Eine Liebeserklärung an die Medaillen aus Baden

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von Ursula Kampmann

24. Januar 2019 – Medaillen sind ein ganz besonderes Zeugnis der Geschichte. Sie zeigen auf kleinstem Raum, wie die Herrschenden ihre Geschichte gesehen haben wollten. Jede Medaille akzentuiert den Strom der Zeit. Sie sagt: Dieser Moment, den ich verewige, er ist besonders wichtig für uns und für die Nachwelt. Medaillen sind eine Art numismatische Ausrufezeichen. Auch wenn wir Geschichte heute in vielem anders wahrnehmen, können sie uns viel über das Geschichtsverständnis ihre Urheber vermitteln.

Joachim Zeitz, Badische Medaillen. Schaumünzen dokumentieren dreihundert Jahre oberrheinische Geschichte bis 1806. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2018. 603 S., durchgehend farbige Abbildungen. Hardcover. 24,7 x 32 cm. ISBN: 978-3-7319-0400-7. 99 Euro.

Dass Medaillen daneben Kunstwerke sind, die an Komplexität, Originalität und handwerklicher Kunstfertigkeit Münzen bei weitem in den Schatten stellen, wird von vielen noch gar nicht richtig wahrgenommen. Was diejenigen, die sich für Medaillen interessieren, sehr zu schätzen wissen. Das fehlende Interesse sorgt nämlich dafür, dass diese im Verhältnis für das, was sie sind, viel zu billig verkauft werden. Bücher wie das vorliegende könnten daran allerdings etwas ändern. Denn Joachim Zeitz macht mit seinem monumentalen Prachtband Lust darauf, mit dem Sammeln von Medaillen zu beginnen.

Was heute als Baden Teil des deutschen Bundesstaates Baden-Württemberg ist, war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein zersplittertes Gebiet mit winzigen, teilweise winzigsten Herrschaften. Joachim Zeitz hat versucht, dieses zersplitterte Gebiet zu ordnen. Dafür listet er Ortschaften, Herrschaften und geographische Begriffe alphabetisch auf und präsentiert fortlaufend nummeriert die Medaillen, die damit in Verbindung stehen. In einem zweiten, wesentlich kleineren Kapitel katalogisiert er in Zusammenarbeit mit Stefan Fassbinder die Medaillen von und für Wallfahrten und Bruderschaften.

Sagen wir es gleich: Medaillen tendieren dazu, nicht so leicht einzuordnen zu sein wie Münzen. Es gibt viele Stücke in diesem Werk, bei denen kann man durchaus argumentieren, warum sie nicht im engsten Sinne zu Baden gehören. Ein gutes Beispiel dafür wäre eine wunderschöne Medaille, geprägt in der Monnaie de Paris auf das Bündnis zwischen Ludwig XVI. und dem Basler Fürstbischof. Ist das wirklich badisch? Natürlich besaß das Bistum Basel auch Gebiete, die heute zu Baden gehören, namentlich die Landvogtei Schliengen, aber kann man deshalb die Medaillen der Basler Fürstbischöfe Baden zuordnen? Genauso Straßburg. Ja, das Bistum reichte weit in den Osten, über den Rhein hinaus. Aber wenn man so argumentiert, gehörten große Teile von Baden auch einmal zum Habsburger Reich – müssten dann nicht auch die Medaillen der römisch-deutschen Kaiser… Aber halt, da sind tatsächlich Medaillen des Erzherzog Ferdinands II. von Tirol, eingeordnet unter Vorderösterreich. Warum allerdings eine Medaille, die den Frieden von Adrianopel feiert, unter Vorderösterreich gelistet ist, das ist auch so eine Frage. Und ist allein die Tatsache, dass der Herzog von Enghien aus Ettenheim entführt wurde, wirklich Grund genug, ein Stück der Napoleonischen Medaillensuite unter Baden einzuordnen?

Es stellen sich viele solche Fragen, wenn man den Katalog durchblättert. Was in der Natur der Sache liegt. Medaillen sind Grenzgänger, sie haben ein Thema, das mit einem Ort verbunden sein kann, der nichts mit dem Herrschaftsgebiet des Verantwortlichen gemeinsam hat. Sie können offiziell und privat sein, vor Ort geprägt, in einer fernen Münzstätte oder gar bei einem weit entfernten Medaillenverleger, deshalb eignet sich das Sammeln von Medaillen ja eben nicht für all diejenigen, die nur Häkchen machen wollen.

Und das vorausgeschickt, jetzt das, was viele Buchliebhaber begeistern wird: Die schöne Aufmachung, die prachtvollen Stücke, die reichen Beschreibungen und die umfassenden historischen Anmerkungen! Es ist ein numismatisches Bilderbuch zur Geschichte Badens, das ein Füllhorn von geschichtlichen Details bereit hält.

Nichtsdestotrotz hätte man manches besser machen können. Kataloge dienen nicht nur zum Schauen und Staunen, sondern auch zum Bestimmen – und Münzhändler, die Kataloge schreiben, haben dafür meist nicht allzu viel Zeit. Sie werden in dem großen, schweren, für die Benutzung etwas unhandlichen Buch viel blättern müssen, denn die Indices, die das Werk erschließen, sind ungenügend. Man hätte wenigstens einen Legendenindex gebraucht, um eine gesuchte Medaille sofort auffinden zu können. Ein Index der dargestellten Personen resp. der Prägeherrn wäre ebenfalls sehr hilfreich gewesen.

Nun, der Autor selbst bezeichnet sein Buch als eine Liebeserklärung an die Medaille. Und damit ist dieses Buch genau richtig charakterisiert. Jede Seite zeugt von der Liebe des Autors zu diesen numismatischen Objekten, von seiner Begeisterung für ihre Schönheit. Und dass dabei der praktische Alltag und die Logik gelegentlich auf der Strecke bleiben, wer möchte es einem in sein Thema verliebten Autor verdenken?

Hier können Sie das Buch erwerben.

Das prachtvolle Buch von Joachim und Lisa Zeitz über die Medaillen von Napoleon, erschienen 2003, ist mittlerweile vergriffen und kann nur noch antiquarisch erworben werden.