Hans-Jörg Kellner (1920-2015)

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von Ursula Kampmann

9. Juli 2015 – „Die Numismatik hält nicht nur vom Sterben ab, sie hält auch aktiv und gesund.“ Mit diesen Worten durfte die MünzenWoche am 3. Dezember 2010 Hans-Jörg Kellner zu seinem 90. Geburtstag gratulieren. Nun ist der große Doyen der bayerischen Numismatik verstorben. Wir trauern um einen der wenigen wirklich umfassend gebildeten Archäologen, der sich nicht nur mit Grabungen und ihren Funden beschäftigt, sondern auch für die Numismatik Bedeutendes geleistet hat.

Porträt Hans-Jörg Kellners auf der für ihn von Erich Ott zum 90. Geburtstag geschaffenen Medaille. Die Rückseite weist auf das Engagement des Verstorbenen hinsichtlich des Schatzfundes von Weißenburg hin, den er 1980 für den Freistaat Bayern kaufen konnte.

Der 1920 geborene Hans-Jörg Kellner hatte nicht das Glück der späten Geburt. Er gehörte zu denjenigen, die im Zweiten Weltkrieg als Offizier dienen mussten. Vier Jahre verbrachte er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, ehe er in sein geliebtes München zurückkehren durfte.
Dort studierte er Vor- und Frühgeschichte, Numismatik, Epigraphik, Historische Hilfswissenschaften und bayerische Landesgeschichte, also genau die Fächer, in denen er in den vielen Jahren, die ihm vergönnt waren, publizieren sollte, darunter allein im Fach Numismatik über 150 Titel!
Schon seine Dissertation von 1953 war den Münzen gewidmet. Ihr Thema lautete „Die römischen Fundmünzen aus dem nördlichen Teil von Raetien.“

Maske eines römischen Paradehelms. Foto: Wolfgang Sauber / Wikipedia.

1960 wurde er zum Leiter der Archäologische Staatssammlung in München, die damals noch Prähistorische Staatssammlung hieß und der er bis 1984 als Direktor vorstand. Er machte den relativ unattraktiven Neubau bei den Münchnern bekannt und beliebt. Hier konnten sie die archäologischen Relikte der eigenen Heimat Bayern bewundern und in großartigen Sonderausstellungen einen Blick in fremde Kulturen tun. Unter seiner Leitung gelang es, einige der bedeutendsten und spektakulärsten Funde für die Prähistorische Staatssammlung sichern, so die Schatzfunde von Straubing, von Weißenburg und Eining.
In vielen bayerischen Haushalten ist heute noch sein mit leichter Feder geschriebenes, und dennoch so fundiertes Buch „Die Römer in Bayern“ zu finden.

Berührungsängste zwischen Archäologen und Sammlern waren damals noch unbekannt. So war Hans-Jörg Kellner von 1968 bis 1971 Erster Vorsitzender der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft, der er fast 80 Jahre seines Lebens angehörte! Und die erste Numismata wurde tatsächlich mit einem Festvortrag von ihm eröffnet.
Kellners Bücher über die Münzen von Nürnberg, Passau, Landshut, Straubing, Neuburg am Inn und Braunau sind Standardwerke, auf die keine Münzhandlung verzichten kann. Nicht vergessen seien ferner, die vielen Bücher, die Kellner über keltische und römische Schatzfunde und Fundmünzen verfasste.

Hans-Jörg Kellner wurde mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Die Deutsche Numismatische Gesellschaft verlieh im 2005 den Eligius-Preis für sein Lebenswerk.

Wir trauern um einen Numismatiker, der persönlich liebenswert und bescheiden im Dienste der Numismatik gewirkt hat. Auch wenn Professor Kellner ein geradezu biblisches Alter erreicht hat, gehen diejenigen, die die Numismatik weiterbringen, doch immer zu früh!