von Fritz Rudolf Künker
19. Mai 2016 – Der Lebensweg des Numismatikers Peter N. Schulten hatte viele Facetten. Durch den Vater Wolfgang Schulten (1904-1996), einen leidenschaftlichen Münzsammler, wurde das Interesse an der Numismatik schon früh geweckt, die Liebe zu Musik und Literatur hatte er von seiner Mutter geerbt. Durch seinen Onkel, Prof. Hans Schulten (1899-1965), den langjährigen Ordinarius für Innere Medizin an der Universität Köln, wurde er aber durchaus auch anderen, positiven Einflüssen ausgesetzt, die ein tieferes Interesse an der Archäologie und vor allem der Antike weckten.
Peter N. Schulten (1936-2016).
Peter Schulten stammt aus einer Familie von Kaufleuten und Ärzten mit konservativer Ausprägung. Schon sein Großvater war Arzt in Wuppertal und sein Vater Wolfgang leitender Mitarbeiter einer Textilfirma in Wuppertal. Die wahre Leidenschaft des Vaters war aber die Numismatik, auch nach seiner Pensionierung war er Mitarbeiter bei den Münzhandlungen Dr. Busso Peus in Frankfurt und dem Münz Zentrum Albrecht und Hoffmann GmbH in Köln. Mit seinem Buch über die Münzen Karls V. („Deutsche Münzen aus der Zeit Karls V.“, Frankfurt am Main 1974) hat Wolfgang Schulten sich als Numismatiker ein Denkmal gesetzt.
Die Familie Schulten wohnte in Denklingen im bergischen Kreis, in der Nähe von Gummersbach. Peter Schulten, der noch zwei Brüder hatte, von denen einer als Kind starb, machte in Waldbröhl das Abitur. Sein jüngerer Bruder Heiner wurde Facharzt für Chirurgie.
Es ist wohl dem Einfluss seines Onkels Prof. Hans Schulten zu verdanken, dass Peter nach dem Abitur zunächst klassische Archäologie in München bei Prof. Ernst Buschor (1886-1961) studierte, einem der einflussreichsten Archäologen seiner Zeit.
Nach dem akademischen Ausflug in die Archäologie erfolgte eine totale berufliche Neuausrichtung. Peter Schulten absolvierte ein Studium an der pädagogischen Hochschule in Wuppertal und wurde Volksschullehrer.
Es muss um 1960 gewesen sein, als der Kölner Münzhändler Heinrich Pilartz Peter Schulten als Mitarbeiter gewinnen konnte. Pilartz war von Beruf Goldschmied, daher war ein junger Kollege mit wissenschaftlichem Interesse die ideale Ergänzung für die bekannte Kölner Münzhandlung Pilartz.
In diesen Jahren arbeitete Schulten auch an seiner Magisterarbeit und studierte bei Prof. H. Kähler in Köln. Im Wintersemester 1967 nahm die Universität Köln seine Magisterarbeit an. Der Titel lautet „Die Typologie der römischen Konsekrationsprägungen“, diese Publikation wurde 1979 in erweiterter Form im Numismatischen Verlag P.N. Schulten publiziert („Die Typologie der römischen Konsekrationsprägungen“, Frankfurt am Main 1979).
Wenige Jahre später ergab sich die Chance, die Münzenhandlung Dr. Busso Peus in Frankfurt zusammen mit Dieter Raab zu übernehmen (1967).
Schon bald entwickelte sich Dr. Busso Peus Nachfolger unter der Leitung von Dieter Raab und Peter N. Schulten zu einer der führenden Münzhandlungen in Deutschland. Dazu beigetragen haben ausgezeichnet bearbeitete Auktionskataloge, besonders zu erwähnen sind die Versteigerungen der Sammlung des Hamburger Rechtsanwalts Dr. Werner Koch in den Jahren 1970 und 1971.
Die Partner Schulten und Raab trennten sich schon 1973, Peter N. Schulten trat als Partner in das Kölner Münzzentrum Albrecht und Hoffmann GmbH ein. Aber auch in dieser Konstellation zeigte sich schon nach wenigen Jahren, dass – wie auch in anderen Branchen – Partnerschaften im Handel kein leichter Weg sind.
