Geldautomaten und Geldkarten der DDR: Teil 3

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von numiscontrol

28. Februar 2013 – Im dritten Teil dieser Serie, möchte ich Ihnen mit Hilfe des mir vorliegenden „Fehlerhandbuch Geldautomat“ einen kleinen Einblick in das Gehirn dieser Automaten der DDR geben. Hier waren alle bisher bekannten „Kinderkrankheiten“ aufgeführt und eine Lösung des Problems erklärt. Offiziell nannte sich das 42 Seiten umfassende Werk „Weisungen für den Einsatz der geldwirtschaftlichen Selbstbedienungstechnik (Geldautomat)“. Durch einen glücklichen Zufall, konnte ich solch ein Fehlerhandbuch der Programmversion 3.0, mit einem Stand vom 08.04.1988 auf einem Trödelmarkt erwerben. Auch dieser neue wichtige Bestandteil meines Archives über die Geldautomaten der DDR, kann dazu beitragen, nähere Details zu erfahren.

Signalisierte der Automat eine Fehlermeldungen, loggte sich das zuständige Bedienpersonal mit der persönlichen Bedienerkarte in das System ein und bekam weitere Informationen am Bildschirm angezeigt.

„Beispiel:
(Anzeige auf Bildschirm Nr. 5)
MOD.-NR: 006
FEHLERNR: E5
FEHLERSPEZ.: 0F 00
SEB: 00“

Im Fehlerhandbuch stand dann dazu unter der Fehlernummer E5:

„(Erklärung)
Die Fehlerkennzeichen E5, ein Kunde hatte 3x in Folge seine PBC (Persönlicher Bank-Code) falsch eingegeben.
Das bedeutete, diese Geldkarte wurde vom Automaten eingezogen und war noch im Automaten. War der Kunde nicht mehr vor Ort, oder meldete sich nicht in der Filiale, musste die Karte wie eine manipulierte Karte behandelt werden.“

Der Geldautomat (Außengerät). Foto: Angela Graff.

Es gab umfangreiche Informationen im Handbuch für bestimmte Eventualitäten, einige traten öfter auf, andere seltener. Wie zum Beispiel ein als kritischer Fehler bezeichneter Vorgang, wenn der gewünschte Geldbetrag zwar im Geldfach war, aber durch den Kunden nicht entnommen wurde. In solch einem Falle, ging der Automat außer Betrieb und vermerkte alles in einem speziellen Protokoll. Darin stand dann auch ob der Betrag bereits gebucht wurde oder nicht. War der Betrag schon gebucht und wurde nur vergessen, dann gab das Fehlerhandbuch die weitere Vorgangsweise zur Hand:

„Ergeben die Prüfungen zu aus dem Geldfach entnommenen Banknoten, dass diese bereits auf dem Konto des vorsprechenden Karteninhabers gebucht sind und ihm somit ausgehändigt werden können, ist dies durch den Karteninhaber auf der Rückseite des Ausdruckes zur Geldfachbehandlung mit Unterschrift unter Angabe der PA-Nummer (Personalausweis-Nummer / Anmerkung des Autors) und der Geldkartennummer zu quittieren. Ist der Karteninhaber nicht mehr anwesend, ist der aus dem Geldfach entnommene Betrag auf das Kundenkonto einzuzahlen. Die Einzahlungsquittung ist gemeinsam mit dem Protokoll zur Geldfachbehandlung abzulegen.“

Wie die umfangreichen Vorschriften beweisen, wurde hier keinesfalls an nötigen Sicherheitsvorkehrungen gespart. Eine weitere spezielle Kombination von Lichtschranken und Transporteinheiten im Inneren des Gerätes verstärkten die Sicherheit noch zusätzlich. Viele Eventualitäten hatte man beim Schreiben des Programms zu berücksichtigen, das immer auf dem aktuellen Stand gehalten und erneuert wurde. Alle Havarien an den Geldautomaten wertete man daher genau aus, um die Software anzupassen. Man arbeitete also eng mit den einzelnen Filialen zusammen, denn jede Begebenheit an einem Automaten oder auch am Terminal in der Filiale selbst, war von größter Wichtigkeit. Wenn dann alles nichts mehr half, konnte nur noch der Einsatz der „Superzahl“ helfen.

Tresor aus dem Geldautomaten. Foto: J. Peeck.

Es konnte also vorkommen, dass selbst der Technische Kundendienst mit einem Schulterzucken vor dem defekten Gerät stand, weil dieses nicht einmal mehr die Bedienerkarte akzeptierte. Mit Hilfe einer 6-stelligen geheimen Zahlenfolge konnte sich dann die Servicekraft über die Kundentastatur in den Geldautomaten einloggen. Diese Superzahl unterlag natürlich der strengsten Geheimhaltung und nur wenige Mitarbeiter einer Filiale erhielten diese für den „Ernstfall“. Darüber wurde genau Buch geführt, und die Zahl wurde auch öfters verändert. Standen der Filiale mehrere Geldautomaten zur Verfügung, war jede Superzahl nur an einem Geldautomaten gültig. Im Fehlerhandbuch der Programmversion 3.0 steht diesbezüglich:

