von Björn Schöpe
7. Januar 2015 – Die Numismatische Gesellschaft Hannover e.V. hat einen schmalen Aufsatzband mit dem Titel „Geld, Währung und Finanzen in der griechischen Welt (5.-4. Jahrhundert v. Chr.)“ veröffentlicht.
Bernd Hamborg, Anne Viola Siebert, Simone Vogt (Hrsg.), Geld, Währung und Finanzen in der griechischen Welt (5.-4. Jahrhundert), Hannoversche Numismatische Beiträge 2. Rahden / Westf., Verlag Marie Leidorf, 2015. 91 S. mit Abbildungen in Schwarz-Weiß. Paperback. 16,5 x 24 cm. ISBN: 978-3-86757-687-1. 12,95 Euro.
Natürlich kann ein Buch von knapp 90 Seiten Umfang ein so weitgespanntes Thema nicht allumfassend behandeln. Leider fehlt eine Einleitung, wie es zur Auswahl genau dieser Beiträge kam. Als alle Aufsätze einendes Thema formuliert der Klappentext: „Wie sind Gemeinschaftsausgaben zu bezahlen und wer muss in welcher Form beitragen?“
Ein Aufsatz fällt dabei so weit aus dem Thema, dass der Titel ihn gar nicht abdeckt. Der letzte Beitrag von Ursula Kampmann und Christian Walczak erzählt die Geschichte der Veranstaltung, die den meisten Münzsammlern als erstes beim Wort Hannover einfallen dürfte: der Münzenbörse Hannover. 2014 fand sie zum 100. Mal statt – ein guter Grund, ihre Geschichte Revue passieren zu lassen.
Die vier anderen Aufsätze behandeln schlaglichtartig Aspekte der Geld- und Wirtschaftsgeschichte der klassischen Zeit Griechenlands. Simone Vogt beleuchtet die Anfänge der Münzprägung von Elis neu. Sie deutet das Aufkommen von Münzen in der Polis, die Olympia verwaltete, als geschicktes „Marketingkonzept“. Die gewaltigen Tempelbauten sollten so um 470 v. Chr. auch außerhalb bekannt gemacht werden. Die Polis schuf sich Bilder ihrer Identität. Diese Sichtweise sei innovativ, weil sie zum ersten Mal Erkenntnisse der Archäologie, Alten Geschichte und Numismatik berücksichtigt und zusammenführt.
Sitta von Reden fragt allgemeiner danach, wie sich Geld in der Antike ausbreitete. Ihre These lautet: „Geldentwicklung ist verknüpft mit sozialer Organisation“. Anders als in der modernen Zeit versuchten sich die antiken Gemeinwesen noch nicht gegen andere Währungen abzugrenzen. Die Verwendung bestimmter Währungen folgte eher praktischen Gründen: Steuern mussten bezahlt werden, Güter getauscht usw. Das römische Reich akzeptierte lokale Währungen auf seinem Territorium. Eine Sichtweise, die für moderne Nationalstaaten undenkbar ist.
Wolfram Weiser behandelt das Attische Bundeswährungsgesetz von 415. Die Forschung deutete dieses Gesetz bislang einheitlich so, dass Athen während des Ersten Seebundes allen Mitgliedern eigene Münzprägung verboten habe. Weiser argumentiert dagegen, dass mit dem Gesetz nur eine finanzielle Notlage der Athener im Jahr 415 möglichst schnell behoben werden sollte. Dafür vereinheitlichte man die Münzstandards der Bünderbeiträge, indem attische Währung und Maßsystem als verbindlich vorgeschrieben wurden. Allerdings prägten die einzelnen Poleis weiterhin selbst und setzten auch ihre Bilder auf die Münzen. Dies dürfte sogar im Sinn der Athener gewesen sein. So ließen sich die Beiträge nämlich bequem zuordnen.
Im 4. Jahrhundert sah sich Athen mit vielen Herausforderungen und Projekten konfrontiert. Dorothea Rohde fragt: Was hielt die Gemeinschaft damals für finanziell möglich? Was für finanzierungswürdig? Wie können wir das Thema Finanzen in der demokratischen Kommunikation greifen? Die schriftlich überlieferten Reden von Politikern zeigen beispielsweise, dass diese sich oftmals über Finanzdebatten politisch profilierten.
Das Buch ist ein Steinchen im großen Mosaik der antiken Wirtschaftsgeschichte. Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, wird hier zahlreiche Anregungen, erfrischend neue Sichtweisen und spannende Deutungen finden. Vor allem Sammler dürfte der Beitrag zur Münzenbörse Hannover ansprechen. Der Beitrag Sitta von Redens empfiehlt sich für jeden, der darüber nachdenken möchte, wie Geld und Währungen funktionier(t)en – nicht nur in der Antike.