von Ursula Kampmann
8. April 2014 – Rund 10.000 Einwohner hat die kleine Gemeinde Hüttenberg, gelegen im Dreieck zwischen Wetzlar, Butzbach und Gießen. Bekannt ist Hüttenberg vor allem für seine Handkäseproduktion. Diese hessische Spezialität ist eine außerhalb des Bundeslandes eher vernachlässigte Delikatesse, die man in Frankfurt zum Ebbelwoi – Hochdeutsch Apfelwein – als „Handkäs mit Musik“ verspeist. Wesentlich internationaler als die Zusammensetzung der Handkäse-Gourmets ist der Kundenkreis der Lang GmbH & Co. KG. Zu ihm gehören unter anderem Münzstätten in der ganzen Welt. Ein guter Grund also, einmal nach Hüttenberg zu reisen.
Das Stammhaus von Lang. Foto: Lang GmbH & Co. KG.
Gegründet wurde die Lang GmbH & Co KG 1972 von Diplomingenieur Richard Lang zum Bau von Steuerungsanlagen. Mitte der 80er Jahre veranlassten ihn Graveure aus seinem Freundeskreis, darüber nachzudenken, ob man den Vorgang des Gravierens und Fräsens für immer gleichbleibende Beschriftungen nicht mittels Steuerungsanlagen automatisieren könne.
Einer der ersten, im Auftrag der Firma Leitz entwickelten, computergesteuerten Gravierautomaten – er funktioniert übrigens heute noch! Foto: Lang GmbH & Co. KG.
Das Resultat war die Entwicklung einer Software für dreidimensionale Gravuren und eine dazugehörige Graviermaschine, mit der zum Beispiel die Objektivringe von Kameras dauerhaft beschriftet werden konnten.
Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens war die hohe Präzision, mit der die entworfenen Gravuren auf die Bauteile übertragen wurden. Und genau diese Technik konnte Mitte der 80er Jahre eine ganz andere Industrie brauchen: die Münzindustrie. Die begann in diesen Jahren nach dem Silberboom, Gedenkmünzenprogramme in einem bis dahin unbekannten Umfang aufzulegen. Dafür musste sie zum ersten Mal in ihrer Geschichte wesentlich mehr Stempel als je zuvor mit immer wieder neuen Motiven herstellen. Kein Wunder, dass man in den Münzstätten nach preisgünstigen Möglichkeiten suchte, von einem Entwurf ohne aufwändige Zwischenschritte direkt eine Vielzahl von Prägestempeln abzunehmen. Das automatisierte Fräsen bot eine schnelle und preiswerte Alternative zum altehrwürdigen Umsenken. Musste vorher mühsam aus dem mit der Hand hergestellten Ausgangswerkzeug mittels doppeltem Umsenken die Patrize produziert werden, aus der man in einem zweiten Arbeitsgang – wieder mit doppeltem Umsenken – die Arbeitsstempel abformte, können heute auf modernen Fräsmaschinen von einem dreidimensionalen Entwurf in einem einzigen Arbeitsgang so viele identische Stempel reproduziert werden, wie es nötig ist. Nur so ist die kostengünstige Prägung einer Vielzahl von Gedenkmünzenserien möglich. Und so ist es kein Wunder, dass in den meisten großen Münzstätten heute Fräsmaschinen von Lang stehen. Zu den Kunden gehören, um nur einige zu nennen, Goznak, die Monnaie de Paris, die Münze Österreich, die Royal Canadian Mint, die Münzstätten von China, Kasachstan, Polen und Singapur.
Ein herzliches Willkommen für die MünzenWoche, worüber wir uns sehr gefreut haben. Foto: UK.
Heute hat die Lang GmbH & Co. KG 75 Mitarbeiter in ihrem Werk in Hüttenberg, unter der Leitung des Geschäftsführers und Eigentümers Volker Kozian. Dazu kommen weitere 25 Angestellte in Bad Lauterberg, wo die Tochterfirma Kuhlmann ihre Fräsmaschinen herstellt.
