Rückgabeanspruch nach 2000 Jahren?

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von Björn Schöpe

19. März 2015 – Im antiken Rom waren griechische Statuen so beliebt, dass die Römer als Besatzungsmacht alle Kunstwerke konfiszierten, derer sie habhaft werden konnten. Man stelle sich vor, der moderne Staat Griechenland würde diese Stücke nun aus den italienischen Museum zurückfordern. Immerhin handelt es sich ja um Beutekunst. Irgendwie.

So ähnlich liegt ein Fall, den die Staaten Indien und Afghanistan diskutieren. Zankapfel ist eine riesige Schale aus grau-grünem Granit mit einem Durchmesser von etwa 1,75 Meter und einem Gewicht von rund 400 Kilo. Angeblich soll sie Buddha höchstpersönlich den Bewohnern der indischen Stadt Vaishali um 500 v. Chr. geschenkt haben. Heute befindet sich die Schale im afghanischen Nationalmuseum. Denn vor rund zweitausend Jahren brachte sie der indische Großkönig Kanischka von Vaishali nach Kandahar. Was damals innerhalb eines gewaltigen Reiches transferiert wurde, liegt heute hinter der nationalen Grenze, also in Afghanistan. Und dort befindet sich das Gefäß derzeit im Nationalmuseum Kabul. Soweit so gut.

Vor einigen Jahren begann der Parlamentsabgeordnete Raghuvansh Prasad Singh zu fordern, Afghanistan müsse die Schale umgehend zurückgeben. Immerhin seien die Einwohner von Vaishali die rechtmäßigen Eigentümer. Anfang 2014 konnte Singh tatsächlich durchsetzen, dass ein indisches Expertenteam nach Afghanistan geschickt wurde, um die Schale zu untersuchen. Die Presse kolportierte bereits, dass das Gefäß bald nach Indien zurückkehren würde. Die Mitglieder der Kommission äußerten sich nicht weiter dazu – außer einem.
In seinem Gutachten bestritt der Epigraphiker Dr. Khwaja jede Verbindung des Gefäßes mit dem Buddhismus. Er habe in Kabul die persischen und arabischen Inschriften untersucht, die das Gefäß außen bedecken. Wegen eben jener Inschriften sei er der Überzeugung, dass dies nicht die Schale Buddhas sei. Singh jedenfalls ficht Khwajas Gutachten nicht an: Der Mann sei ja kein Archäologe, sondern nur Epigraphiker …

Die indische Regierung jedenfalls scheint seitdem keine Ansprüche mehr zu stellen. Möglicherweise war man in Neu-Delhi doch der Auffassung, dass zweitausend Jahre Besitz auch Eigentumsrecht verleihen.

Einen ausführlichen Artikel dazu und ein Bild der Schale finden Sie hier.