von Ursula Kampmann
24. September 2015 – Wie in allen Medien zu lesen, hat der Islamische Staat eine eigene Währung beschlossen und die dazugehörigen Münzen geprägt. Das Besondere daran: Die Terrororganisation kehrt zurück zu den Währungsverhältnissen vor dem Ersten Weltkrieg. Die Kaufkraft ihrer Münzen beruht auf deren intrinsischen Wert. Das 5 Dinar-Stück besteht aus 4,25 Gramm Gold und wäre beim heutigen Goldpreis etwa 750 Euro wert. Die kleinste Münze enthält 10 Gramm Kupfer, was vom Materialwert etwa 5 Cent entspricht.
Aus dem Video der IS auf Youtube: Der Golddinar wird geprägt.
Altertümlichste Prägetechnik
Wirtschaftswissenschaftler haben schon im Vorfeld darüber spekuliert, ob sich der IS damit nicht vom Weltmarktpreis für Gold abhängig macht. Tatsächlich liegt das Problem an anderer Stelle. Die Prägemaschine, auf der die Terrororganisation die Golddinare herstellen will, mit denen sie Hunderttausende von Muslimen versorgen möchte, ist uralt und mit Sicherheit nicht für die moderne Massenprägung geeignet. Sie soll aus Italien geschmuggelt worden sein und lediglich 5.000 Münzen pro Tag produzieren. Schon hier entlarvt sich der Dinar als clever angelegter PR-Gag, der nicht einmal wirklich neu ist.
Der Kelatanesische Dinar. Foto: Wikipedia.
Der neue islamische Dinar und der Dinar von Kelatan
Mit wesentlich weniger Medienecho hat die Regierung des malaysischen Teilstaates Kelatan, der seit 1990 von der Islamic Party of Malaysia regiert wird, der World Islamic Mint von Abu Dhabi in den Vereinigten Emiraten das Recht erteilt, in ihrem Namen eine Währung auszugeben, die auf dem Goldstandard basiert, den Kelatanesischen Dinar. Man hatte bereits gute Erfahrungen mit einer Goldwährung gemacht. Erste 2006 ausgegebene Münzen wurden von der Bevölkerung begeistert aufgenommen, so dass die wenigen hergestellten Stücke sofort vergriffen waren. Und das, obwohl die Zentralregierung in Kuala Lumpur sofort öffentlich bekannt machte, dass einzig der malaysische Ringgit die in Kelatan gültige Währung sei, da es gemäß der malaysischen Verfassung den einzelnen Teilstaaten verboten sei, Münzen auszugeben. Dies störte die lokale Regierung nicht. Derzeit werden die Münzen der World Islamic Mint in Kelatan verkauft und 2010 sammelte man demonstrativ den Zakat, die für jeden Muslim verpflichtende Abgabe für die Armen, in den neuen Dinaren und Dirhams ein.
Werbebild für den Liberty Dollar.
In Goldfragen einig: Konservative Kräfte des Islam und der westlichen Welt
Kelatan steht dabei nicht alleine da. Die Idee, dass der Sündenfall des westlichen Geldes mit der völligen Loslösung vom Goldstandard begann, ist nicht nur in islamisch-konservativen Kreisen weit verbreitet. Auch in den USA haben Staaten wie Louisiana, Oklahoma, Texas und Utah Gold und Silber als Zahlungsmittel zugelassen. Und der Erfolg des Liberty Dollars von Bernard von NotHaus ließ sich eigentlich nur auf gerichtlichem Wege stoppen.
Wahrscheinlich liegt die große Gefahr der Idee darin, dass sie jedem sparsamen Hausvater sofort einleuchtet: Wenn ein Staat nur noch Geld ausgeben kann, das tatsächlich den Wert besitzt, der aufgedruckt ist, hat die Notenbank nicht mehr die Möglichkeit Schulden auf die Zukunft in unbegrenzter Höhe zu machen. Da inzwischen alle modernen Staaten davon leben, Optionen auf die Zukunft auszustellen, wäre der Durchbruch der islamischen Währung tatsächlich das Ende der modernen, westlichen Wirtschaftsform.
Porträt des Sir Thomas Gresham. Rijksmuseum Amsterdam. Quelle: Wikipedia.
Greshams Gesetz oder warum der Gold-Dinar scheitern muss
Allerdings ist nicht zu erwarten, dass der Gold-Dinar andere Währungen vom Markt verdrängt. Grund dafür ist ein Gesetz der Ökonomie, das bereits im späten Mittelalter formuliert wurde, und das nach Sir Thomas Gresham (1519-1579) benannt ist, der seit der Herrschaft Heinrichs VIII. die englischen Könige und Königinnen in Wirtschaftsfragen beriet. Eigentlich sollte man dieses Gesetz auch in der islamischen Welt kennen, denn immerhin war es ein Muslim, der Ägypter al-Maqrizi, der die Regel erstmals formulierte.
Kernaussage dieses Gesetzes ist die Tatsache, dass schlechtes, also geringhaltiges bzw. Fiat-Geld guthaltiges, also auf dem Goldstandard beruhendes Geld aus dem Markt verdrängt.
Wenn ein Bürger Geld ausgeben will und die Wahl hat zwischen zwei Währungen, wird er immer die Währung ausgeben, die den geringeren intrinsischen Wert hat.
Ein gutes Beispiel dafür sind die Hunderttausende von Münzalben, die immer noch in Schweizer Familien gehortet werden, weil sich darin Franken befinden, die Silber enthalten. Ein anderes Beispiel sind die deutschen 10 resp. 20 Euro-Gedenkmünzen aus Silber, die zum Nominalwert bei Banken eingetauscht werden können. Obwohl der Silberpreis weit unter dem Materialwert liegt, werden diese Stücke gehortet, und das auch von Menschen, die keinerlei Interesse am Münzsammeln haben.
Man könnte die Beispiele endlos fortführen. Aber eines wird wohl sicher klar. Wer einen islamischen Golddinar in die Hand bekommt, wird ihn nicht wieder ausgeben, sondern horten. Genauso wie all die Krügerrands, Philharmoniker und Maple Leafs, die kurz nach der Finanzkrise in Massen von Menschen gekauft wurden, die das moderne Geldwesen sicher nicht mit religiösen Fragen in Verbindung bringen.
Fassen wir also zusammen: Der Islamische Dinar hat als Umlaufmünze keine Chance. Er hat allerdings eine Chance, als Hortungsmünze eingesetzt zu werden, genau wie alle anderen Bullionmünzen, die von den verschiedenen Staaten heute ausgegeben werden. Um allerdings mit diesen zu konkurrieren, müsste der IS sich schon ein paar neue Prägepressen kaufen.
Mehr über das Gresham’sche Gesetz finden Sie auf Wikipedia.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten berichtete kurz über die Ausprägung der neuen Währung.
Aktuellere Reaktionen auf die Prägung des Islamischen Staates finden sich in großer Menge auf Youtube.
Über den Liberty Dollar berichteten wir bereits mehrfach: Hier und hier.