von Ursula Kampmann
8. Juli 2014 – Vom 11. bis zum 14. Mai 2014 tagten die Münzstätten in Mexiko. Wie immer waren die Sitzungen getrennt, während die eine Gruppe sich mit technischen Entwicklungen beschäftigte, diskutierte eine zweite Gruppe über Themen des Marketing. Kirsten Petersen von der Münze Österreich hatte ein hochinteressantes Programm zusammengestellt, in dem neue Medien und der direkte Draht von der Münzstätte zum Kunden im Mittelpunkt standen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Tendenz dahin geht, alle Akteure im Zwischenhandel nach Möglichkeit auszuschalten und statt dem traditionellen Sammler einen neuen Kundenkreis zu erschließen. Die Münze wird dabei zum werthaltigen Souvenir und Lifestyle-Produkt.
Hier finden Sie eine Zusammenfassung aller Vorträge, die in den Sitzungen rund ums Marketing gehalten wurden.
Über diese Links kommen Sie direkt zu den jeweiligen Abschnitten:
- Mr. Patrick Hadsipantelis, We are Minting Digital Stories
- Ms. Claude Giffin, Social Media
- Mr. René Van Dijk, Creating New Business from an Opportunity: New National Sides for Dutch Euro Coins
- Mrs. Kate Holmes, Growing Your Market Through Diversified and Engaging Coin Programs
- Mr. Terry Hanlon, Today’s Bullion Market, How we got here
- Mr. Peter Hug, Profiles of a Bullion Buyer in 2020
- Mr. Michael Haynes, Digital Marketing Explosion for Your Collectible Coins
- Mr. Teru Fujita, Japan Mint’s Approaches to Enhance Customer Relations
- Mr. Matthew Mould, Tools and Tactics for Engaging The Public with their Coins – What does The Royal Mint do?
- Mr. Francisco Jorge Mandiola, Coins and Collecting in Chile
- Mr. Richard Borek Jr., Product and Packaging Innovations
Montag, 12. Mai 2014 – Today’s World
Patrick Hadsipantelis von der Royal Canadian Mint sprach über den Einsatz der neuen Medien bei der Gewinnung von Neukunden. Er stellte fest, dass heute jeder Kunde erwarte, jederzeit auf allen Plattformen – PC, Tablet und Handy – alle Informationen abrufen und natürlich auch alle Produkte kaufen zu können. Durch ihren Einsatz habe die Royal Canadian Mint ihren Ertrag um das Zweieinhalbfache gesteigert, während der Käuferkreis für Gedenkmünzen um das Dreifache gewachsen sei. Ein enormes Ergebnis! Dies sei praktisch ausschließlich den digitalen Medien zu verdanken, und zwar sowohl der hauseigenen Website als auch bezahlten Anzeigen und Social Media. Deshalb werde man sich in Zukunft vor allem im Internet mehr engagieren. Man werde neue Apps schaffen und so auf spielerische Art und Weise alle Möglichkeiten nutzen, die Botschaften der Royal Canadian Mint auf spannende Art und Weise dem Kunden zu vermitteln.
Zum gleichen Ergebnis kam Ms. Claude Griffin von der Monnaie de Paris. Nach drei Jahren auf Facebook hat die französische Münzstätte nun 126.000 Fans, und liegt damit nach dem Louvre und dem Centre Pompidou auf dem dritten Rang der französischen Kulturstätten. Grund für diesen Erfolg sei die gute Betreuung der Seite. So veranstalte man zum Beispiel immer wieder Wettbewerbe – mit großem Erfolg. In der Reihenfolge der Beliebtheit folgten die Postings zu neuen Produkten. Ebenfalls erfolgreich sei Konversation im alten Stil, also eine Art Frage- und Antwortspiel. Besonders beliebt seien außerdem numismatische Geschichten.
Zwei Dinge gelte es zu verhindern. Man dürfe die Seite nicht mit zu viel Werbung zu kommerziell gestalten. Auf der anderen Seite müsse man auf die Qualität der angebotenen Filme und Bilder achten. Hier seien die Nutzer sehr verwöhnt. Es sei besser keinen Film zu bringen als einen schlechten.
