10. August 2017 – Im Mai fand im kroatischen Zagreb die Preisverleihung des „EMYA – European Museum of the Year Award 2017“ statt. Dieser wird alljährlich einer musealen europäischen Institution für die herausragende Qualität ihres kulturellen und publikumsnahen Angebotes verliehen. Damit wird deren großer Einfluss im nationalen oder internationalen Museumsbereich hervorgehoben. 2017 ist für das European Museum Forum, das den Preis verleiht, auch deshalb ein bedeutendes Jahr, weil es sein 40-jähriges Bestehen feiert. In diesem Jahr hat das Musée d’ethnographie de Genève (MEG) den Preis erhalten.
Ein Jahr lang steht Henry Moores Skulptur The Egg als Zeichen der Ehrung vor dem MEG. Foto: © MEG / Jonathan Watts.
Von insgesamt 45 nominierten Museen hat das MEG die höchste Auszeichnung, den EMYA 2017 erhalten. Zu den im Finale konkurrierenden europäischen Museen gehörten das Musée des Confluences in Lyon, das Picasso-Museum in Paris, das Messner Mountain Museum Corones in Italien und die Nationale Kunstgalerie in Bulgarien. Innerhalb der Schweiz konkurrierten das Museum Burg in Zug sowie das Rathaus Sempach und das Besuchszentrum Schweizerische Vogelwarte in Sempach. Boris Wastiau, der Direktor des MEG, war bei der Preisverleihung anwesend, um die EMYA-Siegestrophäe The Egg, eine Skulptur des britischen Künstlers Henry Moore, entgegenzunehmen. Das Museum darf es nun ein Jahr lang in seinem Besitz verwahren.
Der EMYA ist die höchste Auszeichnung für ein europäisches Museum. Sie wird jedes Jahr vom European Museum Forum (EMF) vergeben, das dem Europarat unterstellt ist. Es wurde 1977 vom Journalisten Kenneth Hudson ins Leben gerufen, um hervorzuheben, dass es in Europa hervorragende museale Einrichtungen gibt. Diese erhalten damit Anerkennung und zugleich werden innovative Prozesse im Bereich der aktuellen Museographie angekurbelt. Dieser Preis richtet sich an alle Arten von Museen. Alljährlich wird dieser Preis einem Museum verliehen, dem es gelingt, ein breites Publikum anzuziehen und seine Besucher und Besucherinnen zu beeindrucken: durch eine einzigartige Atmosphäre, mit innovativ organisierten Ausstellungen, durch eine kreative Methode von Kulturmediation und sozialer Verantwortlichkeit sowie dadurch, dass es sein Publikum dazu bringt sich zu engagieren und das Thema ernst zu nehmen. Die Museen der 47 Mitgliedstaaten des Europarates können am Wettbewerb teilnehmen, vorausgesetzt sie wurden erst kürzlich eröffnet oder in jüngster Zeit neugestaltet.
Die Bibliothek Marie Madeleine Lancoux im MEG. Foto: © Blaise Glauser.
Die Preisträger der vergangenen Jahre haben dazu beigetragen, dass die Qualitätsnormen der europäischen Museen nunmehr strengeren Kriterien unterworfen sind. Zu den preisgekrönten Einrichtungen zählen das Olympische Museum in Lausanne (1995), das Guggenheim Museum in Bilbao (2000), das Victoria and Albert Museum in London (2003) und das Rijksmuseum in Amsterdam (2015).
Boris Wastiau, der Direktor des MEG, freut sich sehr über diese Auszeichnung: „Mit viel Freude und großem Stolz habe ich in Zagreb die Siegestrophäe der renommierten EMYA-Auszeichnung, ein Exemplar von Henry Moores Egg“, entgegengenommen. Es krönt die hervorragenden Arbeiten zahlreicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des MEG. Diese haben es nämlich in den letzten Jahren geschafft, ehrgeizige und mannigfaltige Ausstellungen und kulturelle Angebote auf den Plan zu rufen, wie sie in der Geschichte des Museums noch nie zu sehen gewesen waren.
Der Musiksalon. Foto: © MEG / Jonathan Watts.
Seit seiner Eröffnung hat das MEG den Anspruch, verschiedenste Möglichkeiten wahrzunehmen und ein Museum zu sein, wo das Publikum selbst eine Rolle spielen kann; es soll ein weltoffener Ort werden, an dem man aufeinander zugeht und den Objekten, den Sammlungen, aber auch der Geschichte dieser Sammlungen und den dazugehörigen Kulturen begegnen kann. Auch die Besucher und Besucherinnen sowie die Personen, die die jeweiligen Kulturen schaffen, sollen einander begegnen können.
