von Ursula Kampmann
8. März 2018 – Das Technical Forum 2018 stand unter neuen Zeichen. Zwar kannte man den neuen, wesentlich größeren Raum schon, in dem die Vorträge gehalten wurden, doch zum ersten Mal reservierten die Organisatoren der World Money Fair eine daran anschließende Messehalle ausschließlich für die Stände der Zuliefererindustrie. Damit wurde das Problem des Laienpublikums wesentlich verbessert, das so nicht mehr den potentiellen Kunden den Weg zu den Ständen versperrte. Außerdem wurden die leicht geänderten Öffnungszeiten von allen Teilnehmern begrüßt. Der traditionelle Empfang nach dem Technical Forum fand im neuen Raum statt, so dass die ersten geschäftlichen Gespräche an den Ständen bereits am Donnerstag Abend stattfanden. Das Ende der WMF wurde nur(!) für die Zuliefererindustrie auf den Samstag Abend vorverlegt. Über diese Maßnahme war unter den Teilnehmern ausschließlich Lob zu hören.
Die Redner sprachen vor einem vollen Saal. Foto: WMF / Andreas Schölzel.
Trotz neuer Teilnahmegebühr: kein Rückgang der Besucher
Eine andere Neuerung war mit größerer Skepsis erwartet worden. Zum ersten Mal erhoben die Organisatoren eine Teilnahmegebühr für einen Platz im Technical Forum. Viele stellten sich die Frage, ob das einen Einfluss haben würde auf die Teilnehmerzahl. Tatsächlich blieb die Teilnehmerzahl verglichen mit 2017 stabil. Es kamen 410 Teilnehmer.
Ein bestens bewährtes Team: Dieter Merkle von Schuler (l.) und Thomas Hogenkamp von Spaleck (r.) moderierten das Technical Forum. Foto: WMF / Andreas Schölzel.
Ihnen wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten, bei dem ein Schwerpunkt auf der modernsten Technologie in Sachen Münzinspektion lag. Dieter Merkle von Schuler und Thomas Hogenkamp von Spaleck, die das Forum abwechselnd moderierten, präsentierten den Besuchern eine spannende Vielfalt von Themen rund um die neuesten technischen Entwicklungen.
Dr. Rolf Müller-Syring berichtet über die Prägung der Giganten. Foto: WMF / Andreas Schölzel.
Die ganz großen Brocken
„Managing the Giants“, so lautete der Titel des ersten Vortrags, den Dr. Rolf Müller-Syring und Dr. Jens Kirste sich teilten. Sie gaben einen Überblick, wozu die Geiger Edelmetalle GmbH aktuell technisch in der Lage ist. Als Beispiel diente ein Großsilberbarren in Münzform, der sich nicht nur durch Farbauftrag, Teilvergoldung und besonders hohes Relief auszeichnete, sondern auch durch sein Oberflächenfinish in „Black Proof“.
Geiger plant, sein Portfolio an geprägten Metallen auszudehnen. 2017 war Titan dazugekommen, für 2018 beabsichtigt man, auch die Metalle Bismuth und Indium zu verarbeiten. Ferner arbeitet Geiger an einer Bimetallprägung mit einem Silberkern und einem Titanring, was die Vorstufe zu einer Trimetallprägung ist.
Besonders in Sachen Sicherheit hat Geiger auf Entwicklung gesetzt. So hat mittlerweile jeder Barren eine gedruckte Seriennummer und ist mit aufwändig gestalteter Vorder-, Rückseite und Rand versehen, um es den Fälschern so schwer wie möglich zu machen.
Geiger wird seine Barren bis zu einem Gewicht von 100 g in Zukunft in der Kapsel liefern, wie es Kunden vor allem in USA von ihren Gradingfirmen gewohnt sind. Größere Partien kommen im Tubus oder der Holzbox und sind mit einem Sicherheitssiegel verschlossen. Dazu werden alle Barren mit einem nur bei Schwarzlicht sichtbaren UV-Druck in Form des Logos markiert.
Es ist also mittlerweile ganz schön viel Technik, die auch im Bullionbereich Einzug hält.
