Von Leonie Schulze
29. November 2018 – Sniping. Das heißt übersetzt so wie viel „aus dem Hinterhalt schießen“. Sniper sind Scharfschützen. Übertragen wir das metaphorisch auf Auktionen, so beschreibt das sogenannte Auction Sniping das Einreichen eines Gebotes zum letztmöglichen Zeitpunkt. Hierbei kommt es auf Sekundenbruchteile an. Man schlägt zu, bevor es zu spät ist. Diese Taktik wird angewandt seit es Internet-Auktionen gibt, vorrangig bei solchen, die einen festgelegten Endpunkt haben. Anfangs geschah dies noch manuell, doch es dauerte nicht lang, bis entsprechende Software auf den Markt kam, die einem diese aufregende und planungsintensive Aufgabe abnahm.
Live Bidding und Onlineauktionen gehören seit langer Zeit zum täglichen Geschäft der Auktionshäuser.
Auction Sniping bringt Probleme mit sich
Dieses Phänomen ruft ganz unterschiedliche Reaktionen hervor: Ärger, Freude, Verdruss, Gleichgültigkeit. Grundsätzlich ist Auction Sniping nichts Schlechtes. Die Softwareprogramme machen das Bieten zu einer bequemen Nebensächlichkeit. Einmal das persönliche Höchstgebot festgelegt, kann man sich zurücklehnen. Im Auge derer, die es betreiben, ist es sogar etwas durchweg Positives. Vor allem besteht die Möglichkeit, dass der Preis des Loses relativ niedrig gehalten werden kann. So wird der Preis häufig nicht bereits in den Stunden und Tagen vor Ende der Auktion in die Höhe getrieben. Sofern nicht mehrere Interessenten Sniping Software einsetzten und sich der Preis doch noch innerhalb weniger Sekunden vervielfacht.
Aus Sicht der Münzhändler und Auktionshäuser ergeben sich aus diesem Phänomen zwei Probleme: zum einen erreichen Lose, auf die durch Sniping-Programme geboten wird, durchschnittlich geringere Preise als das in traditionellen „Bieterkriegen“ der Fall ist. Zum anderen sind Fälle bekannt geworden, in denen sich die Bietenden am Ende geweigert haben, den erzielten Preis zu zahlen. Wenn nämlich mehrere Bieter sich durch Sniping-Programme „vertreten“ lassen, jedoch ein relativ hohes Maximalgebot eingegeben haben und danach die Entwicklung des Preises nicht mehr verfolgen, kann es zu einem virtuellen Wettkampf der Sniper kommen. Die Programme schaukeln den Preis innerhalb von Sekunden in Höhen, die mit regulären Geboten gar nicht erreicht würden. Hierzu also ein Wort der Warnung: wer diese Programme benutzt, muss sich der Konsequenzen bewusst sein. Das Maximalgebot, das man eingibt, kann besonders dann erreicht werden, wenn auch andere Bieter Sniping-Software einsetzen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine Münze mit einem Startpreis von unter 100 Euro innerhalb kürzester Zeit auf 700 Euro hochgeschaukelt wird. Und dann muss man auch bereit sein, diesen Preis zu bezahlen.
Mögliche Gegenmaßnahmen
Viele Auktionshäuser haben mittlerweile eigene Tools implementiert, die es externen Sniping-Anbieter relativ schwer machen. Die einfachste und mittlerweile am häufigsten genutzte Möglichkeit, Sniping zu unterbinden, ist es, eine Auktion automatisch um einige Sekunden zu verlängern, solange noch Gebote eingehen. Das ermöglicht es denjenigen, die die Auktion live beobachten, ihre Gebote entsprechend der Preisentwicklung anzupassen.
Ferner können Auktionshäuser sogenannte Captcha-Programme auf ihren Webseiten installieren. Sie fordern mit Buchstabenfolgen und kleinen Bilderrätseln dazu auf, zu beweisen, dass man kein Roboter ist. Da keine Sniping-Software bisher nicht in der Lage zu sein scheint, diese Aufgaben zu umgehen oder gar zu beantworten, wird der Versuch ihrer Nutzung hinfällig. Doch sorgt dies natürlich auch für Verzögerungen bei der Gebotseingabe und könnte auch einen menschlichen Bieter das erhoffte Los kosten, sollten die Finger nicht schnell genug tippen können.
Viele Auktionshäuser haben mittlerweile eigene Tools implementiert, die externen Sniping-Anbietern ihre Arbeit erschweren. Heritage Auctions, zum Beispiel, bietet Kunden eine sogenannte „Bid Protection“-Funktion. Die automatisierte Bietfunktion erlaubt es einem Bieter bis zu drei Erhöhungsschritte festzulegen, um die das eigene Gebot automatisch erhöht werden, sollte man überboten worden sein. Das geht mindestens genauso schnell wie das Sniping.
Bisher ist Auction Sniping vor allem im Zusammenhang mit Ebay-Auktionen diskutiert worden. Doch es ist auch in die Welt der klassischen Numismatik vorgedrungen. Die Digitalisierung und Automatisierung von Auktionen können wir nicht aufhalten. Doch sollte man seine Menschlichkeit und einen gewissen Ehrenkodex dabei nicht verlieren. Wer bietet, der muss bei einem Zuschlag zahlen. Egal, ob er dabei selbst oder ein Programm auf den „Gebot einreichen“-Knopf geklickt hat.