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von Ursula Kampmann
29. Oktober 2015 – Was der RIC für die kaiserlichzeitlichen Münzen ist, ist der RPC für die Münzen der römischen Städte und Korporationen in den Provinzen. Muss ich noch mehr schreiben? Vielleicht doch, denn vielen Sammlern ist nicht bewusst, dass das römische Geldwesen nicht so simpel war, wie man es zu Beginn der Sammlerkarriere vermuten könnte. Ja, der Denar lief überall im römischen Reich um, aber daneben gab es jede Menge lokales Geld mit einer Vielfalt von Motiven, die heutige Numismatiker jubeln lässt. Das Problem bei der Angelegenheit: Es war relativ schwer einen repräsentativen Überblick über diese Münzen zu erhalten, wohlgemerkt war, denn für die Zeit der Herrschaft des Nerva, Trajan und Hadrian gehört dieser Zustand der Vergangenheit an. Nun sind alle Gepräge der römischen Provinzen aus dieser Epoche in Band III des RPC enthalten.
Michel Amandry und Andrew Burnett, Roman Provincial Coinage III; Nerva, Trajan and Hadrian (AD 96-138). British Museum Press London / Bibliothèque nationale de France Paris 2015. 1.368 Seiten, 356 sw Tafeln, 5 Karten. 2 Bände, Hardcover in Schuber. 22,5 x 28 cm. ISBN 978 0 7141 1827 7. 195 Pfund.
Zwei Altmeister der Numismatik zeichnen verantwortlich für den schwergewichtigen Katalog: Michel Amandry, ehemaliger Leiter des Cabinet des Médailles der Pariser Bibliothèque nationale, und Andrew Burnett, ehemaliger stellvertretender Direktor des British Museum. Mehr Renommee auf engerem Raum geht eigentlich nicht. Und dass daneben die Arbeit und die Forschungsergebnisse unzähliger anderer Wissenschaftler in dieses epochale Werk eingeflossen sind – zu nennen ist hier vor allem Jerome Mairat, ist selbstverständlich. So ist der Katalog schwergewichtig im doppelten Sinn. Sein Inhalt wird in Zukunft Dreh- und Angelpunkt für weitere Forschungen sein, und bei den zwei Bänden mit 1.368 Seiten und 356 Tafeln werden sich selbst die stabilsten Bücherregale durchbiegen, wenn sie alle erschienenen RPCs tragen müssen.
Der neue RPC wird anlässlich des numismatischen Kongresses in Taormina vorgestellt. Links Jerome Mairat, in der Mitte Michel Amandry, rechts Andrew Burnett. Foto: UK.
Das Gewicht entspricht dem Material, das verarbeitet wurde: 50.000 Münzen, unterteilt in rund 6.500 Katalognummern, schon das flößt jedem, der sich einmal an einem Katalog versucht hat, tiefe Ehrfurcht ein. Schaut man sich dann noch an, wie detailliert die Münzprägung jeder einzelnen Stadt präsentiert wird, dann gerät man über die Arbeitsleistung, die in diesem RPC steckt, ins Grübeln.
Greifen wir ein Beispiel heraus – nicht ganz willkürlich, denn die besondere Vorliebe der Rezensentin für Pergamon ist nicht geschwunden… Also, Pergamon. Nein, Sie werden Pergamon nicht unter der Überschrift Mysien finden, wie Sie es aus Auktionskatalogen gewöhnt sind. Der RPC bildet römische Verhältnisse ab. So sind die Städte der Provinz Asia in einem Kapitel zusammengefasst und unter den verschiedenen Conventus (= Gerichtsbezirk) verteilt. Pergamon arbeitete eben verwaltungstechnisch eng mit Städten zusammen, die gemäß dem guten alten Head – und unseren modernen Auktionskatalogen – auf der Insel Lesbos und Chios lagen, bzw. in Gegenden, die wir als Lydien und die Aiolis kennen. Was übrigens, wenn man sich den Gerichtsbezirk auf der Karte ansieht, überaus logisch ist. Dass mit dieser auf antiken Gegebenheiten basierenden Katalogisierung ganz andere Zusammenhänge erschlossen werden können, leuchtet jedem ein!
Und für all diejenigen, die das ziemlich kompliziert finden, gibt es einen Index, in dem jede einzelne Stadt aufgelistet ist. Überhaupt die Indices, die sind mit ihren rund 100 Seiten schon fast ein Buch für sich! Was man sich an Index wünschen mag, da ist es: Städte, Herrscher, Legenden, Namen und Titel, Typen, Gegenstempel, wer jemals einen Index erstellt hat, weiß welche enorme Arbeit dahinter steht. Und wer Bücher nicht nur als Deko nutzt, weiß wie wichtig ein umfassender Index ist.
Aber damit sind wir abgeschweift, zurück zu Pergamon. Der Beitrag beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Literatur zur Münzprägung dieser Stadt. Dann werden verschiedene Gruppen der Münzprägung – zusammengehalten durch Münzbeamte, Titulatur oder ein fehlendes Porträt – näher vorgestellt. Die Nominale werden getrennt nach Kaiser gelistet. Und erst dann folgt der eigentliche Katalog mit allen notwendigen numismatischen Angaben: Metall, Durchmesser, Durchschnittsgewicht, Stempelstellung, Beschreibung, Exemplare aus den verschiedenen Sammlungen und – sofern notwendig – ein Kommentar. Natürlich ist jeder einzelne Münztyp abgebildet.
Sie merken es, lieber Leser, ich gerate ins Schwärmen. Ich bin verliebt in dieses unglaubliche Katalogprojekt, das so augenfällig zeigt, dass römische Geschichte nicht nur aus Kaiserviten besteht, sondern aus den Leistungen unzähliger Menschen unterschiedlichster Herkunft, die sich zuerst als Bürger ihrer Stadt empfanden, und erst dann als Römer.
Ach ja, einen Tipp kann ich Ihnen noch geben: Ordern Sie das Werk noch heute. Wer verpasst hat, Band II zu kaufen, weiß, wie schwierig es ist, den zu einem vernünftigen Preis heute aufzutreiben.
Bei Spink können Sie den RPC-Band direkt bestellen.