„Superzahl
Die Superzahl ist eine 6-stellige Geheimziffer, die bei bestimmten Hardwarefehlern der SLE oder des SM (Anmeldung mit Bedienerkarte nicht möglich) eine Anmeldung über die Kundentastatur (ohne Bedienerkarte) realisiert. Die Superzahl ist für jeden Automaten spezifisch.
Der Direktor legt fest, welche Mitarbeiter diese Geheimziffer erhalten. Darüber ist je Geldautomat ein Nachweis zu führen.
Die Superzahl ist bei jeder neuen Programmversion, jedoch spätestens alle 2 Jahre zu ändern. Bei der Festlegung der Superzahl ist das Schema zu wechseln. Über alle gültigen und bisher verwendeten Superzahlen ist je Geldautomat ein Nachweis zu führen.“

Kommen wir nun zur „harten Nuss“ des Automaten, dem eingebauten Tresor. Hier lagerten die Banknoten zu 20- und 50-Mark der DDR bis zur angeforderten Ausgabe in speziellen Kassetten. Solch einen eingebauten Tresor kann man heute noch im Technischen Museum der Stadt Dresden sehen. Dort steht der einzig erhaltene DDR-Geldautomat. Ehemaligen Mitarbeitern des Kombinat robotron war es gelungen, das Gerät der Verschrottung zu entreißen und zu sichern.
Es gibt leider kaum Fotos vom Tresor, allerdings habe ich nach langem Suchen Informationen zum Gehirn des Tresores, dem Kombinationsschloss CS 1, gefunden. Trödelmärkte können reine Fundgruben sein! Ich konnte eine gesamte Bedienungsanleitung vom CS 1 aus dem VEB Zylinderschlösser Potsdam in das Archiv aufnehmen. Meiner Meinung nach handelte es sich hier um ein auf dem damaligen Stand der Technik äußerst kompliziertes, mechanisches Sicherheitsschloss. Das Lösungsprinzip zum Öffnen des Schlosses (am Tresor des Geldautomaten) bestand darin, den richtigen Weg durch das Labyrinthsystem entsprechend der eingestellten Zahlenkombination zu finden.

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Bedienfeld des Schlosses, Skizze. Foto: J. Peeck.

Die entsprechenden Zahlen waren mit Hilfe von zwei Drehknöpfen in verschiedenen Ebenen anzuwählen. Hatte man sich an irgendeiner Stelle im Labyrinthsystem vertan, ging die Mechanik im Schloss selbsttätig wieder auf die Nullstellung zurück. In dem Falle waren alle Eingaben nochmals von vorn zu tätigen. Der linke Drehknopf hatte eine Zahlenfolge gerader Zahlen von 2 bis 24 und der rechte Drehknopf eine Zahlenfolge von 0 bis 5. Das Kombinationsschloss wurde ab Werk mit einer voreingestellten fünfstelligen Zahlenkombination ausgeliefert, die der Kunde dann beliebig verändern konnte.

Skizze des Kombinationsschlosses CS 1. Foto: J. Peeck.

Zusätzlich war der Tresor noch durch Thermoelemente in den Außenwänden und einen oben angebrachten Körperschallmelder gesichert, der kleine Erschütterungen und Bewegungen registrierte und gegebenenfalls am Tresor einen Alarm auslöste. Diebe und böse Buben hatten es wirklich schwer!

Beschließen möchte ich unseren kleinen Ausflug in die Welt der Geldautomaten der DDR mit einer Frage, welche Peter Wachalski damals in einer Münzenzeitschrift der DDR stellte: Wird zukünftig ein Numismatiker auch Geldkarten in seine Sammlung integrieren?

Diese Frage kann man aus heutiger Sicht mit Ja beantworten. Gerade die Geldkarten der ehemaligen DDR sind begehrte Stücke, die noch immer etwas ganz Persönliches sind. Erscheint einmal solch eine Geldkarte auf einer Internetauktion, dann erreichen diese Karten nicht selten einen Verkaufspreis um die 50 Euro.

Geldkarte der DDR, Vorderseite. Foto: Angela Graff.

Viele Details konnten noch nicht geklärt werden und wichtige Fragen bleiben offen. Es ist also noch eine Menge Arbeit zu bewältigen, um dieses besondere Thema deutscher Geldgeschichte besser zu erklären und vor allem zu bewahren. Doch ist vieles erreicht worden. In vielen Jahren der Recherche, ist es z. B. gelungen, die Standorte der DDR Geldautomaten in den Städten Berlin (damalige Hauptstadt der DDR), Dresden und Rostock vollständig zu bestimmen.

Haben Sie Hinweise, Anregungen oder sonstiges Wissen über die Geldkarten und Geldautomaten der DDR, dann lade ich Sie zur Mitarbeit herzlich ein. Gern nehme ich ihre Anregungen unter der Mailadresse: euromuenzen@numiscontrol.info entgegen.

Mein besonderer Dank gilt allen Menschen, die mit Ihren Hinweisen, Anregungen und zur Verfügung gestelltem Material, zum heutigen Wissen beigetragen haben.