von Kate Fitz Gibbon
übersetzt von Björn Schöpe
9. Juni 2016 – Im Mai 2016 hat US-Päsident Obama ein Gesetz unterzeichnet, das die Einfuhrbestimmungen für syrische Altertümer verschärft. Die „Antiquities Coalition“ und andere kunsthandelsfeindlichen Interessengruppen haben den US-Kongress monatelang mit Behauptungen bombardiert, Terroristen würden mit geplünderter Kunst Milliarden Dollar einnehmen. So gelang es ihnen, den H.R. 1493/S.1887, The Protect and Preserve International Cultural Property Act („Gesetz zum Schutz und Erhalt Internationalen Kulturgutes“) durch den Kongress zu peitschen.
Nach der Annahme des Gesetzes durch den Kongress hat eine Studie der Universität Chicago, die teilweise von eben diesen Kunsthandelsgegnern mitfinanziert wurde, derartige Behauptungen widerlegt. Damit wirft die Studie Fragen auf, welche Fakten tatsächlich hinter den Versuchen stehen, den Kongress und die Öffentlichkeit zu beeinflussen.
Die Studie widerlegt den Bericht der Task Force „Kultur in Gefahr“ (Culture Under Threat Task Force Report) der Antiquities Coalition komplett. Darin ruft die Task Force auf, dass jeder, vom National Security Council bis zu den Friedensbrigaden, ein Kulturpolizist werden möge, um die Bedrohung des vermeintlich Milliarden Dollar umfassenden Antikenhandels zu bekämpfen.
Fiona Rose-Greenland recherchierte maßgeblich im Rahmen des MANTIS-Projekts (Modeling the Antiquities Trade in Iraq and Syria, also etwa „Wie man den Antikenhandel in Irak und Syrien gestalten kann“) und ist Post-Doc-Forscherin an der Universität Chicago. Ihr Ergebnis formuliert sie so:
„Seit ISIS sein Plünderprogramm begonnen hat, dürfte es mehrere Millionen Dollar damit verdient haben … Das ist natürlich ein himmelweiter Unterschied zu den 7 Milliarden Dollar.“
Und diese Aussage bezieht sich auf die ganze Welt. In ihrem Artikel „Einblick in ISIS’ Handel mit geplünderten Altertümern“ (Inside ISIS’ looted antiquities trade), erschienen am 30. Mai 2016 in The Conversation, äußert sich Dr. Rose-Greenland folgendermaßen:
„Trotz allem erklären die lückenhafte Datenlage und methodische Fehler alleine nicht völlig, wie 7 Milliarden Dollar in öffentlichen Diskussionen zu ISIS’ Antikenhandel auf 4 Millionen Dollar schrumpfen. Ich glaube, was hier wirklich geschieht, lässt sich auf zweierlei Weise erklären. Zum einen gibt es eine überaktive kollektive Vorstellung vom tatsächlichen Wert von Kunst … Dies verleitet dann Regierungen und andere Gruppen im Kampf gegen den Islamischen Staat dazu, ihre Aktionen mit Aufmerksamkeit heischenden Begriffen zu beschreiben. Es ist natürlich viel leichter, zum Handeln gegen ein 7-Milliarden-Dollar-Verbrechen aufzurufen, als gegen eines im Umfang von 4 Millionen. Während der geheimnisvolle Nimbus des Markts und an den Haaren herbeigezogene Handlungsstränge in Hollywoodstreifen und Abenteuerromanen annehmbar sind, tragen sie nicht dazu bei, die Finanzierungsgrundlage der Terroristen zu verstehen. Und ohne dieses Verständnis werden wir schwerlich echte und dauerhafte Lösungen finden.“
Dr. Rose-Greenland hat Recht. Dauerhafte Lösungen müssen auf Fakten basieren, nicht auf Fantasie. Über ein Jahr lang erklärte das Committee for Cultural Policy dem Kongress und allen, die es hören wollten, dass die genannten Zahlen der Gruppen, die das Gesetz H.R. 1493 unterstützten, völlig unrealistisch hoch waren, dass es keinen illegalen Markt antiker Kunstwerke im Umfang von mehreren Milliarden Dollar gibt und dass es keine Belege dafür gibt, dass in Syrien geplünderte Kunstobjekte in die USA gekommen sind.
Im November 2015 schrieben wir: „Es ist unentschuldbar, dass schlecht recherchierte Behauptungen ohne jegliche Grundlage über inexistente Verkäufe in den USA, die angeblich ISIS finanzieren, den Kongress, die Regierung und die amerikanische Öffentlichkeit von der zentralen Aufgabe abhalten, die wirklichen Einnahmequellen von ISIS trockenzulegen.“
Die Studie wird fortgeführt und ein veröffentlichter Bericht ist noch nicht verfügbar. Auf der Seite des MANTIS Projekts finden Sie weitere Informationen.
Der Artikel erschien auf Englisch zunächst auf der Webseite des Committee for Cultural Policy. Wir veröffentlichen ihn in der MünzenWoche mit freundlicher Genehmigung des Committee for Cultural Policy.