Lykische Münzen

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von Ursula Kampmann

9. März 2017 – Als Band 4 der türkischen Reihe „Gephyra“ ist ein Katalog von „Lykischen Münzen in europäischen Privatsammlungen“ erschienen. Er stammt aus der Feder von Wilhelm Müseler, den viele als den für die Antike zuständigen Spezialisten des Frankfurter Auktionshauses Dr. Busso Peus Nachf. kennen. Er interessierte sich schon während seiner beruflichen Laufbahn sehr für Lykien und war am Aufbau einiger der bedeutendsten Privatsammlungen lykischer Münzen beteiligt. Nun summiert er seinen Wissensstand zur Numismatik dieses so interessanten Gebiets zwischen West und Ost, zwischen Griechen und Persern. Er tut dies anhand der Prägungen aus bedeutenden deutschen Privatsammlungen, so der Sammlung Theo Reuter, Dr. Hans Maag und Dr. Kaya Sayar.

Wilhelm Müseler, Lykische Münzen in europäischen Privatsammlungen. Gephyra Monographien Bd. 4. Istanbul 2016. 230 S. mit Abbildungen in Schwarz-Weiß. Hardcover. 21,3 x 30,2 cm. ISBN: 978-605-396-421-6. 69 Euro.

Er schickt seinem Buch ein mehrseitiges Vorwort voraus, bei dem manchem Archäologen, manchem Museumskurator und manchem Kulturgut beflissenen Politiker die Ohren klingen mögen. Um dem Irrglauben, nur Münzen aus „archäologischem Zusammenhang“ seien für die Forschung von Interesse, entgegenzutreten, entscheidet sich Wilhelm Müseler bewusst, nur Münzen aus Privatsammlungen zu benutzen, um seine neue Geldgeschichte Lykiens zu schreiben. Die Rezensentin versteht das, mag es aber dennoch nicht befürworten. Für die Wissenschaft braucht es beides: Museen und Grabungsbefunde genauso wie Privatsammler. Nur weil einige Archäologen so dumm sind, eine Seite zu ignorieren, sollten wir gründlich überlegen, ob wir diese Dummheit wirklich nachahmen wollen.

Gegliedert ist das Buch in zwei Teile: in eine Einführung und einen Katalogteil. In der 71(!) Seiten umfassenden „Einführung“ gibt Wilhelm Müseler seine Auffassung der lykischen Geldgeschichte wieder. Er tut es in erster Linie mit Hilfe der Münzen, indem er sie genau analysiert. Dazu gehören Kapitel über die Gewichtsstandards, die Legenden, die Abbildungen und die Beizeichen. Hinsichtlich der Chronologie folgt er im Wesentlichen Novella Vismara und ihrer für die Sammlung Winsemann-Falghera erarbeiteten Abfolge, auch wenn er für einzelne Epochen eigene Lösungen vorschlägt.
Die wirklich umfangreiche „Einführung“ endet mit den historischen Schlussfolgerungen, in denen Wilhelm Müseler die Geschichte Lykiens anhand der Münzen, soweit möglich, rekonstruiert. Er tut dies gründlich, kenntnisreich, gelegentlich ein wenig apodiktisch und mit einer überschäumenden Lust an der akademischen Kontroverse. 

Für den Münzhandel wird der Katalog der nützlichste Teil des Buches sein, vor allem weil sich darin zahlreiche Münzen finden, die im Handel oft, in den relevanten Publikationen von Museumsbeständen nie vorkommen. Die Einteilung des Katalogs in Kapitel folgt der Chronologie. Jede einzelne Münze ist mit allen für die Katalogerstellung relevanten Daten beschrieben: Prägender Dynast oder prägende Stadt, Nominal, ungefähres Datum und – bei Dynasten – die vermutete Prägestätte. Ferner gibt Müseler eine genaue Beschreibung und nennt das zugehörige Literaturzitat, soweit vorhanden, das Gewicht und die Auktion, aus der das Stück stammt. Man merkt deutlich, dass Wilhelm Müseler in seinem Leben viele Münzkataloge geschrieben hat und weiß, welche Daten gebraucht werden. Eine Angabe allerdings fehlt: Die Sammlung, in der die katalogisierte Münze heute zu finden ist.

Wollte man eine Kritik anbringen, so würde sie darin liegen, dass es heute eigentlich Standard ist, Münze und Beschreibung so zu montieren, dass der Leser sie gleichzeitig sehen kann. Dies wurde nicht gemacht. Tafeln und Beschreibung sind getrennt.

Das nimmt diesem Buch aber sicher nicht das Verdienst, endlich das reiche Material zusammenzustellen, das in den letzten Jahrzehnten aus Lykien auf den Markt gekommen ist, und es in seiner Bedeutung für Geschichte und Geldgeschichte dieses Gebiets zu interpretieren. Der Münzhandel dürfte die „Lykischen Münzen in deutschen Privatsammlungen“ wegen seiner großen Nützlichkeit schnell rezipieren. Wollen wir hoffen, dass das Buch in der Wissenschaft die gleiche Aufmerksamkeit erfährt.