Die Ausstellung „Archive der menschlichen Vielfalt“. Szenografie Atelier Brückner, Stuttgart. Foto: © Daniel Stauch.
Das MEG ist die Erfolgsstory eines Museums, von dem sich jede einzelne Person, egal aus welcher Kultur sie stammt, angesprochen fühlt. So kosmopolitisch hofft das Museum zu sein. Zusammen mit den Besuchern und Besucherinnen bauen wir tagtäglich gemeinsame Werte auf, die auf Offenheit, Respekt, Entgegenkommen basieren, aber auch auf dem Wunsch etwas zu lernen und die verschiedensten Gesellschaften, Künste und Kulturen kennenzulernen. Diesbezüglich hoffen wir, dank einer stetig wachsenden Zahl an Partnerschaften in Genf und anderswo sowohl im Hinblick auf die Ausstellungen als auch auf die Kulturprogramme und unsere Aktionen für soziale Verantwortung eine Zusammenarbeit zu verwirklichen. Auch ihnen haben wir es zu verdanken, dass wir diesen Preis erhalten haben. Seit der Öffnung des MEG Ende Oktober 2014 ist die Zahl der Besucher regelmäßig gestiegen. 2016 gab es erstmals mehr als 200 000 Besucher sowie über 38 000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die sich für Aktivitäten außerhalb der Ausstellungen angemeldet hatten. Wir sind uns sicher, dass wir die Obergrenze noch nicht erreicht haben und uns noch weiterentwickeln werden!“.
Die Ausstellung „Archive der menschlichen Vielfalt“. Klangkammer. Künstlerische Leitung: Ange Leccia. Foto: © Daniel Stauch.
Als das MEG 1901 gegründet wurde, wollte man dem Publikum an diesem Ort eine Möglichkeit bieten, die Künste und Kulturen der sogenannten exotischen Gesellschaften zu entdecken. Seither wurden die Sammlungen mit Objekten aus den bäuerlichen Lebensbereichen Europas angereichert, wodurch das MEG zu einem wahrhaftigen Museum der Kulturen der Welt wurde. Heute werden im MEG an die 70.000 Objekte, Foto- und Bildsammlungen sowie ein Tonarchiv aufbewahrt.
Das neue Gebäude des MEG. Bureau Graber Pulver Architekten AG, Zürich. Foto: © Blaise Glauser.
Seit Oktober 2014 kommt die Reichhaltigkeit des MEG bestens durch das neue Gebäude zur Geltung, welches das Züricher Architektenbüro Graber & Pulver Architekten AG, Boulevard Carl-Vogt 65, auf dem seit 1941 museumseigenen Gelände errichtet hat. Neue Szenographien und Museographien wurden in Zusammenarbeit mit dem Atelier Brückner aus Stuttgart entworfen, um die Dauerausstellung „Das Archiv der menschlichen Vielfalt“ attraktiv zu gestalten. Letztere zeigt die einzigartige Geschichte der Sammlungen, wogegen die temporären Ausstellungen anthropologische Thematiken ansprechen, die mit den heutigen und früheren Zivilisationen in Verbindung stehen. Die neue, große temporäre Ausstellung des MEG „Der Bumerangeffekt. Die Kunst der Aborigines Australiens“ wird bis zum 7. Januar 2018 gezeigt werden. Sie stellt die Dynamik des politischen Engagements der autochthonen Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts in den Vordergrund.
Workshop für Kinder. Foto: © MEG / Jonathan Watts.
Da das MEG bestrebt ist, das Publikum miteinzubeziehen und bei allen Aktivitäten solidarisches Engagement herauszustreichen, ist es heutzutage für die Diversität seines kulturellen Angebotes bekannt, das mit den Ausstellungen einhergeht. Der interdisziplinäre Ansatz steht im Mittelpunkt der Programmierung und gibt den meisten künstlerischen Ausdrucksformen unserer Epoche den Vorrang; dazu zählen Tanz, Performances, Mapping, Installationen, Musik, Film und Vorträge, aber ebenso klassische oder neuartige Ausstellungsbesuche sowie Workshops, an denen alle teilnehmen können. Dieses reichhaltige Programm ist nur möglich, weil das MEG seit seiner Öffnung zahlreiche Partnerschaften mit den sozialen und kulturellen Akteuren aus nah und fern eingegangen ist. Seit seiner Wiedereröffnung kann das MEG einen stetig wachsenden Erfolg verzeichnen. So konnte es im Jahre 2016 insgesamt an die 210 000 Besucher zählen, was dem siebenfachen Jahresdurchschnitt des früheren Museums entspricht.
Weitere Informationen zum MEG finden Sie auf der Webseite des Museums.
Das Atelier Brücker stellt sich und seine Projekte auf seiner eigenen Webseite dar.