Alles ist unter einem Dach: Von den Programmierern, die für die ständige Weiterentwicklung der Programme verantwortlich zeichnen, über die Ingenieure und Maschinenbauer, die Fräsen und Scanner nach Kundenwünschen entwerfen und zusammenbauen, bis hin zu Schulung und vor allem dem Kundendienst. Bei Lang ist man stolz darauf, dass man dem Kunden Komplettlösungen aus einer Hand anbieten kann, die anhand der Standardmodelle speziell für bestimmte Aufgaben entwickelt werden – und das nicht nur für Kunden aus dem Münzbereich.
Im kleinen Ausstellungsraum von Lang sieht man Formen, wie sie mit Lang-Fräsen hergestellt wurden. Foto: Lang GmbH & Co. KG.
Die Verpackungsindustrie gehört zu den wichtigen Zielgruppen von Lang. Aber auch die Medizintechnik und die Schmuckindustrie sowie Unternehmen aus dem Werkzeug- und Formenbau greifen auf Maschinen von Lang zurück.
So können Formen für die Herstellung von Reifenseitenwänden aussehen. Foto: Lang GmbH & Co. KG.
Größter Kunde ist die Automobilindustrie. Lang ist Marktführer bei der Werkzeugherstellung von Formen für die Reifenseitenwände und Profile. Gleichgültig, welches Fabrikat Sie fahren, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde Ihr Reifen mit Formen hergestellt, die auf einer Lang-Maschine entstanden sind.
Eine neue Entwicklung von Lang: Der Rainbow-Effekt im Münzbild. Foto: Lang GmbH & Co. KG.
Das Thema Münzen bzw. Münzstempelproduktion gehört bei Lang wie gesagt schon seit den 80er Jahren zum Leistungsspektrum. Die Maschinen, die hier ausgeliefert werden, machen ca. 10 % des gesamten Umsatzes aus. Ein wichtiges Verkaufsargument für die Firma Lang ist dabei die Tatsache, dass sie alles aus einem Haus anbieten können, von der Digitalisierung des Modells beziehungsweise der CAD (Computer-aided-design) / CAM (Computer-aided-manufacturing) Software zum Entwurf von Motiv und Umschrift mittels Computer bis hin zur Maschine, die alle so gewonnenen Daten ohne Zwischenstufen direkt in einen Münzstempel umwandelt.
Bei der Entwicklung von Spezialanfertigungen sitzen deswegen Spezialisten aus allen Bereichen an einem Tisch, was den Entwicklungsvorgang entscheidend beschleunigt.
Ein Blick in die Produktionshalle von Lang. Foto: Lang GmbH & Co. KG.
Gebaut werden die Maschinen speziell nach Kundenvorgaben in der großen Fertigungshalle. Hier entstehen zum Beispiel die CNC (Computerized Numerical Control) Fräsmaschinen der Impala-Serie, aber auch all die anderen Spezial-Fräsmaschinen für andere als die Münzindustrie, nicht zu vergessen die Pulsaris, eine Lasermaschine, die selbst feinste Gravuren ausführt, wie sie zum Beispiel die Basis bilden für den neu entwickelten Rainbow-Effekt.
Übrigens, für all diejenigen, denen – wie mir – nicht ganz klar ist, wo die Vorteile des mechanischen Fräsens gegenüber der modernen Lasertechnik sind: Mit dem mechanischen Eingriff des traditionellen Fräsens können wesentlich größere Metallmengen auf einmal von dem Rohling abgetragen werden, so dass relativ schnell ein tiefes Relief entsteht. Bei der Lasertechnik hingegen wird mit einem Lichtstrahl das Material derart erhitzt, das es förmlich verdampft. Damit können wesentlich feinere Strukturen produziert werden. Möglich ist aber auch eine Kombination beider Verfahren. Hierbei wird zunächst mittels Frästechnik der Großteil des Materials abgetragen. Im Anschluss hilft der Laser feinste Strukturen in das Relief einzubringen, die so filigran sein können, dass man sie mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Diese Möglichkeit ist insbesondere bei Kunden aus dem Bereich der Sicherheitsindustrie sehr beliebt. Eine Kombination der beiden Verfahren ist aber auch aus wirtschaftlicher Sicht von Vorteil, da die Frästechnik beim Abtragen von größeren Materialmengen ihre Leistungsstärke optimal entfalten kann und somit Produktionszeiten so kurz als möglich gehalten werden können.