So ging Peter N. Schulten ab 1978 seinen Weg allein, von 1978 bis 1983 in Frankfurt am Main. Neben Auktionen gehörten zu seinen Betätigungsfeldern eine Fachbuchhandlung und ein numismatischer Verlag, außerdem wurden Lagerlisten herausgegeben. Die Firma zog 1983 nach Köln und war in den alten Geschäftsräumen der ehemaligen Münzhandlung Heinrich Pilartz untergebracht, im Klingelpütz, diese Adresse ist jedem Kölner bekannt und ist ein Synonym für das in der Nähe liegende Gefängnis.
Obwohl Peter N. Schulten bei seinen Kunden hohes Ansehen genoss und die Auktionskataloge mit großem Engagement zusammengestellt wurden, blieb der geschäftliche Erfolg hinter den Erwartungen zurück. Mit der letzten Auktion der Münzenhandlung Schulten + Co wurde am 16. Oktober 1990 die eigene Bibliothek versteigert. Dieses gepflegte Objekt stieß auf großes Interesse in Deutschland und auch international.
Ende 1990 gab Peter N. Schulten seine Selbstständigkeit auf und wurde mit Beginn des Jahres 1991 Mitarbeiter der Münzenhandlung Fritz Rudolf Künker in Osnabrück. Das Haus Künker verdankt ihm viel, nicht nur den erfolgreichen Aufbau der Abteilung für antike Münzen. Schulten kümmerte sich auch um die Weiterbildung der jungen Mitarbeiter und baute konsequent und umsichtig die Hausbibliothek aus. So verfügt Künker heute über eine der größten numismatischen Bibliotheken weltweit.
Neben seiner Tätigkeit für die Firma Künker hat er das Standardwerk über die Münzen von Hohnstein verfasst und damit eine Lücke in der deutschen Numismatik geschlossen („Die Münzen der Grafen von Hohnstein von den ersten Anfängen im Mittelalter bis zum Aussterben des gräflichen Hauses 1593“, Osnabrück 1997). Ebenso stammt aus seiner Feder eine Publikation über die römische Münzstätte Trier („Die römische Münzstätte Trier von der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit unter Diocletian bis zum Ende der Folles-Prägung“, Frankfurt am Main 1974).
In seiner langjährigen Tätigkeit als Münzhändler hat Peter N. Schulten auch Ehrenämter übernommen und im Vorstand des Verbandes der deutschen Münzenhändler ebenso gearbeitet wie für den internationalen Verband AINP. Als Herausgeber der Geldgeschichtlichen Nachrichten war er von 1999-2007 tätig und hat für diese Zeitschrift zahlreiche Aufsätze geschrieben.
Peter Schulten war sicherlich ein Mensch mit einem vielschichtigen Charakter und ist Konflikten nicht ausgewichen. Er war absolut geradlinig und loyal, für seine Kunden war er ein wertvoller Berater. Wir behalten ihn auch in bester Erinnerung als eloquenten und gebildeten Gesprächspartner und Gentleman der alten Schule. Wer ihn als Tischnachbarn bei einem der vielen Auktionsessen erleben durfte, war von seinem großen Wissen und seiner Überzeugungskraft, aber auch von seinem rheinischen Humor beeindruckt.
Seine barocke Lebensführung, in Frankreich hätte man ihn vielleicht als „Bonvivant“ bezeichnet, waren ebenso charakteristisch wie sein fatalistischer Umgang mit der eigenen Gesundheit. Er, der selbst aus einer berühmten Arztfamilie stammte, vertraute der ärztlichen Kunst nur wenig. Er hat lange nach seinen eigenen Vorstellungen gelebt und seine Abenteuerlust auch noch im fortgeschrittenen Alter auf ausgedehnten Reisen mit Segelschiffen ausgelebt.
Am 9. Mai 2016 starb Peter Nikolaus Schulten nach längerer Krankheit in der Universitätsklinik in Bonn, er wurde 79 Jahre alt.