von Ursula Kampmann
11. Februar 2016 – Zunächst eines: Wer keine Lust hat, sein altes Wissen zu hinterfragen, um neue Gesichtspunkte zu integrieren, sollte die Finger von diesem Buch lassen. Denn es stellt vieles, was wir über den Makkabäer-Aufstand zu wissen glauben, in Frage.
David M. Jacobson, Antioch and Jerusalem. The Seleucids and Maccabees in Coins. Spink, London, 2015. 176 S., 14,5 x 22,2 cm, durchgehend farbig illustriert. Hardcover. 978-1-907427-54-1. GBP 30.
Jedes Jahr feiern jüdische Familien Chanukka, das Lichterfest. Es ist eine Art historischer Gedenktag, genau wie Pessach oder Sukkot, das Laubhüttenfest. Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des Tempels von Jerusalem. Der seleukidische König Antiochos IV. hatte ihn in jüdischen Augen durch seine Gleichsetzung von Jahwe mit Zeus entweiht. Im Jahr 164 v. Chr. konnte der traditionelle Tempeldienst wieder aufgenommen werden. Ein Wunder ist damit verbunden, das die acht Tage des Festes erklärt: Als man den siebenarmigen Leuchter, die Menora, entzünden wollte, fand sich nur noch ein einziger Krug mit geweihtem Öl. In nur einem einzigen Tag verbrauchte der riesige Leuchter das Öl – normalerweise. Denn wunderbarer Weise reichte dieser eine Krug ganze acht Tage, genau die acht Tage, die es dauerte, um neues, geweihtes Öl herbeizuschaffen…
Chanukka ist also eine ganz delikate Angelegenheit. Die Geschichte von Chanukka gehört zu denen, die jüdischen Kindern schon ganz früh erzählt werden. Niemand konfrontiert gern seine Lieblingsgeschichten aus der Kindheit mit der Realität. Doch David M. Jacobson ist der richtige Autor, um sich diesem Thema zu stellen. Er ist ein Spezialist für jüdische Geschichte und Archäologie und Honorary Research Fellow im Department of Hebrew and Jewish Studies am University College London. Er gibt das Palestine Exploration Quarterly heraus und hat zahlreiche wichtige Bücher über jüdische Archäologie und Geschichte verfasst.
Seine große Leistung ist es, die Geschichte nicht auf Juden und Seleukiden zu beschränken. Er sieht das ganze Bild, bezieht auch die umliegenden Völker und die Auseinandersetzung der hellenistischen Herrscher mit Rom in seinen Erzählstrang ein. So gewinnt die Darstellung eine Tiefe und eine Plausibilität, die in den eher schwarz-weiß gestalteten Darstellungen, die sich ausschließlich auf das 1. Buch der Makkabäer und Flavius Josephus stützen, nicht zu finden ist.
Wichtigstes Zeugnis für die Rekonstruktion der Ereignisse sind natürlich die Münzen. Und die benutzt der Autor ausgiebig. Kaum eine Seite hat keine Münzdarstellung aufzuweisen. Das Layout, das dafür erarbeitet wurde, ist sehr gelungen. Die Münzen erscheinen mit dem zugehörigen Kommentar in einer eigenen Spalte neben dem Text. Die zahlreichen Quellenzitate werden durch einen dunkleren Hintergrund vom eigentlichen Text abgehoben. Nimmt man noch die vielen Fotos und Pläne von archäologischen Zeugnissen dazu, gewinnt man einen Eindruck, wie vielseitig die Quellen sind, anhand derer David M. Jacobson seine Geschichte erzählt.
Es lohnt sich sehr, diese Geschichte zu lesen. Denn „The Seleucids and Maccabees in Coins“ zeigt wieder einmal, dass jede Epoche sich ihre eigene Geschichte schreibt. Und in einer Epoche, in der wir Menschen verstehen, dass „richtig“ und „falsch“, „gut“ und „böse“ häufig nur eine Frage der Perspektive ist, war es Zeit, die Geschichte des Makkabäer-Aufstandes neu zu deuten.
Sie können dieses Buch direkt bestellen bei Spink.