von Ursula Kampmann
31. März 2016 – „Es ist ein bisschen, wie wenn jemand sich zum ersten Mal auf eine Expedition in ein unerforschtes Land begibt: Man wird nie alles entdecken, erkunden und erforschen können, und je mehr man sich mit der Materie befasst, desto mehr Neues und Unbekanntes kommt zum Vorschein.“, so schreibt Jürg Richter in seinem Vorwort zu seinen beiden Katalogen der Proben und Materialvarianten von Schweizer Münzen.
Jürg Richter, Die Proben und Materialvarianten von Schweizer Münzen. Band 1: Die Proben und Materialvarianten der Kantonsmünzen. Gietl Verlag, Regenstauf 2016. 335 S. mit zahlreichen farbigen Abbildungen. 17,5 x 24,5 cm. Hardcover, Fadenheftung. ISBN 978-3-86646-573-4. 49,90 Euro.
Tatsächlich sind die Abarten Schweizer Münzen bislang eher ein Gebiet gewesen, mit dem man sich in Anmerkungen beschäftigte und – mit Ausnahme des 1985 veröffentlichten Buchs von Jean-Paul Divo über die offiziellen Proben zu den Bundesmünzen – nicht in einem umfassenden Werk. Und so ist es äußerst nützlich, dass der Autor seinem Katalog erst einmal ein Glossar vorausschickt, um die Terminologie zu klären. „Probe“ ist nämlich ein relativ beliebiger Begriff, der leicht missverstanden werden kann, was in der Werbung für private Emission durchaus genutzt wurde (und wird).
Jürg Richter, Die Proben und Materialvarianten von Schweizer Münzen. Band 2: Die Proben und Materialvarianten der Münzen der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Gietl Verlag, Regenstauf 2016. 248 S. mit zahlreichen farbigen Abbildungen. 17,5 x 24,5 cm. Hardcover, Fadenheftung. ISBN 978-3-86646-573-2. 49,90 Euro.
Warum eine „Probe“ oder „Materialvariante“ geprägt wurde, kann nämlich unterschiedliche Gründe haben. So geht eine „Materialvariante“ vielleicht auf eine Fehlprägung zurück, etwa, weil aus Versehen eine falsche Ronde in der Prägepresse eingelegt wurde. Oder die Münzstätte produzierte bewusst eine „Materialvariante“: Aus höherwertigem Material, um als Geschenk zu dienen, aus minderem Material, um die Stempel zu testen. Nicht zuletzt gibt es die offiziellen und die privaten „Proben“, die aus kommerziellem Interesse ausgegeben wurden.
Wenn es um Gewichtsvarianten geht, dann sind nach 1850 nur wenige offiziell hergestellt worden, die meisten gehen auf einen Prägefehler zurück, weswegen der Autor sie nur im ersten Band aufführt, im zweiten Band auf eine Nennung verzichtet und auf sein Buch über Fehlprägungen und Fälschungen von 1988 verweist.
Nicht zuletzt gibt es dann noch die Fantasieprägungen, die von privater Seite in Anlehnung an bestehende Stücke produziert wurden.
All dies sauber voneinander abzugrenzen und ein von der traditionellen Prägung abweichendes Stück der jeweiligen Kategorie zuzuordnen, ist bereits eine außerordentliche Leistung, für die ein gewaltiger Rechercheaufwand notwendig war.
935 meist farbig illustrierte Nummern umfasst der erste Band des Katalogwerks mit den Proben, Material- und Gewichtsvarianten der Schweizer Kantone (nicht zu verwechseln mit „Kantonalmünzen“; es werden auch ältere Proben, bis zurück ins 15. Jh. aufgelistet). Als Überschrift ist der Münztyp angegeben, also Nominal und Jahreszahl. Um was es sich handelt – Probe, Materialvariante, Gewichtsvariante – findet sich unter Definition. Mit der Schriftauszeichnung „fett“ wird darauf hingewiesen, worin sich diese Variante von der Normalprägung unterscheidet. Natürlich sind die Legierung, das Gewicht und Literaturzitate genannt. Wichtig ist die Rubrik „Hinweis“, in der Jürg Richter die Ergebnisse seiner Forschungen zusammenfasst. In fünf Rubriken soll eine Preisangabe erfolgen, doch diese unterbleibt sehr häufig. Wie soll man auch bei den Seltenheiten wie R4 (2-4 Stücke bekannt) oder R5 (1 Stück bekannt, evt. keines in Privatbesitz bekannt) einen vernünftigen Preis angeben. Ein „LP“ für „Liebhaberpreis“ ist da korrekter.
Häufiger in Auktionen erscheinen Proben und Materialvarianten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 459 Nummern hat Jürg Richter zusammengetragen, davon entfallen 102 Nummern auf die Proben und Materialvarianten zu den beliebten Schützentalern.
Fassen wir es zusammen: Die beiden Katalogbände von Jürg Richter sind eine fabelhafte Ergänzung zu seinem – zusammen mit Ruedi Kunzmann verfassten – HMZ-Katalog der Schweizer Prägungen. Der neue Katalog ist eine kleine Goldgrube, denn was in ihm verzeichnet ist, ist selten und dürfte einen sehr hohen Preis erzielen. In Folge dessen lohnt es sich, in seiner Bibliothek diese beiden Bände zu haben, um sie im Bedarfsfall sofort konsultieren zu können und so keinen Fehler bei An- oder Verkauf zu machen.
Hier können Sie das Buch direkt beim Verlag bestellen.
Für Schweizer Leser mag es sich anbieten, das Buch für 55 CHF direkt in der Schweiz zu bestellen. Hier kommen Sie bei der HMZ Numispost zu Band 1 und zu Band 2.