von Ursula Kampmann
18. August 2016 – Lösen wir zunächst einmal ein Problem, das sich wohl nur den wenigsten je gestellt hat. Wie heißt eigentlich das Museum, in dem das Zürcher Münzkabinett untergebracht ist? Traditionell kannte man es als SLM, also als das Schweizerische Landesmuseum. Diese Bezeichnung stimmt so nicht mehr. Das Schweizerische Landesmuseum ist ein Kind des 19. Jahrhunderts. Es wurde auf Grund des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1890 gegründet. Damals handelte es sich um eine Art Kompensation für das enttäuschte Zürich, dem Bern als Hauptstadt vorgezogen worden war.
Das Landesmuseum Zürich: Ensemble aus Alt und Neu. Blick vom Neumühlequai im Januar. © Roman Keller.
Das Landesmuseum in seinem, eine mittelalterliche Burg imitierenden Gebäude wurde zum meist besuchten Museum der Schweiz und ist es heute noch, auch wenn es an Status eingebüßt hat. 2010 nämlich trat das Schweizerische Gesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes in Kraft. Dieses reduzierte das Schweizerische Landesmuseum zum Landesmuseum Zürich und setzte darüber die Dachorganisation des Schweizerischen Nationalmuseums, das nebenbei für fünf weitere Institutionen verantwortlich ist, darunter das Chateau de Prangins am Genfersee, das Schweizerische Zollmuseum in Gandria und das Forum Schweizer Geschichte in Schwyz. Um die Verwirrung vollständig zu machen, hat das Schweizerische Nationalmuseum seinen Sitz im Landesmuseum Zürich. Man sieht, es handelt sich um ein ganz einfaches Konstrukt, das für jeden auf Anhieb zu durchschauen ist. Die Liste der Mitarbeiter umfasst bescheidene sieben Seiten.
Christian Weiss an seinem Arbeitsplatz. Foto: UK.
Damit Sie nicht lange grübeln müssen, wen Sie in Fragen Numismatik kontaktieren sollen, stellen wir Ihnen heute das Münzkabinett und seinen neuen Leiter Dr. des Christian Weiss vor, der zum 1. Juli 2016 die Nachfolge von Hortensia von Roten angetreten hat.
Christian Weiss kam auf einigen Umwegen zur Numismatik. Die Grabung auf dem Monte Iato bei Palermo brauchte einen neuen Fundnumismatiker, und Sizilien war so verlockend, dass Christian Weiss die Münzen in Kauf nahm. Dort stellte er überrascht fest, wie spannend die Numismatik sein kann, so dass er nach seiner Rückkehr immer wieder in Münzkabinetten Praktika absolvierte, so in Basel, St. Gallen und Winterthur. Dazu betätigte sich Christian Weiss als Fundnumismatiker für das IFS, die Kantonsarchäologie Solothurn und den Archäologischen Dienst Bern. Er bildet mittlerweile selbst Studenten aus, so mit einem 20%igen Pensum an der Uni Bern und über gelegentliche Lehraufträge an der Uni Zürich. Seine Dissertation zu den mittelalterlichen Fundmünzen und Gewichten vom Monte Iato hat er bereits 2016 verteidigt. Sie sollte in der ersten Hälfte 2017 publiziert werden.
Ein seltener Blick in das Allerheiligste des Münzkabinetts. Foto: UK.
Christian Weiss betreut rund 100.000 Objekte, darunter mit ca. 30.000 Stücken die wohl größte Sammlung schweizerischer Prägungen überhaupt. Er kann sich auf den gesetzlichen Auftrag berufen, systematisch Münzen aus der gesamten Schweiz zu sammeln. Dazu kommt eine beeindruckende Sammlung von Keltischen Münzen, die von Karel Castelin 1976 veröffentlicht wurden.
Eine Schublade voll von römischen Bronzemünzen. Foto: UK.
Nicht zu vergessen die Banknoten, Wertschriften, Kreditkarten, Münzprägestempel und vieles mehr. Ja, mit rund 80.000 Objekten besitzt das Landesmuseum Zürich eine der größten Siegelsammlungen Europas.
Wichtiger Bestandteil der Bestände des Zürcher Landesmuseums ist ein Depot der Zentralbibliothek Zürich von 23.000 Münzen aus aller Welt und allen Zeiten. Ferner finden sich dort die Sammlung römischer Münzen des Klosters Rheinau, die Fundmünzen des Kantons Zürich und weitere Spezialsammlungen.
Wir haben für Sie als Beispiel für die numismatischen Schätze, die sich im Landesmuseum Zürich verstecken, drei besondere Raritäten ausgewählt.
Merowinger. Triens des Münzmeisters Gratus, 600-650. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum.
Äußerst selten ist dieser merowingische Triens des Münzmeisters Gratus aus der Zeit Dagoberts I. Letzterer gilt als der letzte wirklich regierende Herrscher aus dem Geschlecht der Merowinger.
Gotteshausbund. Taler um 1560/65. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum.
Zu den Ikonen der schweizerischen Numismatik gehört dieser wunderschöne Taler des Gotteshausbundes von 1560/65, dessen Stempel der Zürcher Jakob Stampfer schnitt.
St. Gallen. Taler 1564. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum.
Ebenfalls aus der Hand von Jakob Stampfer stammt dieser nur in einem einzigen Exemplar überlieferte Taler der Stadt St. Gallen, den das Münzkabinett 1983 aus einer Hess Auktion erwerben konnte.
Bis vor kurzem befand sich das Münzkabinett noch im Sammlungszentrum Affoltern am Albis, eine runde halbe Stunde von der Zürcher Innenstadt entfernt. Nun wurde es im Rahmen des Neubaus des Zürcher Landesmuseums wieder in die Stadtmitte zurückverlegt und befindet sich im Hauptbau.
Ebenfalls ein Schatz: Die Bibliothek. Foto: UK.
Christian Weiss verfügt übrigens auch über eine ausgezeichnete Bibliothek, die vor allem hinsichtlich der Schweizer Numismatik kaum Wünsche offen lässt. Sie steht bei begründeten Forschungsvorhaben der Allgemeinheit zur Verfügung.
Bibliophile Raritäten. Foto: UK.
Enthalten sind darin nicht nur moderne Monographien und Periodika, sondern auch etliche der grundlegenden Werke der Numismatik …
Ein Blick in Eckhels Doctrina numorum veterum. Foto: UK.
… wie Eckhels Doctrina numorum veterum von 1792.
Ein Blick in das Gästebuch des Zürcher Münzkabinetts. Foto: UK.
Es lohnt sich also, das Münzkabinett einmal zu besuchen, um seinen Namen ins Gästebuch einzutragen.
Nur wenig Informationen liefert die Seite des Schweizerischen Nationalmuseums.
145 numismatische Objekte sind in der online-Datenbank des Schweizerischen Nationalmuseums eingepflegt.
Auf der Seite der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft hat noch Hortensia von Roten das Münzkabinett vorgestellt.
Wenn Sie ein numismatisches Anliegen haben und deshalb gerne das Zürcher Münzkabinett besuchen möchten, können Sie Christian Weiss ein E-Mail schreiben.