Dr. John Briggs vom Fraunhofer Institut USA referierte über eine neue Methode der Rondenherstellung, das Pushback Blanking (PBB). Foto WMF / Andreas Schölzel.
Rondenherstellung in der US-Mint: Wie man das Glühen vermeidet
10 gewaltige Öfen stehen in Denver und Philadelphia, in denen bisher alle Ronden dem Prozess des Glühens unterzogen wurden. Nun sind die Öfen am Ende ihrer Lebensdauer. Man müsste sie eigentlich ersetzen. Oder besteht eine technische Möglichkeit, ihren Einsatz nach dem Stanzen der Ronde überflüssig zu machen? Diese Frage stellte man sich in der US-Mint. Nun berichteten Richard Robidoux von der US-Mint und Dr. John Briggs vom Fraunhofer Institut USA über das Pushback Blanking (PBB), eine neue Methode der Rondenherstellung.
Das grundsätzliche Problem liegt darin, dass eine Ronde, die auf traditionelle Art und Weise aus einem bereits beim Hersteller vorgeglühten Coil ausgestanzt wird, immer leicht konkav ist und nicht für die Prägung eingesetzt werden kann. Man musste also eine Möglichkeit finden, das zu vermeiden.
Zu diesem Zweck wird das Stanzen jetzt in zwei Vorgänge zerlegt: Während des Vorgang des Stanzens übt ein flacher, auf einer Feder angebrachter Kolben eine Gegenkraft aus, die für eine gerade Oberfläche der Ronde sorgt und sie im Coil hält. Erst in einem zweiten Schritt wird die ausgestanzte Ronde aus dem Coil gedrückt.
Dass diese Methode funktioniert zeigte sein Einsatz für das Umlaufgeld: Inzwischen prägte die US-Münzstätte über 50 Millionen Umlaufmünzen auf Ronden, die im PBB-Verfahren hergestellt wurden. Damit kann sie die teure Anschaffung platzraubender neuer Öfen vermeiden.
Dr. Giulio Locatelli stellt seine neue ölhydraulische Presse vor. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Eine neue ölhydraulische Presse aus Italien
Dr. Giulio Locatelli von dem italienischen Maschinenbauer Locatelli Meccanica stellte seine neue SH-300 vor, eine ölhydraulische Presse, die sich durch ihre Genauigkeit und ihren sparsamen Umgang mit Energie auszeichnet. Im automatischen Betrieb kann man mit dieser Spezialpresse bis zu 7 Objekte pro Minute produzieren.
Julian Verdi (Tera Automation) erläutert seine Vorstellung von „Industrie 4.0“. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Industrie 4.0
Ebenfalls aus Italien kommt der Maschinenbauer Tera Automation. Julian Verdi sprach darüber, was das Schlagwort „Industrie 4.0“ für seine Firma bedeutet.
Das Geheimnis ist eigentlich, dass an allen Stellen die Daten gesammelt und an die zuständigen Stellen automatisch gemeldet werden. So könnte eine vernetzte Software mitrechnen, wie viel Material verbraucht wurde, um rechtzeitig nachzubestellen, während sie dem Auftraggeber gleichzeitig meldet, dass seine Lieferung – zum Beispiel – etwas später ankommen wird, weil es beim Material Lieferungsschwierigkeiten gab.
Der Mensch kann die gesamte Produktion von außerhalb überwachen und eingreifen.
Die Analyse der großen Menge an Daten, die so gesammelt werden, kann für zukünftige Entscheidungen nutzbar gemacht werden.
Was aus dem Blickwinkel der Rentabilität unvermeidlich zu sein scheint, wirft große philosophische Probleme auf. Denn die Idee hinter „Industrie 4.0“ ist natürlich, den Menschen überflüssig zu machen. Nur, was machen wir mit all den überflüssigen Menschen?
Aber, wie Theodor Fontane sagen würde: Das ist ein zu weites Feld – und das Technical Forum sicher nicht der Platz, um diese Frage auszudiskutieren.
