von Ursula Kampmann
2. August 2018 – Es ist mir nur einmal in meinem Leben passiert, dass gleich zwei Professoren mich beauftragt haben, einer Numismatikerin in ihrem Namen Blumen zu schenken, wenn ich sie besuche. Ulla Westermark hat mit ihrer ruhigen, freundlichen und bescheidenen Zurückhaltung viele numismatische Freunde (und Verehrer) gewonnen, die sie gleichzeitig wegen ihrer profunden Kenntnis der griechischen Numismatik schätzen. Bei ihrem Ausscheiden aus dem Amt als Direktorin des Königlichen Münzkabinetts in Stockholm freute sie sich auf eine Arbeit, die sie bereits in den späten 1960er Jahren übernommen hatte: Ein grundlegendes Werk über die Münzprägung der Stadt Akragas inklusive Stempelkorpus zu verfassen. Das Manuskript dazu lag seit 2004 fertig in einer Schublade. Doch die moderne Technik war zu dem Zeitpunkt so weit vorangeschritten, dass sowohl hinsichtlich der Abbildungen als auch der Textbearbeitung andere Maßstäbe für eine Publikation galten. Ob digitale Bilder oder eine Anpassung an Schreibprogramme, die mit modernen Computern kompatibel sind, es ist Harald Nilsson und Hendrik Mäkeler zu verdanken, dass dieses wichtige Manuskript nicht in der Schublade verblieb. Sie organisierten zusammen mit vielen guten Geistern die Adaption an die Technik von heute, so dass „The Coinage of Akragas c. 510-406“ 2018 als 6. Band in der Reihe der Studia Numismatica Upsaliensia erscheinen konnte.
Wir durften uns die beiden Bücher von Ulla Westermark persönlich bei ihr in Uppsala abholen: Von l. nach r.: Ursula Kampmann, Ulla Westermark, Harald Nilsson. Foto: KW.
Zwei Bände mit mehr als 600 Seiten und mehr als 80 Tafeln umfasst das Werk, das Ulla Westermark viele Jahrzehnte lang beschäftigt hat. Dazu gehört natürlich in erster Linie ein ausführlicher Katalog. Beim Blättern in den 293 Seiten versteht man, warum die Arbeit so viele Jahre dauerte. Die Autorin behandelt die gesamte Prägung samt Kleinmünzen und Bronzen, ein enormes Material also, das sie bewältigen musste! Ihr Katalog entspricht allen Anforderungen, die die Numismatik stellen kann. Und jeder, der Münzen bestimmen muss, wird ihre durchgehende Nummerierung zu schätzen wissen. Dank dieses Katalogs ist es jetzt möglich, für den Teil der Münzen von Akragas, die vor 2004 in einem Auktionskatalog oder einer Liste abgebildet wurden, eine Provenienz zu ermitteln.
Dafür braucht es aber noch immer zusätzlich eine gut sortierte Bibliothek mit den wichtigsten Auktionskatalogen, da wegen der Fülle des Materials auf den Tafeln nur jeweils das besterhaltene Stück abgebildet ist.
Ulla Westermark, The Coinage of Akragas, c. 510-406 BC. Band I und II. Studia Numismatica Upsaliensia 6:1 und 6:2. Uppsala University 2018. 256 + 396 S. 12 +71 Tf. Leinen. 19 x 25 cm. ISBN 978-91-513-0269-0 und 978-91-513-0270-6. 305 bzw. 338 SEK + Porto und Verpackung.
Der rund 170 Seiten umfassende Kommentar enthält neben einem einleitenden Kapitel zur Geschichte der Stadt sowie einem ausführlichen Kapitel zu den dargestellten Tieren Adler und Krabbe eine detaillierte Studie zu allen Aspekten der akragantinischen Münzprägung. Diese arbeitet sich parallel zum Katalog voran und behandelt nacheinander alle Münzgruppen und -epochen. Stilisten werden Ulla Westermarks klare und präzise Sprache zu würdigen wissen. Kurze, leicht verständliche Sätze machen die Lektüre zu einer Freude. Da gibt es keine sprachlichen Labyrinthe, die mittels elaborierten Satzkonstruktionen darüber hinwegzutäuschen versuchen, dass ihr Autor nichts zu sagen hat. Denn Ulla Westermark hat etwas zu sagen. Sie beschreibt, was sie sieht, und ordnet ihre Beobachtungen dank ihrer umfassenden Kenntnis der gleichzeitig geprägten Münzen der griechischen Welt in den großen Kontext ein. Geradezu skrupulös führt sie alles auf, was andere Forscher vor ihr zu den von ihr behandelten Themen bereits gesagt haben und fügt danach ihre eigene Meinung hinzu – oft bescheiden im Konjunktiv gehalten.
Eine Aufstellung der Hortfunde, ein fast 50 Seiten umfassendes Literaturverzeichnis, sowie eine zeichnerische Wiedergabe der Verteilung der Inschriften auf Münzen von Akragas (wer diese Münzen in einer schlechteren Erhaltung als „vorzüglich“ bestimmen muss, wird diese Hilfe zu schätzen wissen!) komplettieren das Werk.
Die Bücher liegen bereit zur Bestellung im Münzkabinett von Uppsala. Foto: KW.
Muss ich eine Empfehlung für den Kauf aussprechen? Natürlich nicht, jeder, der sich mit griechischen Münzen ernsthaft beschäftigt, weiß, dass er dieses Buch braucht. Es ist für den außerordentlich bescheidenen Betrag von 305 SEK für den ersten und 338 SEK für den zweiten Band plus Porto zu haben. Das entspricht zusammen etwas weniger als 70 Euro.
Und wer bei dieser Gelegenheit die Seite der Studia numismatica Upsaliensia besucht, der sei auf die anderen günstigen Publikationen hingewiesen, die es dort zu kaufen gibt. So zum Beispiel Band 2 mit den deutschen Münzen des hohen und späten Mittelalters in der Sammlung des Münzkabinetts der Universität von Uppsala (in deutscher Sprache für bescheidene 204 SEK) oder Ragnar Hedlunds Studie zur Münzprägung der römischen Soldatenkaiser nach 260 n. Chr. (in englischer Sprache für ebenso bescheidene 262 SEK).
Für Medaillensammler geradezu unverzichtbar sind die beiden Kataloge zu den Musiker- und Medizinhistorischen Medaillen (Band 7 – 350 SEK und Band 8 457 SEK).
Man sollte also die Gelegenheit nutzen, die eigene Bibliothek bei der Gelegenheit ein wenig auszubauen.
Den letzten Katalog zu den Medizinhistorischen Medaillen, haben wir übrigens in der MünzenWoche vorgestellt.
Möchten Sie Akragas wenigstens optisch besuchen, dann lesen Sie doch unseren numismatischen Reiseführer.
Für all diejenigen, die sich gerne literarisch mit der akragantinischen Numismatik beschäftigen, empfehlen wir Andrea Camilleris Roman „Die Münze von Akragas“. Wir haben ihn in der MünzenWoche vorgestellt.