Um auf allen Plattformen der Social Networks aktiv zu sein, habe die Monnaie de Paris eine Person angestellt, die sich in Vollzeit ausschließlich darum kümmert. Außerdem arbeite man mit einer Agentur zusammen, die die Monnaie de Paris hinsichtlich der sozialen Medien berate.
Natürlich kam dazu eine Nachfrage aus dem Publikum wegen der Kosten. Hier stellte Claude Griffin fest, dass das Marketing-Budget durch die neuen Verantwortlichkeiten kaum belastet werde, vielmehr könne man durch Social Media auf viele klassische Arten der Werbung verzichten.
Es folgte René Van Dijk von der Royal Dutch Mint, der am Beispiel des Thronwechsels in den Niederlanden zeigte, wie man auch mit einem kleinen Werbebudget die Aufmerksamkeit eines ganzen Landes erreichen könne.
Am 28. Januar 2013 teilte die damalige Königin Beatrix ihrem überraschten Volk mit, dass sie zugunsten ihres Sohnes am 30. April 2013 abdanken werde. Damit bot sich der Royal Dutch Mint die seltene Gelegenheit, die nationale Seite der Kursmünzen zu ändern. Die Münzstätte wollte diese seltene Gelegenheit darüber hinaus nutzen, um neue Sammler zu gewinnen und entwickelte zu diesem Zweck eine ausgefeilte Strategie.
Zunächst entschied man sich, die Zahl der Produkte nicht zu erhöhen, um die finanzielle Leistungskraft der Sammler nicht zu überfordern. Stattdessen wurde die Auflage von einigen Produkten erhöht. Bei einigen wenigen Produkten behielt man die alten Auflagezahlen bei und kreierte so künstlich einen Engpass und damit einen Wertanstieg auf dem Zweitmarkt. Davon profitierten vor allem die treuen Sammler, da sie mittels einer Subskription jedes Produkt zum Ausgabepreis erhielten. Allein das Wissen um diese Tatsache steigerte die Zahl der Subskriptionen um 25 %.
Hinsichtlich des Zwischenhandels geht die Royal Dutch Mint deutlich einen anderen Weg als viele Münzstätten. Sie bezog die Händler von Anfang an in ihre Pläne ein und reservierte 25 % der Auflage ausschließlich für sie.
Den endgültigen Erfolg brachte das unglaubliche Echo, das die Einführung des neuen Münzporträts in den Medien erfuhr. Der königliche Besuch der Münzstätte generierte dabei besonders viele Berichte, und das in allen Leitmedien und zur besten Sendezeit.
Das Ergebnis war hervorragend. Die Royal Dutch Mint konnte nicht nur ihre Verkäufe steigern, sondern auf breitester Ebene neue Kunden und Interessenten gewinnen.
Den letzten Vortrag der Session hielt Kate Holms, ebenfalls von der Royal Canadian Mint. Sie sprach darüber, wie sich der Zuwachs an andersartigen Produkten auf die soziale Struktur der Sammler ausgewirkt habe.
Sie beschrieb den „typischen“ Kunden des Jahres 2007: Männlich, weiß, im mittleren Alter, historisch interessiert und mit Interesse für traditionelle Designs. Ziel war es, den Kundenkreis weg von diesem Kundentyp zu erweitern, weswegen man gerade auf Publikumsevents PR-Maßnahmen organisierte. Ein überaus erfolgreicher Anlass waren dabei die Olympischen Spiele von Vancouver. Als Produzent der Olympischen Medaillen gab man dem Publikum die Möglichkeit, diese im Original zu sehen. 140.000 Besucher, die in keiner Weise dem traditionellen Bild des Sammlers glichen, kamen, um dies zu tun. Für sie wurden neue Produkte geschaffen und neue Verkaufskanäle geöffnet. Heute können Gedenkmünzen bei der kanadischen Post und in Kaufhäusern erworben werden. Viel gebracht, so Kate Holms, habe auch die Partnerschaften mit bekannten Institutionen wie der National Hockey League oder der Canadian Football League.
Die neue Orientierung brachte 173.000 neue Kunden, die bisher 63 Millionen kanadischer Dollar umgesetzt haben. Und die Ambitionen der Royal Canadian Mint reichen noch weiter: 13.3 Millionen Haushalte gibt es in Kanada. Bisher kaufen nur rund 300.000 von ihnen Gedenkmünzen. Dies will man auf 800.000 oder gar 1.000.000 Haushalte steigern.