Héctor Lorente von Sempsa stellte Einsatzmöglichkeiten digitaler Kameras vor. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Automatisierte Qualitätskontrolle
Gleich drei Sprecher beschäftigten sich mit Fragen der automatisierten Qualitätskontrolle. Héctor Lorente von Sempsa sprach über den Einsatz von digitalen Kameras, die mittels photometrischem Stereo eine Ronde dreidimensional wiedergeben und so einen eventuellen Fehler in der Ronde besser darstellen und beurteilen können. Diese Anlage wird mit einem automatischen Verpackungssystem gekoppelt, das berührungsfrei ist und so weiteren Schaden an der Ronde vermeidet.
Dr. Svorad Stolc (Austrian Institute of Technology) will die Münzinspektion neu erfunden haben. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Dr. Svorad Stolc vom Austrian Institute of Technology (AIT) sprach sogar davon, die Münzinspektion neu erfunden zum haben. Die neue entwickelte Digitalkamera des AIT macht nicht nur ein Bild vom geprägten Objekt, sondern mehrere hintereinander, die in einer gleichbleibenden Beleuchtung entstehen. Damit erhält das System eine zwei- und eine dreidimensionale Ansicht des Stücks: Möglich werden dadurch sowohl die traditionelle Kontrolle von Ronden und geprägten Münzen, aber auch die Überprüfung von Sicherheitsmerkmalen wie Latentbildern oder eine Oberflächenqualität. Das System sei einfach zu handhaben und arbeite extrem schnell, immerhin basiere es auf der derzeit weltweit schnellsten, vom AIT eigens entwickelten mehrzeiligen Digitalkamera. Möglich sei derzeit eine Inspektion von bis zu 3.000 Münzen pro Minute.
Dr. Ralf Freiberger von Mühlbauer informierte über neue Ansätze bei der Prüfung von Umlaufgeld auf Fälschungen. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Dr. Ralf Freiberger von Mühlbauer stellte seinen Vortrag eher auf diejenigen ab, die Umlaufgeld auf Fälschungen hin überprüfen. Dafür ist jetzt ein Feature in der Maschine „Coin Inspect“ integriert, dass bei einem Durchlauf von 3.000 Objekten pro Minute die Maße der Münze – Durchmesser und Dicke – an mehreren Punkten exakt misst.
Die „Coin Text Station“, die 10 Objekte in der Minute bewältigt, ist sogar in der Lage, mittels X-Ray Fluoreszenz die Zusammensetzung einer Münze zu bestimmen. Sie kann durch die exakte Analyse des Reliefs einer Münze, solche Stücke aussondern, die mittels eines vom Original abgeformten Stempels hergestellt wurden.
Zählen in neuer Geschwindigkeit
Die Firma Velec hat mit ihrer VELEC SB600 eine neue Dimension bei der Geschwindigkeit des Münzzählens erreicht. Große Münzen verursachten traditionell ein Problem beim Hochgeschwindigkeitszählen. Während man bei kleinen Münzen die Zählgeschwindigkeit durch eine Vergrößerung der Rotationsgeschwindigkeit erhöhen kann, mit der die Zentrifugalkraft die Münzen durch das System befördert, funktioniert dies nicht für größere Münzen. Eine zu große Zentrifugalkraft bewirkt, dass die Münzen nicht mehr in die Öffnung abgegeben werden, über die das Zählen funktioniert. Damit nimmt die Effektivität beim Zählen von Münzen mit großem Durchmesser bei hoher Zentrifugalkraft ab und nicht zu..
Velec hat nun eine neue Technik erarbeitet, die auch bei großen Münzen die Zentrifugalkraft nutzbar macht, so dass mit der neuen, patentierten Maschine bis zu 8.000 Münzen pro Minute gezählt werden können. Das gilt für Münzen mit einem Durchmesser zwischen 13 und 40 mm bzw. 0,9 bis 4 mm Dicke.
Prof. Paulo Martins stellte ein Computerprogramm vor, das die Berechnung des Materialflusses mittels der Finite-Elemente-Methode optimiert. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Finite Elemente und die Korrektur von Stempelprofilen
Probeprägungen werden heute quasi überflüssig durch Computerprogramme, die einen Stempel daraufhin analysieren, ob seine Darstellung das Material optimal formen wird. Die portugiesische Münzstätte INCM hat in Zusammenarbeit mit Técnico Lisboa ein neues Computerprogramm erarbeitet, dass die Berechnung des Materialflusses mittels der Finite-Elemente-Methode optimiert. Prof. Paulo Martins stellte es in seinem Vortrag vor.
