von Ursula Kampmann
19. Juni 2014 – Er war einer der ganz Großen des internationalen Münzhandels, Roberto Russo, der 2012 verstorbene Münzhändler aus Neapel mit seinen beeindruckenden Auktionen in Zürich, dem Herzen der numismatischen Welt. Er war nicht nur Gründer von Numismatica Ars Classica, sondern auch ein begeisterter Wissenschaftler, der sich gerne in die Rätsel der republikanischen Münzprägung vertiefte. Deshalb ehren ihn einige der bedeutendsten Numismatiker mit einem Beitrag zu seiner Festschrift mit dem Titel „Essays in Honour of Roberto Russo“.
Peter G. van Alfen, Richard B. Witschonke (Hrsg.), Essays in Honour of Roberto Russo. Numismatica Ars Classica AG, Zürich, 2013. 30,5 x 21,4 cm, 408 S., Abbildungen in schwarz-weiß. Hardcover. ISBN: 978-88-7794-837-3. $150.
Der Inhalt ist in drei Teile gegliedert. In griechische, römische und mittelalterliche Numismatik, wobei der Schwerpunkt auf der Republik liegt und das Mittelalter nur mit einem einzigen Artikel vertreten ist.
Keith Rutter macht den Anfang mit seinem Aufsatz über die frühe Münzprägung von Sizilien, Zypern und Kreta. Er will mit einem Vergleich der Münzserien dieser drei silberlosen Inseln in der Frage weiterkommen, welchen Sinn und Zweck die ersten Münzen verfolgten. Christof Boehringer hat seinen Artikel zum „Maestro dalla foglia“, der seinen Spitznamen seinem berühmten Stempel für die Stadt Katane verdankt, zu Ehren des Verstorbenen auf Italienisch verfasst. Auch die Beiträge von Alberto Campana und Giovanni Santelli sind in italienischer Sprache. Ersterer beschäftigt sich mit einer enigmatischen Emission von Kleinmünzen, die kein Ethnikon tragen, auf der Vorderseite aber die namentlich bezeichneten Köpfe von Hermes bzw. Pan zeigen, und kommt zu dem Schluss, dass diese vielleicht mit Hermokrates in Verbindung gebracht werden können, der kurzzeitig 408/7 das Territorium von Himera unter seine Kontrolle brachte. Giovanni Santelli hat sich ebenfalls ein sizilisches Thema gewählt. Er behandelt die Gegenstempel mit dem Kopf des Zeus Eleutherios von Syrakus. John Morcom stellt in einer kurzen Miszelle zunächst einige Kleinmünzen aus Eryx und Segesta vor, um in einem ebenso kurzen zweiten Teil zwei kleine Goldmünzen, die bisher nach Tauromenion bzw. Panormos gelegt wurden, Tarent zuzuweisen. Haim Gitler beschließt den griechischen Teil mit seinem Beitrag zu samarischen Münztypen, die von athenischer Ikonographie beeinflusst wurden.
Wesentlich umfangreicher ist der zweite Teil des Buchs, der sich mit republikanischen Münzen beschäftigt. Hier macht David Vagi den Anfang. In seinem Beitrag schlägt er eine Datierung der frühesten geprägten römischen Münzen auf 326/5 vor und bringt die Rückseitendarstellung mit dem Opfer des Oktoberrosses in Verbindung. Auch Andrew Burnett widmet sich dieser ersten Emission, oder besser gesagt, einigen stilistisch sehr ungewöhnlichen Stücken, die eine Art Untertyp der Gruppe darstellen könnten. Er kann die Frage, ob es sich um eine neue Gruppe, eine zeitgenössische oder eine moderne Fälschung handelt, letztendlich nicht lösen, da die Stücke nicht mehr im Original zur Verfügung stehen.
Den mit mehr als 170 Seiten umfangreichsten Artikel des Buches steuert Andrew McCabe bei. Der Autor liefert damit eine neue Chronologie für die gesamten geprägten Bronzemünzen der römischen Republik und bezieht sich damit direkt auf das zentrale Sammelgebiet von Roberto Russo. Der hatte sich auf dieses Gebiet beschränkt, nachdem ihn einst der bekannte Sammler Moretti, mit dem Russo eine tiefe Freundschaft verband, darauf hinwies, dass es sich mit der Rolle des Münzhändlers nicht vertrage, seinen Kunden immer nur die zweite Wahl anzubieten. Daraufhin verkaufte Roberto Russo zunächst seine griechischen Münzen, und – als seine Kunden im Bereich der römischen Denare immer mehr wurden – auch seine Sammlung republikanischer Münzen.
Richard Schaefer stellt einen kleinen Münzfund aus dem spanischen Ampurias vor, wo 218 Cn. Cornelius Scipio die erste römische Armee auf spanischen Boden führte. Andrea Pancotti beschäftigt sich mit der Darstellung des Attis auf republikanischen Münzen. Von Roberto Russo stammt posthum ein Artikel, in dem er das Verschwinden der römischen Bronzeprägung und ihre Wiedereinführung unter Augustus mit der Abkürzung SC durch eine Neubewertung des Denars erklären will. T. V. Buttrey beschäftigt sich mit den Umschriften auf republikanischen Münzen, und Richard Witschonke publiziert auf fast 60 Seiten eine große Anzahl bisher unpublizierter republikanischer Stücke. Er wird ergänzt von Bernhard Woytek, der unpublizierte hybride Prägungen vorstellt. Clive Stannard beschäftigt sich mit geviertelten und gegengestempelten Assen, die er in die 90er oder 80er Jahre datiert. Michel Amandry widmet sich der Emission des L. Sempronius Atratinus, und Frank Kovacs der städtischen Münzprägung von Eusebeia – Caesarea zur Zeit der späten Republik.
Lucia Travaini steuert den einzigen mittelalterlichen Beitrag bei. Er ist einem Tari Konrads IV. gewidmet.
Die Festschrift zu Ehren Roberto Russos ist nicht nur ein Denkmal für die vielen wissenschaftlichen Freundschaften, die es ihm über die Jahre geglückt ist zu schließen. Es ist vor allem ein wichtiges Standardwerk zur Münzprägung der römischen Republik. Vor allem der Aufsatz von Andrew McCabe dürfte in wissenschaftlich orientierten Katalogen Crawford als Referenz für die geprägten Bronzemünzen der römischen Republik als Zitierwerk ablösen.
Das Buch kann zum Preis von 150 $ ausschließlich über das Mailänder Büro von NAC bezogen werden. Wenn Sie es bestellen möchten, schicken Sie ein E-Mail.