„Schaut mal: Mami hat eine Schatzkiste gefunden!“

Dieses Bild kommt der echten Schatzkiste ziemlich nahe. Und auch der Inhalt ist in der Realität nicht weniger spektakulär. Bild von Pezibear auf Pixabay.
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Eigentlich wollte Jennie Fitzgerald (38) aus Norwich nur etwas Gutes tun und den Strand von Müll befreien. Mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern verbrachte sie ein Wochenende in ihrem Wohnwagen in Sea Palling an der Küste von Norfolk. Doch am 20. März 2022 kam alles anders. Nach einer Stunde Müllsammeln stieß die Frau, die in der Verwaltung eines Krankenhauses arbeitet, auf ein ungewöhnlich geformtes Stück Holz. Sie grub nach und legte eine Schatzkiste frei – wie aus dem Bilderbuch mit gebogenem Deckel und schwerem Messingschloss.

Wie bricht man eine Schatztruhe auf?

Im ersten Moment dachte sie, es könnte sich um eine Geocaching-Schatzsuche handeln, wie sie später den Reportern gestand. Doch dann schleppte Frau Fitzgerald den schweren Fund eineinhalb Meilen zurück zu ihrer Familie und rief: „Schaut her, Mami hat eine Schatztruhe gefunden!“

Alle waren aus dem Häuschen und begannen, die Kiste mit ihren Zahnbürsten vom Sand zu säubern. Das massive Schloss widersetzte sich allen Versuchen es aufzubrechen. Doch so viel Gewalt war gar nicht nötig, denn unter dem Gewicht des Inhalts gab der Boden nach. Die Finder mussten nur ein wenig mit einem Schraubendreher nachhelfen – und die ersten Münzen purzelten heraus.

The Importance of Being „Ernest“

Auf dem Schloss waren ein VR und eine Krone eingraviert, weswegen Frau Fitzgerald glaubt, der Fund könnte aus viktorianischer Zeit stammen, wie sie der BBC erzählte. Der Inhalt scheint ansonsten sehr bunt zusammengewürfelt zu sein: Über 100 Münzen, vor allem aus viktorianischer Zeit und von Georg III., wenn Frau Fitzgeralds erste Bestimmungsversuche zutreffen, angeblich auch ein paar mittelalterliche oder antike Prägungen. Außerdem enthielt die Kiste eine ganze Menge Edelsteine, einen Siegelring, einen verrosteten Schlüssel, eine beschädigte Taschenuhr und einen silbernen Streichholzhalter mit dem Namen „Ernest“ eingraviert. Doch wer war „Ernest“? Hat er diese Kiste versteckt? Und wann, warum, wo? Wieso legte er auch noch ein Parfümflakon zu den Schätzen? Fragen über Fragen …

Eine Geschichte, wie sie die Medien lieben

Wenn die Eastern Daily Press spekuliert, es könnte sich bei diesem malerischen Fund um eine Zeitkapsel, das Eigentum eines Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg oder gar die Beute eines mittelalterlichen (!) Schmugglers gehandelt haben, dann merkt man, wie sehr dieser Schatz nicht nur die Familie der Finder aufgewühlt hat, sondern auch die englischen Medien.

Frau Fitzgerald hat der Eastern Daily Press ihre ersten Vermutungen anvertraut: „Vielleicht wurde sie (die Kiste, Anm. der Red.) oben auf den Klippen vergraben, vielleicht vor 80 oder 100 Jahren, von jemandem, der in den Krieg musste und möglicherweise nie zurückkam. All die Jahre hat sie im Erdreich verborgen gelegen und dann kam sie durch die Erosion zum Vorschein, die die letzten starken Stürme verursacht haben. Sie sieht nicht so aus, als habe sie lange im Meer gelegen.“

Ist der Schatz ein „Schatz“?

Jennie Fitzgerald hat den Fund umgehend gemeldet und ein Finds Liaison Officer wird den Schatz begutachten. Davon erhofft man sich erste Antworten und vielleicht sogar eine Klassifizierung als Schatzfund im Sinne des englischen Gesetzes. Dann könnte ihn ein Museum kaufen und der Verkauferlös würde aufgeteilt zwischen den glücklichen Findern und dem Eigentümer des Strandes. Die beiden kleinen Kinder jedenfalls hoffen schon darauf, reich zu werden. Reich an Erfahrungen inmitten des Presserummels ist die Familie sicher schon jetzt.

 

Über den Sensationsfund berichtet die britische Presse angeregt (dort können Sie auch Fotos der Finderin und ihrer Schatzkiste samt Inhalt sehen), so die Eastern Daily Press, North Norfolk News, Norfolk Live und sogar die BBC.

Vor mehreren Jahren fanden Ranger auf Costa Rica ähnliche Schatzkisten auf einer Insel, die vielleicht Stevenson zu seinem Roman „Die Schatzinsel“ inspirierte.

Eine echte „Schatzinsel“, die man sogar besuchen darf, ist übrigens Visby in der Ostsee.

Gerade in England ist das Schatzsuchen mit Metalldetektoren ein beliebtes Hobby. Die erfolgreiche Serie „Detectorists“ ist der teils durchaus verschrobenen Spezies Sondengänger gewidmet.