von Kate Fitz Gibbon
aus dem Englischen übersetzt von Annika Backe
7. April 2016 – Obwohl viele Kunsthändler von guten Verkäufen und regem Publikumsverkehr berichteten, wird man sich an die Asia Week New York 2016 wohl weniger wegen der angebotenen außergewöhnlichen Kunstwerke erinnern, wegen der Sonderausstellungen oder des Begleitprogramms in den Museen von New York. Vielmehr lässt eine konzertierte Serie von öffentlichkeitswirksamen Beschlagnahmungen südasiatischer Kunstwerke durch New Yorker Staatsanwälte und die Homeland Security Investigations (Ermittlungsdienst der Heimatschutz-Behörde) die Frage aufkommen, ob die New Yorker Messe als Ausrichtungsort für internationale Veranstaltungen überhaupt noch haltbar ist.
Die erste Beschlagnahmung beim Auktionshaus Christie’s von mit aller nötigen Sorgfalt überprüften Kunstwerken, zeigt, dass ein Mangel an Dokumentation zu Negativwerbung führen kann. In diesem Fall wurden die Objekte von Subhash Kapoor illegal aus Indien ausgeführt (wobei die Dokumentation, die das beweist, in diesem seit neun Jahren andauernden Fall absichtlich von den Behörden zurückgehalten wurde). Eine andere Klage, in der es um eine pakistanische Buddhapadma-Statue geht, macht deutlich, wie sich die beispiellose Anwendung von US-Recht bei Verletzungen ausländischer Eigentümerschaft und Exportgesetzen auf Artefakte auswirkt, die vor mehr als 30 Jahren aus ihren Herkunftsländern ausgeführt wurden.
Fotos vom 16. März 2016 zeigen, wie Beamte der Homeland Security eine offenbar antike Statue aus weißem Marmor auf einer Sackkarre über die East 67th Street fortbringen. Gezeigt wurde die Statue von Leonardo Vigorelli, dem Besitzer der Kunstgalerie Dalton Somaré in Mailand, in einem angemieteten Bereich der New Yorker Galerie. Lark Mason, der Vorsitzende der Asia Week 2016, sagte gegenüber der New York Times, dass Vigorelli die Statue ordnungsgemäß importiert hatte. Er fragte, warum die Behörden nicht zuerst den Galeristen zu diesem Stück kontaktiert hätten. Es hieß, dass Vigorelli die Statue für 50.000 US-Dollar angeboten habe und nicht für die 450.000 US-Dollar, die im Durchsuchungsbeschluss als Wert genannten wurden.
Am 17. März konfiszierten Beamte der Homeland Security drei Objekte sowie Geschäftsunterlagen aus der Nancy Wiener Gallery an der East 74th Street. Die Objekte bestanden aus einer Kalksteinskulptur eines Hindu-Gottes, einem steinernen Relief aus der Kushan-Zeit sowie einem bronzenen Buddha aus Thailand oder Kambodscha.
Nach einer Presseerklärung des U.S. Immigration and Customs Enforcement (ICE; Einwanderungs- und Zollermittlungsdienst) wurde während einer weiteren publikumswirksamen Beschlagnahmung auf der Asia Week ein wohl ins 2. Jahrhundert datierender, aus Schiefer gearbeiteter Kopf des Bodhisattva in einem US-amerikanischen Hafen bei der Einfuhr konfisziert. Der Kopf stammt angeblich aus Pakistan oder Afghanistan und sollte von einem nicht genannten Auktionshaus verkauft werden. Der Wert des Stückes, dessen Echtheit in Frage steht und das eine auffällig reiche Vergoldung an Gesicht, Kopfschmuck und der aufwändigen Frisur zeigt, wurde von der ICE auf mehrere Hunderttausend Dollar geschätzt.
Die meisten der in den letzten zwei Wochen beschlagnahmten Objekte wurden gehandelt von oder waren erfasst in den Akten von Subhash Kapoor, gegen den die US-Behörden schon seit langem ermitteln. Laut eines Berichtes von „Chasing Aphrodite“ vom 18. März fand sich ein Foto einer der Statuen der Sammlung Lahiri in den Akten von Kapoor, mit dem Zusatz “angeblich indischer Schmuggler namens Ranjeet Kanwat.” Vijay Kumar, ein indischer Kunstblogger in Singapur, stellte schließlich die Verknüpfung her zwischen dem Foto der Lahiri-Skulptur und einer Ausstellung im Jahre 2006 in einer Londoner Galerie, in die sie der Sammler eingeliefert hatte. Die Strafverfolgungsbehörden wussten aber nicht, wem die Objekte gehörten. Die Verbindung zur Sammlung Lahiri konnte erst hergestellt werden, als die Stücke im Katalog von Christie’s 2016 veröffentlich wurden.
Die Strafverfolgungsbehörden stellten ihre Fotos zwar dem Blogger Vijay Kumar zur Verfügung, doch machten sie sie nicht öffentlich. Sonst hätten Kunsthändler, Sammler und Museen die Gelegenheit gehabt, mit gebührender Sorgfalt vorzugehen und Objekte als möglicherweise gestohlen zu identifizieren. Die Strafverfolgungsbehörden haben nicht erklärt, weshalb sie Fotos und Kataloge der vermeintlich gestohlenen Objekte nicht mit der Öffentlichkeit, sondern nur mit verschiedenen archäologischen Forschungsstellen geteilt haben (wie z. B. Herrn Kumar oder, wie im Fall der Archive von Medici, Becchina und Symes-Michaelides, dem Scottish Centre for Crime and Justice Research sowie der School of Social and Political Sciences der Universität von Glasgow.
Man weiß von Kapoor, dass er Objekte nicht nur auf unterschiedlichen internationalen Marktplätzen gekauft hat, sondern auch in Indien und Pakistan, wo er aus beiden Nationen den illegalen Export arrangierte. Darüber hinaus hat er sogar den Diebstahl von Objekten aus Tempeln und Bauwerken in Auftrag gegeben. Im Kunsthandel steht Kapoor im Ruf, bereits viele Fälschungen ge- und verkauft zu haben. Dieser Ruf scheint angesichts der kürzlich beschlagnahmten Objekte gerechtfertigt. Ein Video des amerikanischen Senders ESPN zeigt Brent Easter, Special Agent der Immigration and Customs Enforcement (ICE) der Homeland Security Investigations (HSI) in Kapoors New Yorker Lager vor einer Anhäufung offenkundig gefälschter Objekte.
Vielleicht türmen sich die Objekte deswegen in Kapoors Lager auf, weil sie sich als Fälschungen eben nicht verkaufen lassen. Kapoor wurde auch angeklagt, zahlreiche Originale von den wehrlosesten Opfern gestohlen zu haben – armen Dorfbewohnern in Indien und Tamil Nadu. Dennoch gibt die zweifelhafte Authentizität einer Vielzahl von Objekten, die mit Kapoor in Verbindung stehen und während der Asia Week beschlagnahmt wurden, sowie das große Medienecho Anlass, so einiges anzuzweifeln: die Fähigkeiten der Antikenexperten des ICE, die Richtigkeit der Informationen der ICE und den enorm gesteigerten Wert von Kapoors Sammlungen. Fragen entstehen auch hinsichtlich des Problems der Authentizität im Kunsthandel und ob eine Anklage wegen Handelns mit illegal eingeführten Antiken vielleicht hinfällig wird, wenn die Stücke nicht einmal echt sind, so wie es bei einigen der konfiszierten Objekten der Fall war.
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht vom Committee for Cultural Policy am 30. März 2016.