von Ursula Kampmann
9. August 2018 (Erstveröffentlichung September 1998) – In Trier kommen mehr antike Münzen ans Licht des Tages als in jeder anderen deutschen Stadt. Zu denen, die in organisierten Grabungen des Landesamtes für Denkmalpflege oder bei baulich bedingten Eingriffen in den Boden gefunden werden, kommen noch die, die ca. 70 Sucher mit Metalldetektoren privat in ihrem vom Museum zugeteilten „Claim“ aufspüren. Allein das sorgfältig durchsuchte Baggergut aus dem Umfeld der Römerbrücke brachte 32.000 römische Münzen. Wie wird eine Stadt mit so einem Erbe fertig? Können die Museen die sich aufhäufenden Neufunde bewältigen?
Karl-Josef Gilles zeigt 1998 im Münzkabinett des Rheinischen Landesmuseums in Trier stolz ein Tablett mit Münzen aus dem Trierer Goldmünzenfund. Foto: UK.
Wenn man sich mit Dr. Karl-Josef Gilles vom Münzkabinett des Rheinischen Landesmuseums Trier unterhält, gibt es auf die Frage nur eine klare Antwort, und die lautet nein. Allein die personelle Situation im Münzkabinett ist ein Trauerspiel. Wohlgemerkt, Trier dürfte im Vergleich zu anderen Kabinetten das 3. oder 4. größte sein, zumindest an der Zahl der Münzen gemessen. Aber statt wie in München oder Berlin mehrere Numismatiker und zahlreiche Verwaltungsangestellte, findet man in Trier eine Person, eben Dr. Karl-Josef Gilles. Und der ist nicht mal nur für die Numismatik zuständig. Für die bleibt ihm allenfalls ein Viertel der Zeit übrig, wobei der Vollblutarchäologe wohl zu denen gehört, für die der Tag 24 Stunden hat; und wenn die nicht reichen, dann nimmt er eben auch noch die Nacht dazu. Er ist verantwortlicher Leiter für den Ausstellungsbau des Rheinischen Landesmuseums, hat einen Lehrauftrag an der Frankfurter Uni, hat in den letzten 3 Jahren 5 Bücher publiziert und wird ganz nebenbei im Rheinland der „Kelterpapst“ genannt, weil er inzwischen neun Keltern ausgegraben und veröffentlicht hat.
Ein Teil des römischen Goldmünzenschatzes. Foto: Th. Zühmer / CC BY-SA 3.0.
Außerdem hat er ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Metalldetektorsuchern von Trier aufgebaut. Wie sonst hätte der berühmte Goldschatzfund von Trier mit 2570 Aurei in den Besitz des Landesmuseums kommen können?
Es ist eine wunderschöne Geschichte, die auch das Fernsehen inzwischen so attraktiv gefunden hat, dass ein halbstündiger Film daraus gemacht wurde, wie nach Mitternacht bei Dr. Gilles das Telefon läutete, er sich schlaftrunken an den Hörer schleppte und dem Finder des sagenhaften Goldschatzes nicht glaubte, der daraufhin noch eine ganze Nacht das wertvolle Gut allein hüten mußte. Seit 1993 liegt der größte Fund von Aurei, den wir kennen, in Trier; veröffentlicht ist er bisher noch nicht. – Anm. der Red.: Dies geschah 2013 – Und das liegt bestimmt nicht am mangelnden Fleiß des Bearbeiters, sondern einfach an fehlender Zeit und nicht existierenden Hilfskräften.
Präsentation des Goldmünzenschatzes. Foto: Th. Zühmer / CC BY-SA 3.0.
Sehen kann der Besucher des rheinischen Landesmuseums einen Teil der Goldmünzen trotzdem. Auf einem Ausstellungsraum von 32 Quadratmeter (bitte kommen Sie also nicht mit mehr als 30 Personen aus ihrem lokalen Münzverein) werden Aurei aus dem Schatzfund gezeigt. Das Gefäß, das die Münzen zumeist in gerollter Form und in gesiegelten Säckchen aufbewahrt enthielt, kam wohl anlässlich des Bürgerkrieges zwischen Septimius Severus und Clodius Albinus in die Erde. Der Besitzer, wohl ein hoher Würdenträger einer der beiden Parteien, vergrub das ihm anvertraute Depot in seinem Keller. Vielleicht kam er bei einer „Säuberung“ der anderen Partei ums Leben, so dass das Wissen um den Schatz verloren ging. Das Haus jedenfalls wurde auch weiterhin bewohnt, der Keller, in dem der Schatz noch immer unbeachtet vergraben war, sogar umgebaut. Erst Bauarbeiten für ein Parkdeck unserer Tage brachten das Gold wieder ans Tageslicht.
Noch ein weiterer Schatzfund kann in dem kleinen Ausstellungsraum gesehen werden, der umfangreiche Silberhort aus dem Kastell Niederbieber. Mit der Leitung des Trierer Münzkabinetts ist nämlich das Amt des rheinlandpfälzischen Deputierten bei der Numismatischen Kommission der Länder verbunden, was Klartext bedeutet, dass Dr. Gilles nicht nur für Schatzfunde aus Trier, sondern auch für Rheinland Pfalz zuständig ist. Als ob man in Trier nicht schon genug Fundmünzen hätte! 1989 wurde in Niederbieber ein randvoll mit Silbermünzen gefülltes Gefäß gefunden, das vermutlich eine Truppenkasse der stationierten Soldaten darstellte. Vergraben wurde das Gefäß wohl anlässlich des Germaneneinfalls von 236, dessen Beendigung dem Kaiser Maximinus Thrax den Titel Germanicus auf den Münzen einbrachte.
Doch nicht nur römische Münzen findet man im Rheinischen Landesmuseum. Zwar besitzt das Münzkabinett keinen eigenen vom Museum unabhängigen Ankaufsetat, doch verfolgt es seit Jahrzehnten bestimmt Schwerpunkte. So werden zum Beispiel die keltischen Prägungen der Treverer gesammelt, dazu die Prägungen der spätantiken Münzstätte Trier, die Trierer Gepräge der Merowinger- und Karolingerzeit, die Münzen und Medaillen der Trierer Erzbischöfe von Poppo bis zum Ende des Trierer Kurstaates und die Prägungen der nichttrierischen Münzstätten der Region (Ayl, Prüm, Schönecken, Veldenz). Insgesamt 160.000 antike und 50.000 neuzeitliche Prägungen liegen in den Schränken des Kabinetts verborgen.
Hier geht es zur Seite des Rheinischen Landesmuseums in Trier.
Hier können Sie auch die Fundpublikation des Goldmünzenschatzes bestellen.
Das Museum bietet eine Auswahl von Münzrepliken an.