Die Zukunft des Bullionmarkts und das Münzhobby
Terry Hanlon von Dillon Gage eröffnete die Sitzung mit einem Beitrag darüber, wo heute der Bullionmarkt stehe, und wie man dahin gekommen sei. Jeder sei sich der unglaublichen Preissteigerungen bewusst, die angeheizt von der Finanzkrise in den letzten 10 Jahren zu beobachten waren. Die Nachfrage habe sich in den letzten Jahren vom Westen in den Osten verschoben. Wichtige Märkte seien heute vor allem China und Indien. Bullion habe sich zu einem Mainstreamanlageprodukt entwickelt, das natürlich viele neue Marktteilnehmer anziehe und neue Produkte schaffe. So hätten zum Beispiel die börsennotierten Fonds den Bullionmarkt verändert, aber den realen Barren nicht verdrängt.
Zusammengefasst sieht Terry Hanlon hervorragende Chancen für neue Produkte, die ein begieriger Markt dankbar aufnehmen wird.
Wie wird der typische Bullionkäufer im Jahre 2020 aussehen? Was wird er kaufen? Das fragte sich Peter Hug von Kitco. Er unterscheidet vier Typen: Den Sammler, der kleine Mengen kauft, diese aber so lange wie möglich hält. Den Fatalisten, vielleicht besser Apokalyptiker genannt, der das Ende der globalen Wirtschaft erwartet und für den Tauschhandel gerüstet sein will. Den Konservativen, der einen Teil seines Vermögens in Bullion anlegt. Und den Makler, vielleicht besser Spekulanten, der einen Gewinn aus seiner Tätigkeit ziehen will. Während die Marktchancen für Bullion bei einer stabilen Wirtschaftslage sicher zurückgehen werden, ist vor allem der Sammler ein treuer Kunde, der sich nicht von schwankenden Goldpreisen beeinflussen lassen wird. Peter Hug plädierte bei dieser Gelegenheit für interessante Motive, und sagte ein Ende des Hypes um die „limitierten Auflage“ voraus.
Michael Haynes von Apmex beendete diesen Sitzungstag mit seinem Vortrag zur Explosion des Internethandels. Er zeigte, dass dieser in den letzten Jahren exponentiell zugenommen habe, und das vor allem in China. Gaben 2008 226 Millionen Internetnutzer 627 $ durchschnittlich aus, sind es heute 272 Millionen Menschen, die durchschnittlich 1,177 $ ausgeben.
Vor allem die über die Verkäufe gewonnenen Daten kann ein schlaues System dazu nutzen, den Kunden noch persönlicher zu bedienen.
Dienstag, 13. Mai – Customers in the Modern World
Teru Fujita berichtete darüber, wie schwierig es sei, mit den Beschränkungen eines staatlichen Unternehmens wie es die Japan Mint sei, einen aktiven, jungen Kundenkreis aufzubauen. Man fürchte derzeit die Überalterung der Kundschaft. Um einen Eindruck vom Status Quo zu erhalten, führte man unter den heutigen Kunden eine Befragung durch. Dabei wurde festgestellt, dass in Japan hauptsächlich Männer im Alter über 50 Jahren Münzen sammeln. Diese Bevölkerungsgruppe ist im Vergleich zur Bevölkerungsstruktur Japans überdurchschnittlich stark vertreten. Die meisten von ihnen haben bereits in jungen Jahren zu sammeln begonnen. Das ist erschreckend, da heute in diesen Altersgruppen kaum gesammelt wird. Die Frage ist, ob in den nächsten Jahrzehnten ein großeR Einbruch bei den japanischen Sammlern droht.
Um das Verhältnis zum Kunden zu verbessern, kümmert sich die japanische Münzstätte vor allem um ihre treuen Kunden, indem sie ihnen Beständigkeit in der Produktlinie bietet sowie eine eigene Zeitschrift. Sie versucht aus den Gelegenheitskunden treue Kunden zu machen, durch intensive Betreuung und Werbung in anderen Medien. Seit 2008 ist die Zahl der Kunden tatsächlich stark gestiegen.
Matthew Mould von der Royal Mint berichtet von Maßnahmen, um die Öffentlichkeit näher an ihre Münzen heranzuführen. Ausgangspunkt für diese Maßnahme war die Tatsache, dass bei einer Umfrage ans Licht kam, dass 48 % der Bevölkerung gar nicht wussten, dass es acht verschiedene Denominationen gibt.
