von Annika Backe
21. Januar 2016 – „Ich persönlich halte das Einschmelzen antiker Münzen für eine grausame Tat, die die Regierung mittels strenger Gesetze verhindern muss“, mit diesen Worten wandte sich Hansraj Ahir am 15. Januar 2016 im indischen Nagpur an die Teilnehmer einer Fachkonferenz zur Münzprägung des Gupta-Reiches. Der Staatsminister für Chemikalien und Düngemittel bezieht damit klare Position gegen die in Indien weithin geübte Praxis, antike Münzen wegen ihres Metallwertes einzuschmelzen.
Münzen seien jedoch überaus wichtige Zeugnisse der antiken Kultur des Landes, die die Menschen aber über Generationen nicht genügend wertgeschätzt hätten, so Ahir weiter. Er persönlich wolle nun bei seinen Regierungskollegen Diskussionen zur Verschärfung bestehender Gesetze anstoßen.
Die einhellige Zustimmung seiner Zuhörer dürfte Ahir gewiss gewesen sein, waren dies doch hochkarätige Numismatiker aus dem In- und Ausland, die die unwiederbringliche Zerstörung antiker Kulturgüter schon lange beklagen.
Der frühere Präsident der Indischen Numismatischen Gesellschaft, S. K. Bose, hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Sensibilität der indischen Bevölkerung gegenüber der Bedeutung antiker Münzen zu erhöhen. Erste Erfolge sind laut Bose schon erkennbar: „Es ist wesentlich den Numismatischen Gesellschaften zu verdanken, dass immer mehr Menschen ihre Münzen nicht einschmelzen, sondern zu uns kommen, um sich über den historischen Wert zu informieren.“
Gold-Stater aus der Zeit des Kumaragupta (414-455 n. Chr.). Aus Auktion Künker 226 (11. März 2013) Nr. 1228.
Hansraj Ahir ist sich dieses Wertes bewusst und betonte auf der Konferenz die besondere Prominenz der Münzen des Gupta-Reiches, besonders der Goldmünzen ab Chandragupta I mit ihren exquisiten figürlichen Darstellungen. Sie gelten als Ausdruck eines „Goldenen Zeitalters“ zwischen 330 und 500 n. Chr., das durch Frieden und Wohlstand geprägt war. Der indische Staatsminister sieht die Münzen aber nicht nur als Zeugnis einer vergangenen Blütezeit. Als Angehöriger der Regierung seien sie ihm auch Ansporn, Indien auf seinem Weg zu Prosperität und Wohlstand voranzubringen.
Dass in Indien an höchster Stelle darüber beraten wird, wie man mit Gesetzen den allzu materialistischen privaten Umgang mit dem antiken numismatischen Erbe eindämmen könne, ist zu begrüßen. Etwas merkwürdig wirkt es aber doch, wenn die Regierung Privatleute gesetzlich zum Kulturgüterschutz verpflichten will, selber aber an Tempelschätze Hand anlegt, um durch das Einschmelzen jahrhundertealter Kunst die Staatsfinanzen zu sanieren.
Die Meldung, dass sich Ahir um eine striktere Gesetzgebung gegen das Einschmelzen antiker Münzen bemühen wird, erschien in der Times of India vom 16. Januar 2016.
Und über das Einschmelzen von Tempelschätzen in Indien durch die Regierung berichtete ausführlich die MünzenWoche.