Gold & Silber: Neues Geld im Spätmittelalter

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Das Münzkabinett Winterthur eröffnete seine neue Ausstellung am 7. Mai 2010

Das mittelalterliche Europa der Kreuzzüge war auch ein Zeitalter des Wirtschaftsbooms. Großstädte mit bis zu 200’000 Einwohnern wie Florenz, Mailand und Paris entstanden. In Italien und Flandern existierte ein dichtes urbanes Netzwerk von Siedlungen, dessen Dynamik durch Handwerk, Handel und Krieg angetrieben wurde. Neue Münzen in Gold und Silber waren das Schmiermittel dieser Wirtschaftsblüte. Die neue Ausstellung im Winterthurer Münzkabinett verfolgt das faszinierende Werden dieses spätmittelalterlichen „neuen Geldes“.

Reggio Emilia, Bistum, Niccolò Maltraversi (1211?1243), Grosso (1233?1243). Rückseite: Lilie; DE REGIO ([Münze] von Reggio). Münzkabinett Winterthur, Inv.Nr. M 156. Foto: Jürg Zbinden, Bern.

In der Zeit um 1200 machte das mittelalterliche Münzwesen einen Quantensprung: Nachdem seit dem 7. Jahrhundert für Münzen nur ein einziges Metall, nämlich Silber, verwendet und nur eine Münzsorte, der Pfennig oder Denar, geprägt worden war, entstand nun neues Geld in Gold und Silber. Es waren Mehrfache des Pfennigs, die allmählich ein eigentliches Münzsystem bildeten. Zuerst in Italien, später in anderen Gebieten, die wirtschaftlich weit entwickelt waren oder Gold- und Silberbergbau betrieben, wurden neue Münzen geprägt: Der silberne Grosso in Mittel- und Oberitalien und der goldene Genovino in Genua standen am Beginn.

Florenz, Republik. Fiorino d’oro (Goldgulden), 1. Hälfte 1330, Münzmeister Aldobrandino di Lapo di Tanaglia. Rückseite: Johannes der Täufer im wollenen Kleid; links oben Münzmeisterzeichen. Münzkabinett Winterthur, Inv.Nr. M 1. Foto: Jürg Zbinden, Bern.

Zwei weitere Goldmünzen, der Ducato in Venedig und der Fiorino in Florenz wurden zu den wichtigsten dieser Münzen. In Frankreich folgten Silbermünzen wie dem Gros tournois, in Tirol der Zwanziger, in Sizilien der Pierreale und in Böhmen der Prager Groschen. Diese große Vielfalt an neuen Münzen wurde an anderen Orten imitiert und schließlich selbst übernommen. Eine besondere Rolle spielten die Kreuzfahrerstaaten im östlichen Mittelmeergebiet, denn sie schufen die Verbindungen zur islamischen Welt. Sie beeinflusste das abendländische Geld auch über Sizilien und Spanien direkt.

Solothurn, Stadt. Plappart (um 1470). Rückseite: Stehender Heiliger Ursus im Harnisch. Münzkabinett Winterthur, Inv.Nr. S 4706. Foto: Jürg Zbinden, Bern.

Im 14. Jahrhundert hatte sich an vielen Orten ein System mit mehreren Münzsorten herausgebildet, die zueinander in einem festen Wertverhältnis standen. Sie bildeten neben dem Pfennig eine regionale, später internationale Oberwährung, an deren Spitze die Goldmünzen standen. In diesem Gefüge war das neue Geld aus Gold und Silber wichtig für politische und kirchliche Zahlungen, im städtischen Umfeld auch für Löhne und Waren.
Erst spät, um 1400, übernahmen die Münzorte im Süden des heutigen Deutschlands, der Schweiz und des Elsaß dieses neue Geld. Hier gab es keine großen Städte und der Münzumlauf war bis um 1400 mit fremden Gold- und Silbermünzen versorgt. Zunächst wurden hier Schillinge und Plapparte in Silber geprägt und gegen Ende des 15. Jahrhunderts auch Gold.
Die Ausstellung des Münzkabinetts zeigt Münzen aus der eigenen Sammlung sowie zahlreiche Leihgaben aus schweizerischen und deutschen Museen. Sie verfolgt das Thema durch Zeit und Raum, von Italien bis Flandern und von der Iberischen Halbinsel bis nach Ungarn. Unter anderem sind fast alle der frühesten Schillinge und Plapparte der Zeit um 1400 im süddeutsch-schweizerischen Gebiet – wohl zum ersten Mal in einer Ausstellung – zu sehen.

Die Ausstellung wird durch ein reichhaltiges Rahmenprogramm mit einem Museumskonzert, Führungen und Workshops für Schulen und einem Leporello begleitet.

Münzkabinett und Antikensammlung der Stadt Winterthur Villa Bühler, Lindstrasse 8, 8402 Winterthur
Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Samstag und Sonntag, 14–17 Uhr
Die aktuellen Veranstaltungen finden Sie unter http://www.muenzkabinett.org