Käpt’n Kidds Schätze

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4. Juni 2015 – Wieder einmal soll ein Schiffswrack des legendären Piraten William Kidd gefunden worden sein, diesmal vor Madagaskar. Eindrücklicher Beweis: ein über 50 Kilo schwerer Silberbarren. Doch sofort wurden Zweifel geäußert, die unter anderem mit der Person des Finders zusammenhängen, Barry Clifford.

Modell der Whydah. Foto: jjsala / http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en

Der Amerikaner Barry Clifford sucht seit Jahrzehnten nach historischen Schiffswracks rund um den Erdball. Seine Bekanntheit verdankt er dem Fund der „Whydah“ 1984. Dieses Wrack ließ sich publikumswirksam als Piratenschiff identifizieren. Nach diesem Fund waren viele Fernsehsender bereit, Cifford auf seinen Expeditionen zu begleiten (und vermutlich hohe Summen dafür zu zahlen).

Howard Pyle, Kidd an Bord seiner Adventure Galley, vor 1911.

Im Jahr 2000 verkündete Clifford, er habe die 1699 versenkte „Adventure Galley“ vor Madagaskar gefunden. Bei diesem Schiff handelt es sich immerhin um das Flaggschiff des berüchtigten Käpt’n Kidd. Doch die Identifizierung konnte zunächst nicht bestätigt werden.
2015 kehrte Barry Clifford in Begleitung eines britischen Fernsehteams nach Madagaskar zurück und fand gleich bei seinen ersten Tauchgängen einen über 50 Kilo schweren Silberbarren, den er dem Schatz von Käpt’n Kidd zuweist.

Howard Pyle, Käpt’n Kidd überwacht das Vergraben eines Schatzes, vor 1911.

Medienwirksam überreichte Clifford das Objekt Hery Rajaonarimampianina, dem Präsidenten Madagaskars, und erklärte laut Zeitungsberichten: „Bei meinen Untersuchungen des Schiffswracks, das ich für Käpt’n Kidds ,Adventure Galley‘ halte, stieß ich auf einen riesigen Silberbarren. Alles deutet darauf hin, dass er Teil von Käpt’n Kidds Schatz war. Es ist ein gewaltiger Fund für mein Team, aber ein noch größerer für Madagaskar und die Weltgeschichte.“
Die Botschafter Großbritanniens und der USA sprachen bei der Zeremonie offen aus, warum der Schatzfund so gelegen kam: Man hoffe, den Tourismus der Insel anzukurbeln.
Mit der Aufgabe seiner Besitzansprüche versicherte sich Clifford der Unterstützung der Autoritäten. Er scheint genug Gewinn aus den Fernsehrechten zu ziehen. Madagaskar jedenfalls hat im Gegenzug nachträglich die Ausgrabung legalisiert. Immerhin schaltete die Regierung zusätzlich die UNESCO ein, um die Ergebnisse Cliffords zu untersuchen.

Die erste Reaktion der UNESCO fiel weit weniger positiv aus. Die Kulturabteilung der UN kritisierte Clifford, weil zwar ein Medienspektakel, aber keine wissenschaftliche Ausgrabung stattgefunden habe. Das Ganze rieche nach einer Inszenierung, die erst einmal überprüft werden müsse, so UNESCO-Expertin Ulrike Guérin. Die Organisation steht Clifford äußerst distanziert gegenüber, seit der Amerikaner 2014 vollmundig verkündete, er habe die Santa Maria gefunden, das gesunkene Flaggschiff des Kolumbus. Diese Meldung ging um die Welt, nur um von UNESCO-Experten wenige Monate später wiederlegt zu werden: Das Wrack sei viel zu jung, um tatsächlich die Santa Maria zu sein.

Clifford ist also immer für eine mutige These gut, deren Wirklichkeitsgehalt erst einmal mit Vorsicht genossen werden sollte. Vielleicht hat er Kidds Schatz gefunden, vielleicht handelt es sich aber auch um eine hervorragend inszenierte Ente.

Fritz Hanselmann, Doktorand in Anthropologie an der Indiana University, dokumentiert eine der „großen Kanonen“, wie sie Käpt’n Kidd beschrieb.

Gesicherte Erkenntnisse über Käpt’n Kidd verdanken wir hingegen der Indiana University. Sie übernahm die Ausgrabungen, als im Jahr 2007 nahe des Ufers alte Kanonen in der Dominikanischen Republik entdeckt wurden.
Sie wies nach, dass es sich um ein armenisches Handelsschiff namens Quedagh Merchant handle, das 1699 von Kidd gekapert und versenkt worden war. Der Fundort wurde wissenschaftlich dokumentiert, die Funde in verschiedenen Museen untergebracht.

Markierungsbojen zeigen Tauchern, wo das Schiffswrack zu besichtigen ist.

2011 richtete die Regierung in Zusammenarbeit mit den Archäologen einen Unterwasserpark ein, wo Taucher Reste des Schiffs bestaunen können.

Über den Schatzfund vor Madagaskar berichteten die Medien, darunter Spiegel Online.

Bilder des gehobenen Silberbarrens und der Zeremonie zeigt der Guardian.

Zu dem Unterwasserpark und der Arbeit der Indiana University veröffentlichte die Universität eine Pressemeldung.