in dessen Währung verlorenging.
Gefälschte 10-Pfund-Note.
Während der Operationen „Andreas“ und „Bernhard“ fälschten die Nazis britisches Geld …
Gefälschter 50-Lire-Geldschein der Alliierten im Zweiten Weltkrieg.
… und auch das neue Geld der Alliierten in Italien wurde in den 1940er Jahren Opfer von Fälschern. Manche modifizierten besonders perfide originale Scheine, indem sie eine 0 hinzufügten und den Text abänderten, der Schein selbst war „echt“.
Die Ausstellung führt die Betrachter bis in die jüngste Zeit und thematisiert auch den Euro. Darüber hinaus aber ist auch die Darstellung von Fälschungen und Fälschern in Kino und Comic für so manchen ein besonders lebendiges und vielleicht auch unbekanntes Terrain.
Wer übrigens mehr Action braucht in einer Ausstellung, wird auch die finden – in den Darstellungen von Einsatzszenarien der aktiven Guardia di Finanza.
Eine rundum gelungene Ausstellung, die zum Nachdenken anregt über die Geschichte von Fälschungen und ihre Rolle in der Kultur- und politischen Geschichte, aber nicht zuletzt auch über die Frage, was eigentlich „echt“ und was „falsch“ ist.
Leider findet sich im Netz vornehmlich Material in italienischer Sprache.
Die Guardia di Finanza präsentiert die Ausstellung auf ihrer Internetseite …
… unter anderem in einem anschaulichen Film.
Haben Sie schon entdeckt, die MünzenWoche bietet ihnen im Archiv allerhand zum Thema Fälschungen. Unter anderem einen Leitfaden, wie Sie selbst schnell Fälschungen erkennen.