Herbstsitzung der Arbeitsgruppe Experimentelle Numismatik

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20. November 2009 – Am 23. Oktober fand die Herbstsitzung der Arbeitsgruppe Experimentelle Numismatik im Cabinet des Médailles (Bibliothèque royale de Belgique) in Brüssel statt. Die Gruppe ist mit Numismatikern aus Museen und Forschungseinrichtungen, Metallurgen, Chemikern und Ingenieuren interdisziplinär zusammengesetzt. Seit ihrer Gründung im Jahre 2006 trifft sich die Gruppe halbjährlich, um Erfahrungen auszutauschen, Ergebnisse vorzustellen und künftige Arbeiten zu besprechen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Prozess der Münzherstellung in der Antike nachzuvollziehen. Dazu gehört die Zusammenstellung von Informationen über Originalmaterial, die experimentelle Herstellung von Münzen mit den Hilfsmitteln und Werkzeugen der damaligen Zeit und nicht zuletzt die Anwendung von Meßverfahren zur Ermittlung der Materialeigenschaften von Originalstücken, woraus auf die Herstellung und Verarbeitung der Schrötlinge geschlossen werden kann.

In der diesjährigen Herbstsitzung wurde über den Bestand von Stempeln und Gußmodellen für Münzen und Medaillen in Belgien und den Niederlanden berichtet. Aus der Römerzeit bis zum Anfang des 20. Jhs. sind etwa 2500 Exemplare aus Grabungsfunden und aus Archivbeständen vorhanden. In Belgien ist auch der Nachlass von Medaillen-Werkstätten, die ihre Tätigkeit aufgegeben haben, in solchen Sammlungen aufgegangen.

Im Experimentellen Bereich sind mehrere Projekte in der Bearbeitung:

  • In Zschopau, Deutschland, wird mit Unterstützung des Bayerischen Hauptmünzamts in München und von Mitgliedern der Gruppe versucht, den Prägevorgang römischer Sesterzen aus Bronze zu rekonstruieren. Das Material stammt aus stark verschliessenen Originalmünzen, das vorbehandelt und bei verschiedenen Temperaturen neu geschlagen wurde.
  • In Melle, Frankreich, werden seit einigen Jahren Stempel aus Stahl und Bronze und Schrötlinge aus Silber und Bronze hergestellt und größere Mengen von Münzen nach antiken Vorlagen geschlagen. Ziel ist es, die Haltbarkeit der verschiedenen Stempelwerkstoffe zu ermitteln. Der Herstellungsprozess wird auch für Münzen des späten Mittelalters nachvollzogen. Eine filmische Darstellung der Arbeit findet man unter: http://www.1001images.com/filmogrf/frappermonnaie/frapper_fichtech.htm
  • In Neunkirchen am Brand bei Nürnberg werden Stempel nach Originalmustern geschnitten und damit Silbermünzen geschlagen, um die Graviertechnik und das anschließende Prägen nachzuvollziehen.
  • In Brüssel werden kleinere Bronzemünzen mit selbst geschnittenen Stempeln geprägt und die erfoderliche Vorbereitung der Schrötlinge untersucht.

Zwei Punkte sollten hier als Zwischenergebnis genannt werden. Die Herstellung von Schrötlingen mit einfachen Mitteln entsprechend der von antiken Münzen gewohnten Genauigkeit des Gewichts erweist sich als schwierig. Das Prägen größerer Bronzemünzen mit den im Altertum verfügbaren Werkzeugen stellt sich als besonders aufwändig dar. Aus diesen Gründen sollte die künftige Arbeit der Gruppe auch die erforderliche Organisation der Münzstätten in die Betrachtungen einbeziehen.

Zu den Meßtechniken zur Materialanalyse von Stempeln und Münzen wurde eine Reihe geeigneter Verfahren vorgstellt. Neben den üblichen chemischen und metallurgischen Methoden, die zur Zerstörung des Objekts führen, sind heute auch zerstörungsfreie Methoden verfügbar, die allerdings zum Teil recht aufwändig sind. Zu diesem Thema scheint sich an der Universität Hannover ein Schwerpunkt herauszubilden.

Die Arbeitsgruppe wird noch eine Weile experimentieren müssen, bis sie die Fertigkeit der Antiken Handwerker nachvollziehen kann.

Kontakt zur Arbeitsgruppe ist möglich über den Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Dr. Dietrich Klose, Sammlungsdirektor, Staatliche Muenzsammlung München, Residenzstr. 1, 80333 München, e-mail: info@staatliche-muenzsammlung.de.

 

J. Hourmouziadis,  Berlin