Grazer Pfennige

Susanne Sauer, Der klassische Grazer Pfennig des 13. und 14. Jahrhunderts. Eigenverlag, Wien 2020. 295 S., farbige Abbildungen. Hardcover, 21,7 x 30,3 cm. ISBN: 978-3-200-06896-4. 79 Euro zzgl. 14 Euro Versand.
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Sie kommen daher wie Boten einer uns unzugänglichen Zeit, die mittelalterlichen Pfennige, mit ihrer so unglaublich reichen Bilderwelt, zu der nur wenige Spezialisten einen Zugang besitzen. Die Tiere und Wappen, die Menschen mit uns nur schwer verständlichen Attributen, die Mischwesen, Ornamente und Bauwerke, sie faszinieren, ohne auf den ersten Blick ihr Geheimnis zu enthüllen. Wer mehr über sie wissen will, dem offeriert das Buch von Susanne Sauer einen Überblick zu allen Typen des Grazer Pfennigs sowie einen Einblick in ihre Deutung.

Ein Buch für Wissenschaftler, Händler UND Sammler

Wer sich in der numismatischen Szene von Wien auskennt, Mitglied der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft ist oder wenigstens regelmäßig die wichtigsten Münzbörsen besucht, der weiß, wer Dr. Susanne Sauer ist.

Als Tochter des Münzhändlers Peter Sauer kam sie schon früh mit der Numismatik in Kontakt, begeisterte sich für die Aussagekraft der Münzen und studierte am Wiener Institut für Numismatik das Fach. Heute ist sie federführend in die väterliche Münzhandlung involviert.

Sie verbindet die Begeisterung für die Numismatik mit einer wissenschaftlich fundierten Ausbildung, und weiß aus eigener Erfahrung, wie ein Katalog aussehen muss, den Händler und Sammler gerne zitieren, und der Wissenschaftlern eine Basis für weitere Forschung bietet. So ist ihre Veröffentlichung mit dem Titel „Der klassische Grazer Pfennig des 13. und 14. Jahrhunderts“ für alle gedacht, die sich für diesen Münztyp interessieren.

Ihre klare Gliederung, ihr systematisches Vorgehen werden all diejenigen schätzen, die möglichst schnell eine Münze bestimmen und zu ihr vielleicht auch noch einen kleinen Kommentar schreiben wollen. Das macht das Buch zum optimalen Werkzeug für Münzhändler.

Sammler werden sich darüber freuen, dass Susanne Sauer zu jedem einzelnen Münztyp einen Kommentar liefert, der es dem stolzen Besitzer eines Stücks ermöglicht, den historischen und kunstgeschichtlichen Hintergrund eben dieser Münze zu verstehen.

Wissenschaftler werden auf der von Susanne Sauer hervorragend aufbereiteten Materialbasis und ihrer Zusammenfassung der alten Literatur die eigenen Forschungen beginnen lassen und vielleicht zu weitgehenderen Ergebnissen kommen. Denn die Autorin versteht ihre Arbeit ausdrücklich als „eine Einladung für weitere Diskussionen der leider etwas ins Stocken geratenen österreichischen Mittelalternumismatik“.

Ein unglaublicher Bilderreichtum

Das Thema wäre für die Forschung interessant genug: Das zeitliche Spektrum der Grazer Pfennige erstreckt sich von Friedrich II. dem Streitbaren (1230-1246) bis Rudolph IV. (1358-1365). Die Autorin identifiziert, beschreibt und kommentiert die 143 ihr bekannten Typen des Grazer Pfennigs. Dies sind um einige mehr als die 133 Münztypen, die Bernhard Koch 1994 in seinem Corpus Nummorum Austriacorum aufgeführt hat, vor allem weil die Autorin von eben diesen 133 Münztypen 13 als Grazer Prägungen anzweifelt resp. nicht nachweisen kann. Mit ihnen beschäftigt sich die Autorin ausführlich in einem Anhang.

Susanne Sauer bleibt aber nicht bei einem einfachen Katalog stehen. Sie beschäftigt sich mit der Bilderwelt und versucht, jede Darstellung zu deuten. Dies erweist sich als keine einfache, aber lohnende Aufgabe. Wenn auf Münzen des Hochmittelalters Bergleute und Mönche dargestellt werden, wenn wir Verweise auf die Florentinische Wappenblume der goldenen Florene finden, dann dürfen wir uns schon fragen, welche Mentalität dahinter steht.

Eine Fülle an Fakten sinnvoll aufbereitet

Das Buch ist durchgehend und klar gegliedert. Zunächst behandelt die Autorin den historischen Kontext und fasst in jeweils einem Kapitel ihre Forschungen zu den dahinterstehenden Münzstätten und zur Metrologie zusammen. Es folgt der Kommentar zu den Münztypen. Hier entschied sich die Autorin für Umzeichnungen der Abbildungen, um ihre optische Basis für die Interpretation festzuhalten. Im eigentlichen Katalogteil ist dagegen neben der Umzeichnung das Foto eines gut erhaltenen Exemplars mit abgebildet. Dies ist wichtig, denn es hat genug Fälle in der Numismatik gegeben, in denen die Nutzer einer Umzeichnung die Interpretation des Zeichners für die Realität hielten und besser erhaltene Exemplare nicht mit bereits beschriebenen und umgezeichneten Stücken in Verbindung brachten. Außerdem sind bei der Katalogauflistung die Gewichte in ihren Schwankungen und ihrer Konzentration, die Standorte und die Literaturzitate aufgeführt.

Ergänzt wird dies noch durch eine Auflistung der Münzfunde, die Grazer Pfennige enthielten, durch einen nach Motiven geordneten Typenatlas – ein praktisches Hilfsmittel für diejenigen, die Stücke zu bestimmen haben, eine umfangreiche Konkordanz mit den bisherigen Münztypen, sowie – last but not least – ein umfassendes Literaturverzeichnis.

Ein englisches Abstract macht das Werk auch für Nicht-Deutsch-Sprechende gut benutzbar.

Wer sich mit dem Mittelalter beschäftigt …

… wird nicht darum herum kommen, sich das Buch zu kaufen. Und wer demnächst über das Mittelalter ein Buch schreiben will, der sollte sich die Arbeit genau ansehen. Die Art und Weise, wie Dr. Susanne Sauer mustergültig die Bedürfnisse aller Welten der Numismatik unter einen Hut bringt, ist vorbildlich.

 

Das Buch ist im Eigenverlag erschienen und Sie können es direkt bei der Münzenhandlung Sauer bestellen über deren Ebay-Shop oder ihren Shop bei MA-Shops.