Fälschungen erkennen – leicht gemacht

[bsa_pro_ad_space id=4]


mit freundlicher Genehmigung des IBSCC

Teil 4: Fälschungen aus übertragenen Stempeln, sog. „Transfer dies“

Fälschungen, die aus übertragenen Stempeln, den sogenannten transfer dies, hergestellt wurden, sind deshalb so gefährlich, weil sie weder die Charakteristika gegossener Fälschungen aufweisen noch die der Fälschungen aus neu geschnittenen Stempeln. Man kann sie weder erkennen, indem man nach Gußlöchern sucht, noch indem man den Stil der Darstellung mit dem einer sicher echten Münze vergleicht. Man muß eine andere Methode anwenden, um diese Art von Fälschungen zu entlarven: die Stempelstudie, den Vergleich aller bekannten Münzen, die mit den gleichen Stempeln geprägt wurden. Eine Stempelstudie durchzuführen ist keine Hexerei, sondern lediglich eine aufwendige Arbeit. Man braucht dazu eine gute Bibliothek, in der möglichst viele Auktionskataloge zu finden sind. Man muß viel Zeit investieren, um alle Beispiele für Münzen aus den fraglichen Stempeln zu suchen. Stempelstudien, wie sie von Wissenschaftlern vor allem für die Münzprägung der griechischen Städte angefertigt wurden, sind nützlich, aber bei weitem nicht ausreichend, vor allem weil die meisten Monographien älteren Datums sind und damit nicht die Münzen enthalten, die erst jüngst angeboten wurden. Denn besonders diese Stücke sind wichtig, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Weil eine Fälschung, die mit einem transfer die hergestellt wurde, die gleichen Charakteristika aufweist wie das „Mutter“-Stück, wird es möglich, diese zu entlarven, sobald das „Mutter“- oder ein „Bruder“-Stück auftaucht. Und da die meisten Fälscher nicht nur eine Fälschung produzieren, sondern gleich eine ganze Serie, wird die Aufdeckung von dieser so speziellen Gruppe von Fälschungen möglich. Ich gebe zu, daß diese Überlegungen sehr theoretisch klingen mögen, deshalb hier ein Beispiel.

Abb. 1: Fälschung eines Solidus von Basilius I.

Abb. 1 zeigt – leider auf einem sehr schlechten Foto – einen Solidus des byzantinischen Kaisers Basilios I., der von 867 bis 886 regierte. Das Stück wurde in einer Londoner Auktion verkauft. Jahre später kam es zum IBSCC, nachdem sich in einer lange andauernden Experten-Diskussion immer noch kein schlüssiger Beweis gefunden hatte, ob der Solidus echt sei oder falsch. Sicher war nur, daß das Stück geprägt war. Außerdem unterschied sich der Solidus auf den ersten Blick im Stil nicht von anderen, zeitgleichen Solidi.
So mußte also eine Stempelstudie betrieben werden, die aufwendigste Methode, die wir kennen, um Fälschungen zu entlarven. Alle bekannten Münzen des gleichen Stempels wurden gesammelt.
Das war im Fall von Basilius ziemlich einfach, da wir die Möglichkeit hatten, mit einem Sammler und Numismatiker zusammenzuarbeiten, der inzwischen eine Studie aller byzantinischen Goldmünzen publiziert, die im 9. Jahrhundert geprägt wurden. Sie war damals in Vorbereitung, die Stempeluntersuchungen schon zum großen Teil gemacht. Deshalb konnten sich die Experten auf seine umfassende und aktuelle Stempelstudie beziehen, in der alle Solidi jenes Typs erfaßt waren, nicht nur die in Museen vorhandenen Stücke, sondern auch diejenigen, die in jüngster Zeit auf den Markt gekommen waren.

Abb. 2: Detail einer Stempelstudie, die ein Sammler und Numismatiker für die Goldmünzen von Basilius I. angefertigt hat.

Abb. 3: Fälschung eines Solidus von Basilius I., der in einer US Auktion angeboten wurde.

