von Björn Schöpe
23. April 2015 – Man kann zu Google stehen wie man will, das Angebot des digitalen Riesen lässt sich nicht ignorieren und punktet meist nicht nur mit Masse, sondern auch mit Qualität. In der Welt der Kunst und Bildung ist Google zwar noch nicht so bekannt, aber auch hier hat die Firma einen Fuß in der Tür: Google Cultural Institute nennt sich das Projekt.
Sammlungen, Museen und Institutionen können dort Material online zugänglich machen. Jeder kann es von überall abrufen, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Bereits jetzt ist die schiere Menge an „Ausstellungen“ ebenso verblüffend wie die Vielfalt.
Am einen Ende der Skala erinnert manch eine Ausstellung eher an eine PR-Aktion mit dem Charme eines Hochglanzdruckes. So etwa die Ausstellung „Made in Italy“, die regionale italienische Lebensmittelspezialitäten mit hübschen Fotografien und ein wenig Text appetitanregend präsentiert.
Aber bereits die handwerklichen Galerien dieser Ausstellung reihen sich eher in die Gattung der Firmenmuseen ein. Der Betrachter kann sich dort beispielsweise über die Geschichte der Hutmanufaktur Biella informieren.
Unter dem Schlagwort „World Wonders“ blättert man durch eine Übersicht von bedeutenden Denkmälern der Erde, die Pyramiden von Gizeh, Angkor Wat, Taj Mahal. Viele der Bilder sind sehr hoch auflösend eingestellt, so dass man auch das kleinste Detail auf Postkarten oder Fotografien auf Bildschirmgröße heranzoomen kann.
Beeindruckend führt diese Möglichkeit das Kunsthistorische Museum Wien am kleinen Objekt vor: Hier kann der Betrachter ein Augustusporträt von allen Seiten und aus allernächster Nähe anschauen.
Manche Stücke bieten leider nur wenig mehr Informationen als das pure Bild. Daneben gibt es aber auch nette „Bildungshappen für zwischendurch“. Canberras National Portrait Gallery etwa präsentiert ein Porträt des Entdeckers James Cook und erläutert daran eine „verborgene Nachricht“.
Auch Numismatiker werden viele spannende Ausstellungen finden. So zeigt das nordenglische Yorkshire Museums Trust eine Hortausstellung. Anders als im Museum können hier zahlreiche Horte der nordenglischen Gegend von 3000 v. Chr. bis ins 17. Jahrhundert n. Chr. in exzellenten Fotos präsentiert werden. Informative Texte sowie Videosequenzen mit dem Kurator ergänzen die Bilder.
Das Google Cultural Institute lebt von den Inhalten, die eingestellt werden. Die Qualität kann schwanken, und die Bandbreite ist riesig. In welche Richtung sich dieses Projekt entwickelt und wie dauerhaft es ist, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Das Potenzial ist groß, und schon heute kann jeder an diesem virtuellen Ort viel lernen und finden. Museen werden in Zukunft stärker diese Möglichkeit in Betracht ziehen, um die Beschränkungen der Räumlichkeiten oder der finanziellen Ressourcen zu überwinden. Im besten Fall verbreiten Kulturinstitutionen so ihr Angebot über die ganze Welt und locken Menschen ins Museum. Dort können sie dann den echten Gegenständen „offline“ nahekommen und sie direkt mit allen Sinnen „erfahren“. Und damit kann keine Internetdarstellung konkurrieren.