Das neue Verfahren integriert einen Haufen-Kompressions-Test, der die Spannungs-Dehnungs-Kennlinie direkt von den Münzronden ausgehend bestimmt. Mit Hilfe der in Einklang mit dem Computerprogramm abgeänderten Stempeln kann bei der Prägung nicht nur der Druck und die eingesetzte Prägekraft reduziert, sondern auch die Stehzeit der Stempel verlängert werden.
Michael Groves (Royal Canadian Mint) stellte eine Alternative, die anstelle kostpieliger Probeprägungen eingesetzt wird. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Die Royal Canadian Mint hat sich, wie Michael Groves berichtete, mit exakt demselben Problem beschäftigt und ein eigenes Verfahren entwickelt, dessen Effizienz sie an einem hoch komplexen Projekt demonstrierten: Der Gedenkmünze zum 125. Jahrestag des Stanley Cup, bei der es sich um eine halbierte Replik der Trophäe im Miniformat handelt. Damit weist die zu prägende Gedenkmünze ein extrem hohes und komplexes dreidimensionales Relief auf und hat eine völlig irreguläre Form. Solche Prägungen werden erst durch eine völlig neue Technologie der Royal Canadian Mint, die Reliefs von einer Höhe von bis zu 6 mm produziert, möglich.
Um so ein Stück zu prägen, wären im Normalfall zeitaufwändige und kostspielige Probeprägungen notwendig gewesen. Dank des Computerprogramms ist die Herstellung wesentlich schneller und einfacher möglich.
Siemowit Kalukiewicz (Mint of Poland) zeigte, welche ungewöhnlichen Formen Münzen in Zukunft haben können. Foto WMF / Andreas Schölzel.
Neues von der Mint of Poland – und welche Laser ihre Produkte möglich machen
Was kann nach Gedenkmünzen in Form von Zylinder, Pyramide, Globus, Ei und Glocke noch kommen? Siemowit Kalukiewicz verrät es. 2017 produzierte die Mint of Poland einen Fisch, dessen Schwanz sich umbiegt, so dass der Prägedruck gleichzeitig nach unten, zur Seite und nach oben ausgeübt werden muss. Dafür werden zunächst eigens Ronde in Fischform angefertigt, deren Schwanz nach oben vorgebogen wird. Diese werden mit einem komplexen, mehrteiligen Stempel geprägt, der aus vier Elementen besteht: Einem Oberstempel, einem Unterstempel, einem Seitenstempel und einem Innenstempel.
Wir dürfen gespannt sein, was sich die Mint of Poland im nächsten Jahr überlegt.
Ausgangspunkt dürften auf jeden Fall wieder Stempel sein, die mit ACSYS Lasertechnik graviert wurden, wie Alexander Aminidis berichtet. Er zeigte, wie einfach das Gravieren eines Stempels mit reliefierter Oberfläche sein kann. Mit Hilfe der neuen dynamischen Fokuskontrolle setzt der Laser selbsttätig ein auf glatter Oberfläche designtes auf eine gewellte oder anderweitig gestaltete Stempelfläche um. Dieses neue Feature kann in Nano- und Pico-Laser integriert werden, dabei sind beim Pico-Laser bessere und schnellere Resultate in der Gravur zu erzielen, während beim Nano-Laser mehr Möglichkeiten existieren für feinste Mattierungen.
Dr. Manfred Matzinger-Leopold von der Münze Österreich spricht mit Kolleginnen von der Mint of Finland. Foto: WMF / Andreas Schölzel.
Der anschließende Empfang, der erstmals in der neuen Messehalle für die Zuliefererindustrie stattfand, war eine willkommene Gelegenheit, über die Präsentationen zu sprechen und neueste technische Entwicklungen zu diskutieren.
Das vollständige Programm des Technical Forum finden Sie hier.
Die Präsentationen aller Redner stehen auf der Website der World Money Fair zum Download bereit. An dieser Stelle finden Sie auch die Präsentationen früherer Jahre.
Hier kommen Sie zu unseren Bericht über die World Money Fair.
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