Mittelalterlicher PR-Coup um König Artus’ Grab

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von Annika Backe

14. Januar 2016 – In der geheimnisumwobenen Abtei Glastonbury Abbey in der englischen Grafschaft Sommerset finden sich alljährlich Scharen von Besuchern ein, die den Ort als Gründung eines der ersten Jünger Jesu und Begräbnisstätte von König Artus bewundern. Nun enthüllen jüngste Forschungen eines Expertenteams Sensationelles: 900 Jahre saß alle Welt einem PR-Coup aus dem Mittelalter auf.

Die ehemalige Benediktinerabtei Glastonbury Abbey in der englischen Grafschaft Sommerset. Foto: IDS.photos, Tiverton UK / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.de.

Schon seit Jahrzehnten sind die Ruinen von Glastonbury Abbey Gegenstand archäologischer Forschungen. Ein Team um Prof. Roberta Gilchrist von der University of Reading hat nun Funde und Dokumentationen aus der Zeit zwischen 1904 und 1979 mit neuesten naturwissenschaftlichen Techniken kritisch unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler kamen zum Schluss, dass Glastonbury Abbey gar nicht das Grab des sagenhaften König Artus, Begründer der Artus-Sage und zentrale Figur der Legende um den Heiligen Gral sein kann – die Anlage ist schlicht zu jung.

König Artus, Buchmalerei aus den Flores Historiarum von Matthäus Paris, 13. Jh.

Zum einen war der bisher als frühchristlich geltende Friedhof später als die im 10. Jahrhundert gebaute angelsächsische Kirche angelegt worden. Zum anderen datieren die Funde aus dem ‚Artus-Grab‘ des Abtei-Friedhofes in das 11. bis 15. Jahrhundert. Damit ist klar: Der um 500 gestorbene legendäre König hat seine letzte Ruhe nicht in Glastonbury Abbey gefunden. 

Bei der ganzen Geschichte handelt es sich vielmehr um ein von mittelalterlichen Mönchen gezielt in die Welt gesetztes Gerücht. Nachdem ihre Abtei 1184 durch ein Feuer zerstört worden war, hatten sie in akuter Geldnot nach einer neuen Einnahmequelle gesucht. Um Besucher anzulocken, gaben sie Glastonbury als Gründung von Joseph von Arimathäa sowie als Grabstätte von König Artus aus und bauten die Gebäude in bewusst altertümlichem Stil wieder auf. Der klerikale Coup war erfolgreich, das Geld von den Pilgern machte Glastonbury zum zweitreichsten Kloster des Landes.

Tafel an der Stelle, wo sich in Glastonbury Abbey das vermeintliche Grab von König Artus und Königin Guinevere befunden hat. Foto: Tom Ordelman / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de.

Droht Glastonbury nach den neuesten Erkenntnissen aus Mangel an Besuchern ein zweites Mal zu verarmen? Die Experten zumindest gehen nicht davon aus. Die Abtei werde wohl auch künftig Heerscharen von Touristen anlocken, die nun über die Findigkeit der mittelalterlichen Mönche schmunzeln können: Mit Geschichte(n) ließ sich eben immer schon gutes Geld machen. 

Mehr zu den aktuellen archäologischen Forschungen finden Sie hier.

Wenn Sie Glastonbury selber besuchen wollen, bietet dieser Artikel auf Wikivoyage nützliche Tipps.

Glastonbury Abbey hat seine eigene Website.

Und eine Fülle von Informationen zur Artus-Sage finden Sie hier.