Abb. 2 zeigt den Teil des Materials, der stempelgleich ist mit dem fraglichen Stück. Wir sehen das Exemplar der Dumbarton Oaks Sammlung, das 1960 durch Numismatic Fine Arts verkauft wurde, sowie ein Stück, das 1981 bei Bonham’s in London in einer Auktion war. Ferner standen Fotos einer Münze der American Numismatic Society zur Verfügung und die Abbildung eines vierten Stückes, das 1998 in einer amerikanischen Auktion verkauft worden war (Abb. 3).

Abb. 4: Zeichnerische Wiedergabe der Stelle der Vorderseitenlegende, die zur Schlußfolgerung führte, daß es sich bei dieser Münze um eine Fälschung handeln muß.

Beim sorgfältigen Vergleich der Vorderseiten der beiden Münzen auf Abb. 2. mit der fraglichen Münze von Abb. 1 sieht man, daß die Münzen zwar aus demselben Stempel hergestellt wurden, aber im Feld links hinsichtlich eines grundlegenden Details voneinander abweichen. Auf dem gut zentrierten Stück links, das seit 1960 bekannt ist, sieht man klar den Beginn der Inschrift. Sie fängt an mit einem Kreuz. Betrachtet man nun Abb. 1, stellt man fest, daß auch dieses Stück voll zentriert ist, aber das Kreuz darauf nicht zu finden ist. Stattdessen entdeckt man den Buchstaben T. Wie kann so eine Abweichung bei stempelgleichen Stücken zustande kommen?
Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Das rechte Stück, das auf der linken Seite der Vorderseite ein wenig dezentriert ist, wurde von einem Fälscher mißbraucht, um davon einen Abdruck anzufertigen, der in einen Stempel verwandelt wurde. Wegen der Dezentrierung sieht das Kreuz am Beginn der Legende aus wie ein T. Und auf allen Stücken, die mit dem vom dezentrierten Stück abgenommenen Stempel hergestellt wurden, ist nicht das Kreuz zu sehen, sondern ein T!
Auf Grund unserer Untersuchungen konnten wir noch eine andere Fälschung entlarven, das bis dahin völlig unverdächtige fünfte Stück, das wir in unserer Stempelstudie ebenfalls in Betracht gezogen hatten (Abb. 3). Es war ungefähr zur selben Zeit das erste Mal auf den Markt gekommen wie das ursprünglich zu prüfende Stück.

Leider versuchten, versuchen und werden Fälscher versuchen, Sammler zu täuschen, solange Münzen gesammelt werden. Aber auf der anderen Seite gab, gibt und wird es immer Sammler geben, die gewitzt genug sind, um zu entscheiden, ob die Münze, die ihnen angeboten wird, echt ist oder nicht. Fälschungen zu erkennen ist keine Zauberei, aber man braucht dafür eine Menge Erfahrung, und diejenigen, die nicht nur Münzen, sondern auch Erfahrungen sammeln wollen, müssen akzeptieren, daß sich die eine oder andere Münze in der Sammlung später als falsch herausstellt. Die einzige Art zu sammeln, ohne zu hohes Lehrgeld zu zahlen, bleibt, bei einem Münzhändler zu kaufen, der die Echtheit der von ihm verkauften Münzen garantiert. Manchmal mag eine Münze bei einem spezialisierten Händler teurer sein als im Internet. Deshalb der gute Rat für alle, die gerne hoch pokern und sich selbst für fähig halten, alle Fälschungen aussortieren zu können: Zögern Sie nicht, im Internet und bei „fliegenden Händlern“ zu kaufen! Alle anderen aber sollten darüber nachdenken, wo sie kaufen, und das bevor sie kaufen.

IBSCC ist die Abkürzung für International Bureau for the Suppression of Counterfeit Coins. Es wurde im Jahr 1975 von der IAPN gegründet, der International Association of Professional Numismatists, einer gemeinnützigen Organisation von angesehenen Münzhändlern auf der ganzen Welt, die für die Echtheit der von ihnen verkauften Münzen garantieren.
Bottombanner Künker Onlineshopd-de