Es ging also darum, höhere Aufmerksamkeit zu erzielen. Man versuchte es, indem man die Bevölkerung stärker in den Entstehungsprozess von Sondermünzen einbezog. Eine geglückte Aktion war der öffentliche Wettbewerb zum Entwurf und die Auswahl von 29 verschiedenen Designs für die 50ps, die anlässlich der Olympiade ausgegeben wurden.
Eine andere PR-Aktion aus dem Jahr 2013 war die Gestaltung einer Gromit-Statue durch die Münzstätte, im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Bristol. Die Teilnahme brachte der Münzstätte große Sympathien und unbezahlbare Werbung in den verschiedensten Medien.
Ein großer Erfolg wurde ein bei Facebook ausgeschriebener Wettbewerb, der allen Kindern, die am gleichen Tag wie das königliche Baby geboren werden sollten, einen silbernen Penny versprach. Dies brachte nicht nur 11.000 neue Facebook Fans, sondern auch unbezahlbare Werbung in vielen Medien: 1.300 Artikel in 33 Nationen berichteten sehr positiv über die Aktion. Die Kosten hatten 32,000 Pfund betragen. Der Wert der unbezahlten PF lag über 5 Millionen Pfund.
Matthew Mould stellte noch eine weitere Aktion vor, mit der versucht werden sollte, den chinesischen Markt für die Royal Mint zu erschließen. Man stellte eine Münze aus der Serie der chinesischen Sternzeichen im Victoria & Albert Museum vor. Zu diesem Event lud man nicht nur die wichtigsten chinesischen und US Medien ein, sondern auch Vertreter der Kunstszene und der wichtigsten im United Kingdom angesiedelten chinesischen Unternehmen. Dies brachte einen hervorragenden Erfolg in der chinesischen Presse und steigerte den Verkauf des Produkts enorm.
Seit 1743 werden in der Casa de Moneda de Chile Münzen hergestellt, berichtet Francisco Mandiola. Nichtsdestotrotz ist Chile bisher nicht als Nation von Münzsammlern hervorgetreten. So ist Chile ein wunderbares Beispiel für die vielen Länder, in denen es noch Potential gibt, eine engagierte Sammlerschaft zu entwickeln. Immerhin leben in Chile 16,3 Millionen Menschen mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika. Über 4 Millionen Touristen besuchen jedes Jahr das Land und geben für Souvenirs über 320 Millionen Dollar aus.
1,1 Millionen potentieller Kunden erhofft sich die Casa de Moneda de Chile. Sie bietet ihnen bei Münzbörsen, in Ladengeschäften und über Internet eine Auswahl von Produkten an. Dazu gehören nicht nur Münzen, sondern vor allem Medaillen und seit Mai 2014 eine neue Anlagemünze, der Chilenische Kondor im Gewicht von einer Unze.
Verpackungen
Vor dem Wettbewerb um die schönste Verpackung sprach Richard Borek von MDM Deutsche Münze über die Innovationen von Produkt und Verpackung auf dem Münzmarkt. Er charakterisierte die Sammlermünzen vor dem Jahr 2000 als etwas langweilig. Die Produkte hätten sich lediglich hinsichtlich ihres Prägejahrs, ihres Metalls und ihrer Spezifikationen sowie der Prägequalität unterschieden. Durch das riesige Angebot sei der Markt mehr oder weniger gesättigt gewesen.
Einen Umbruch habe es gegeben durch das Anpeilen neuer Zielgruppen, die innovative Münzideen und Verpackungen erwarten würden. Vor allem der osteuropäische und asiatische Markt hätte mit seinen Bedürfnissen den Sammlermarkt stark beeinflusst.
Neue Techniken, aber auch völlig neue Münzformen hätten die Sammlerwelt komplett verändert. Eine dritte Dimension, Farbe und zusätzlich eingearbeitete Materialien sowie neue, aufwändige und teure Verpackungsideen, die aus dem Sammelobjekt ein Lifestyle-Objekt machen, erreichen neue Zielgruppen. Über die Verpackung stelle man die emotionale Verbindung zwischen der Münze und den damit verbundenen Ideen her.
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