von Ursula Kampmann
14. Juni 2018 – Haben Sie jemals Laien durch eine numismatische Ausstellung geführt? So ziemlich der erste Kommentar, mit dem Sie konfrontiert werden, wird lauten: Und was konnte man sich damit früher kaufen? Dass dies keine moderne Frage ist, zeigt die Tatsache, dass bereits einer der frühesten Antiquare der britischen Inseln, Sir Thomas Smith (1513-1577), ihr eine ausführliche Abhandlung widmete. Gedruckt wurden seine handschriftlich notierten Überlegungen wohl aus dem Jahr 1562 bis heute nicht. Nun erscheinen sie erstmals als Buch, begleitet und eingeordnet, sowie mit ausführlichen Anmerkungen versehen durch Andrew Burnett, Richard Simpson und Deborah Thorpe.
Andrew Burnett, Richard Simpson, Roman Coins, Money, and Society in Elizabethan England. Sir Thomas Smith’s „On the Wages of the Roman Footsoldier“ with a transcription by Deborah Thorpe. Numismatic Studies 36. The American Numismatic Society, New York 2017. 227 S. mit farbigen Abbildungen. Hardcover. 21,7 x 30,4 cm. ISBN: 978-0-89722-352-2. US$ 80 + Versandkosten bzw. 60 GBP.
Der neue Band der Numismatic Studies der ANS ist viel mehr als die Publikation eines längst veralteten Zeugnisses unserer geldgeschichtlichen Forschungen. Er gibt einen tiefen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Numismatik und die Einbindung ihrer Vertreter in die höchsten Ämter der Politik. Sir Thomas Smith war weit mehr als ein Wissenschaftler in seinem Elfenbeinturm in Cambridge. Er unterrichtete Naturphilosophie und Griechisch, erwarb in Padua einen Abschluss in Jura, amtierte als Staatssekretär und erledigte wichtige diplomatische Missionen im Auftrag des Königshauses. Und daneben sammelte er Münzen und publizierte sein numismatisches Werk über den Sold der römischen Soldaten.
So ist die Biographie des Autors mit einer besonderen Berücksichtigung der Numismatik für eine Publikation seiner Schrift unumgänglich. Richard Simpson widmet sich ihr auf 71 Seiten. Er erweckt den englischen Politiker-Wissenschaftler zu neuem Leben. Simpsons Ausführungen zu lesen, hat den angenehmen Nebeneffekt, dass man sich als Numismatiker daran erinnert, dass unsere Leidenschaft einst von den führenden Köpfen jedes europäischen Reichs geteilt wurde.
Andrew Burnett fasst in seinem Beitrag von etwa der gleichen Länge den Inhalt des vorgestellten Buches zusammen und ordnet Smiths Erkenntnisse in die damalige Forschung ein. Er stellt die drei erhaltenen Handschriften des Buchs vor, rekonstruiert und datiert den Originaltext und sucht ausführlich nach den Quellen, die Smith benutzte. Anhand des Texts katalogisiert er sogar die numismatische Bibliothek, auf die Smith zurückgreifen konnte.
Wir erfahren außerdem, dass Smith in Cambridge bereits Gleichgesinnte um sich hatte: Er agierte als Münzsammler also nicht im luftleeren Raum. Auch – um nur ein Beispiel zu nennen – William Cecil, führender Politiker zur Zeit Elisabeths I. verfügte über eine gute Münzsammlung.
So werden wahrscheinlich viele Nutzer dieses Buchs die spannende ersten beiden Kapitel dem eigentlichen Text des Werks aus der Feder von Sir Thomas Smith vorziehen. Auch wenn dieser vorbildlich transkribiert wurde und alle lateinischen Passagen in englischer Übersetzung mitgeliefert sind. Deborah Thorpe hat sich dieser aufwändigen und anspruchsvollen Arbeit unterzogen.
Das spannende Werk ist natürlich kein Katalog, den jeder Münzhändler in seiner Bibliothek braucht. Aber es ist ein aufregendes Zeugnis dafür, wie alt die Numismatik ist und wie tief verwurzelt sie während der frühen Neuzeit in der Welt der Mächtigen war. Eine wunderbare Lektüre für jeden, der sich für die Vergangenheit der Numismatik interessiert!
Das Buch ist bei der ANS erschienen, und kann dort auch gekauft werden.
Für Europäer dürfte es einfacher sein, das Buch über Oxbow zu beziehen.