Eine Basis aus Granit sorgt mit ihrer Stabilität für höchste Präzision. Foto: UK.
Für größtmögliche Genauigkeit sorgt in jeder Maschine von Lang eine Basis aus Granit. Dieses Gestein, das mehr als 2 Kilometern unter der Erdoberfläche aus erstarrtem Magma der unteren Erdkruste entstand, weist wesentlich bessere Eigenschaften hinsichtlich der Schwingungsdämpfung und der Temperaturveränderung auf als Stahl oder Polymerbeton.
Joachim Steidel führt die Leistungsfähigkeit der Pulsaris 300 vor. Links von ihm Herr Bauer, Anwendungstechniker. Foto: UK.
In der Praxis bedeutet das eine Genauigkeit, die im Mikrometer-Bereich liegt.
Ein Blick auf einige gerade entworfene, spezielle Bestandteile einer Maschine von Lang. Foto: UK.
Hier entsteht die Elektronik, die im Inneren verborgen ist. Foto: UK.
Herr Serafin, Leiter der Programmier-Abteilung. Foto: UK.
Auch die Programme entstehen bei Lang, im 1. Stock des Haupthauses.
Ein Blick in das Warenlager, in dem Ersatzteile für den Versand zum Kunden vorbereitet werden. Foto: UK.
Das ist mit ein Grund, warum Lang einen ganz besonders intensiven Kundenservice bieten kann. Schließlich sind alle Ansprechpartner im Haus. Das bedeutet, dass das Bedienungspersonal einer Lang-Maschine eine ganz besonders intensive Schulung in allen Bereichen erfährt. Bedarf es dennoch einer Hilfestellung, so kann dies in 85 % aller Fälle online gelöst werden. Bei den restlichen 15 % reist entweder ein Mitarbeiter von Lang an, um sich die Maschine selbst anzusehen, oder – was wesentlich häufiger der Fall ist – ein Ersatzteil wird geschickt, damit die Arbeit sofort weitergehen kann, während man sich in Hüttenberg später und in aller Ruhe des ausgefallenen Teils annimmt. Die Ersatzteillieferung ist dabei so optimiert, wie Joachim Steidel stolz erzählt, dass man meist über Nacht liefern kann, nur nach Asien geht es zwei Tage. Und häufig dauere der Weg vom Posteingang im Haus bis zum wartenden Mitarbeiter an der Maschine wesentlich länger als der Versand von Hüttenberg auf einen anderen Kontinent.
Das Reich von Herrn Joachim Steidel. Foto: UK.
Überhaupt, das ist eines der größten Probleme von Joachim Steidel, Sales Manager bei Lang: Die Maschinen, die er verkauft, sind extrem langlebig und seine Kunden brauchen eigentlich nie Ersatz dafür. Die meisten laufen seit 20 Jahren problemlos.
Um trotzdem auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben, hat Lang deshalb ein Programm für seine Kunden entwickelt, mit dem es alle Maschinen – egal welches Baujahr – auf den aktuellen technischen Stand bringen kann.
Bei aller weltweiten Vernetzung ist die Lang GmbH übrigens lokal in Hüttenberg außergewöhnlich gut eingebunden. Der weit über die Region hinaus erfolgreiche Handballverein TV 05/07 Hüttenberg, der mehrfach für seine exzellente Jugendarbeit ausgezeichnet wurde, weist auf seiner Website stolz auf seinen Hauptsponsor, die Firma Lang, hin.
Mehr über die Firma Lang erfahren Sie auf der firmeneigenen Website.
Alle Maschinen finden Sie im Produktbereich.
Wenn Sie wissen wollen, wer alles Lang-Fräsen verwendet, klicken Sie hier.
Welchen Service Lang bietet, erfahren Sie hier.
Direkt zu Kuhlmann kommen Sie hier.
Eine Reportage über einen Sieg des TV Hüttenberg können Sie hier sehen.
Wie man Handkäs mit Musik herstellt, dafür findet man bei Youtube eine Anleitung.