Milchmarken der Schweiz

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von Ursula Kampmann

14. November 2013 – Es ist eine kitzlige Sache mit der Milch. Sie ist ein Grundnahrungsmittel, und das spielt politisch eine Rolle. Schließlich möchten Politiker sicher gehen, dass alle Grundnahrungsmittel in ausreichender Menge für einen vernünftigen Preis zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite tendieren natürlich Bauern wie alle anderen Menschen dazu, ihre Produktpalette zu optimieren, was heißt, mit möglichst wenig Aufwand einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Wenn sie also an der Milch nicht genug verdienen, stellen sie deren Produktion ein. Wenn sie an der Milch zu gut verdienen, produzieren sie so viel wie möglich. Wie also kann man es steuern, dass genug Milch da ist, ohne dass Milchseen entstehen?

Ruedi Kunzmann, Milchmarken der Schweiz. Gietl Verlag, Regenstauf 2013. 464 Seiten, durchwegs farbig illustriert. 15 x 21 cm. Fadenbindung. Hardcover. ISBN 978-3-86646-555-8. 90 Euro.

Einer dieser Lösungsversuche war die Rationierung von Milch und ihre lokale Verteilung. Dafür wurden Milchmarken benutzt, und die präsentiert das neue Werk von Ruedi Kunzmann, der schon mit seinen Büchern über Konsumgeld und Biermarken bewiesen hat, dass Numismatik sich nicht immer mit kostbaren Münzen beschäftigen muss. Sein fast 500 Seiten starkes Opus präsentiert eine Seite der Schweizer Geldgeschichte, die für die älteren Sammler noch selbstverständlich war, von der aber die jüngeren Sammler noch nie etwas gehört haben.

Während es für uns heute selbstverständlich ist, im Supermarkt Waren jeder Art zu erwerben und bar oder per Kreditkarte zu bezahlen, gab es diese Form von Lebensmittelgeschäft zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht. So wurden Milch und Milchprodukte von der nichtbäuerlichen Bevölkerung bei einer Milchgenossenschaft oder einer Sennerei einkauft. Und zwar nicht die einzelne Milchflasche! Stattdessen bezog jede einzelne Familie en gros eine bestimmte Anzahl von Marken, die Tag für Tag gegen das Notwendige eingetauscht wurden. Damit war der Milchmann, der täglich von Haus zu Haus seine Ware auslieferte, nicht mit dem Problem des Wechselns konfrontiert und musste kein Geld in die Hand nehmen, was hinsichtlich der Hygiene Vorteile bot. Außerdem konnte diese Form des Geldes gefahrlos im „Milchkesseli“ liegen gelassen werden, wo es der Milchmann gegen die bezahlte Menge offener Milch eintauschte.
Die Aera der Milchmarken endete Mitte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als die kleinen lokalen Milchgenossenschaften unrentabel wurden, und ihre Milch zu Großverteilern transportierten.

Mit historischen Ausführungen zur Geschichte der Milchmarken beginnt der Autor sein Buch. Es folgen einige Bemerkungen zur Herstellung der Stücke. Nach einer kurzen Zusammenstellung von Preisen, die im Münzhandel für Milchmarken gefordert werden, folgt das Kernstück der Publikation, der Katalog.
2.216 verschiedene Marken konnte Ruedi Kunzmann in seinem Werk katalogisieren. Er teilt dabei in Milchmarken mit Namen, die alphabetisch aufgelistet werden und anonyme Milchmarken. Von jeder Marke ist – soweit möglich – ein Bild beigegeben. Dazu kommen die numismatischen Daten wie Legierung, soweit bekannt, Durchmesser, Prägestätte und zusätzliche Anmerkungen.

Was sich hier so kurz zusammenfassen lässt, gibt nicht einmal einen kleinen Hinweis auf den ehrfurchtgebietenden Fleiß, mit dem Ruedi Kunzmann das Material zusammengetragen hat. Er hat sich auch mit dieser neuen Arbeit um die Numismatik verdient gemacht. Mag die Auflagehöhe nicht mit seinem bekannteren Werk, dem neuen HMZ-Katalog, mithalten! Trotzdem ist dieser Katalog unendlich wichtig! Er überliefert unserer Nachwelt ein Material, das ohne die liebevolle Sammelarbeit des Autors verloren gegangen wäre für die Wissenschaft.

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