von Ursula Kampmann
25. Februar 2016 – Münzen fallen nicht einfach vom Himmel. Münzen werden gemacht. Wie sie gemacht werden, das beeinflussen Menschen. Und zwar nicht nur die Künstler und Techniker. Marketing-Abteilungen haben mir ihrem tiefgehenden Wissen über die Wünsche der Sammler inzwischen ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf die Motivwahl. Und in Sachen Marketing macht Kirsten Petersen mit Sicherheit niemand etwas vor. Nach 30 Jahren Berufserfahrung bei der Royal Canadian Mint und der Münze Österreich gehört sie zu den profiliertesten Kennerinnen des Münzmarkts. Nicht umsonst wählte sie die Mint Directors Conference, Zusammenschluss aller Münzstätten, im Jahr 2010 zur Vorsitzenden des Marketing Committees. Kirsten Petersen, die im Rahmen der World Money Fair am 5. Februar 2016 mit dem World Money Fair Award ausgezeichnet wurde, dürfte zu den Menschen gehören, die die moderne Gedenkmünzenprägung nachhaltig beeinflusst haben.
An der Wiege hat es Kirsten Petersen niemand gesungen, dass sie einmal mit Numismatik zu tun haben würde. Im Gegenteil, nach Studium und Abschluss an der University of Western Ontario in Geographie, wandte sie sich der Wirtschaftswissenschaft zu, machte zahlreiche zusätzliche Kurse in Management und Marketing. 1981 begann sie im Verkauf, zunächst von Hilfsmitteln für Universitätsdozenten, dann von Produkten eines großen Verlag. Sie war erfolgreich, sehr erfolgreich, geradezu ein Verkaufsgenie, das bald selbst Verkäufer trainierte. Und das zu einem Zeitpunkt, als die Royal Canadian Mint eine neue Marketing Direktorin für numismatische Produkte suchte.
Gehen wir zurück ins Jahr 1985. Die Verkaufszahlen von modernen Münzen erlebten gerade einen ersten Einbruch. Die Boomzeiten der 70er Jahre mit den leichten Gewinnen für anspruchslose Produkte waren vorüber. Und in dieser Situation erhielt Kirsten Petersen die Gesamtverantwortung für das numismatische Programm der Royal Canadian Mint. Sie führte Marktforschung durch, war an der Produktentwicklung beteiligt und entwickelte neue Strategien.
Ihr geistiges Kind aus dieser Zeit ist – um nur das für die Numismatik einflussreichste von allen zu nennen – Canada 125. Selbst diejenigen, die den Begriff noch nie gehört haben, kennen das Prinzip, denn inzwischen haben Münzstätten in der ganzen Welt es imitiert. Anlässlich des 125. Jahrestags der Gründung der kanadischen Konföderation gab die Münzstätte 12 Quarters heraus, einen für jede kanadische Provinz mit einem typischen Motiv. Das Ungewöhnliche daran war, dass die spiegelglänzende Version der Quarters in so hoher Auflage geprägt wurden, dass eine ganze Reihe von Stücken tatsächlich in den Umlauf gelangte. Damit wurde der Blick einer ganzen Generation von Schülern auf die Münzen gelenkt. Das 50 States Programme der USA ist genauso ein Nachfolgeprojekt wie die deutschen oder österreichischen Prägungen für die Bundesländer.
Kirsten Petersen erlebte mit, wie die Royal Canadian Mint sich zum Marktführer in Sachen Gedenkmünzen entwickelte. Kein Wunder, dass die 1989 neu als Aktiengesellschaft formierte Münze Österreich auf sie aufmerksam wurde. Im Jahr 1994 wurde Kirsten Petersen von der Münze Österreich als Director International Markets eingestellt. In dieser Funktion war sie verantwortlich dafür, für die aufstrebende Münzstätte die Verbindung zu den Märkten in Nordamerika und Asien herzustellen.
Noch eine andere viel kopierte Münznovität geht auf ihre Grundidee zurück: Kirsten Petersen hatte die Uridee zur Niob-Münze. Sie sah die Vorbehalte, die traditionelle Sammler gegen die in den 90er Jahren aufkommenden Farbmünzen hatte, und schlug vor, ähnliche Effekte zu erzielen, indem man ein zusätzliches, ungewöhnliches Metall verprägte. Ihre Idee war Titan. Zwei Prägungen erfolgten mit dem Metall, doch sie kamen nicht richtig an. Der Farbunterschied des grauen, ziemlich schwierig zu prägenden Titans war noch nicht die optimale Lösung. Ein anderer in der Münze Österreich hatte die entscheidende Idee, Titan durch Niob zu ersetzen. Der Rest ist Geschichte, eine Geschichte, die der Münze Österreich in regelmäßigen Abständen immer wieder Preise für ihre Niob-Münze einträgt.
Mit Kirsten Petersen erhält nicht nur eine kompetente Kennerin des Münzenmarkts den World Money Fair Award. Sie ist darüber hinaus ein Mensch, der mit seiner freundlichen und energiegeladenen Persönlichkeit die Welt der modernen Münzen zu einer großen Familie macht. Sich in ihrer Gegenwart nicht wohl zu fühlen, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Sie strahlt Humor und Lebensfreude aus, und dass sie Menschen mag, sieht man daran, wie sie mit ihnen umgeht. Bereits 1999 erhielt sie für ihre Leistungen um die Münzenindustrie den Vreneli-Preis. Und so war es höchste Zeit, ihr auch den neuen Preis der World Money Fair zu verleihen. Es dürfte wenige geben, die ihn so verdient haben wie sie.