von Ursula Kampmann
7. Februar 2019 – Rund 90 Kolonien soll das archaische Milet gegründet haben, jedenfalls sofern wir Plinius glauben wollen. Auch wenn moderne Historiker diese Zahl wesentlich niedriger ansetzen, können wir wahrscheinlich die Bedeutung der ionischen Stadt Milet und ihre Ausstrahlung gar nicht überschätzen. Trotzdem gibt es bis heute keinen Katalog der archaischen Münzen von Milet, ein echtes Desiderat der numismatischen Forschung also. Und dies umso mehr, als sich viele Numismatiker in letzter Zeit auf die frühe Phase konzentrieren, in der die abendländische Münzprägung entstanden ist.
Rudolf Hilbert, Die Elektronprägung von Milet, 2 Bde. Nomismata 9. Habelt Verlag, Bonn 2018. 511 S. Abbildungen in Farbe und Schwarz-Weiß. Hardcover. 20,6 x 28,6 cm. ISBN: 978-3-7749-4181-6. 89 Euro.
Rudolf Hilbert legt mit seinen zwei Bänden zur Elektronprägung von Milet ein Opus vor, das hinsichtlich der Opulenz an Erkenntnissen erst einmal überwältigt. Ja, er hat das ihm zur Verfügung stehende Material – vollständig und platzsparend abgebildet füllen die über 1.000 Münzen mit Detailaufnahmen immerhin 111 Tafeln – genauestens angesehen und alle der Numismatik zur Verfügung stehenden Methoden angewandt, um zu Ergebnissen zu kommen. Dazu offeriert er statistische Untersuchungen, die ihm der Durchschnittshistoriker(, der Mathematik nur deshalb in der Schule lernte, weil ihm nichts anderes übrig blieb,) wohl am besten einfach glaubt.
Wahrscheinlich werden die unterschiedlichen Nutzergruppen sowieso jeweils nur einen Teil des Buches benutzen. Münzhändler, die möglichst schnell einen Katalog erstellen wollen, dürften sich auf die Seiten konzentrieren, die alle Stempel zusammenstellen – ähnlich wie in Bodenstedts Werk über die Elektronmünzen von Phokaia und Mytilene gibt es einen Stempelkatalog und einen Katalog aller für die Studie benutzten Stücke. Wer deshalb hypergenau sein will und nach Provenienzen fahndet, kommt nicht darum herum, auf den 111 Tafeln im 2. Band „seine“ Münze zu suchen.
Übrigens, auch für die Datierung hat die Arbeit Konsequenzen: Der Autor schlägt eine neue Chronologie für die milesischen Elektronprägungen vor, nämlich 600-570 (Phase 1), 569-547 (Phase 2) und 546-530 (Phase 3).
Sammler werden, ehe sie ihre eigene Münze im Katalog suchen, eher die vierseitige numismatische Zusammenfassung lesen sowie das schöne Kapitel über das archaische Milet.
Und Wissenschaftler dürfen sich durch die 511 Seiten des Gesamtwerkes durchbeißen und sich danach fragen, welche der vielen methodischen Ansätze sie für die eigene Arbeit übernehmen wollen und welche nicht. Für sie, die Wissenschaftler, ist das Buch in erster Linie gemacht.
Bestellt werden kann dieser Band 9 aus der von Johannes Nollé, Hans-Christoph von Mosch und Hertha Schwarz herausgegebenen Reihe Nomismata für 89,00 Euro auf der etwas altmodischen Seite des Dr. Rudolf Habelt Verlags in Bonn. Sie können aber natürlich auch ein E-Mail schicken.
Wenn Sie wissen wollen, was es in Milet heute zu sehen gibt, begleiten Sie uns auf unserer digitalen Reise dorthin.