Update zum tatsächlichen Verschwinden der Kleinmünzen

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19. Juli 2018 – Der Effekt ist bekannt: Je öfter etwas in den Medien wiederholt wird, umso stärker wird das Geschehen wahrgenommen. Wie wirkt sich das auf die Wahrnehmung des Verschwindens der Kleinmünzen aus? Wie viele Nominale sind in den letzten zwei Jahren tatsächlich verschwunden? Wie viele neue hinzugekommen? Dieser Artikel bietet eine Bestandsaufnahme.

Currency News gibt ein äußerst nützliches Handbuch heraus. Es handelt sich um das „Directory of Circulation Coins“, das die grundlegenden technischen Daten aller Umlaufmünzen zusammenfasst und so einen guten Überblick gibt, was derzeit international geprägt wird. Die erste Ausgabe dieses Buchs wurde 2014 publiziert. Die zweite Auflage erschien 2016.

Die Kleinstnominale

Kaum eine Münzstätte, die sich keine Sorge machen würde, dass die Kleinmünzen in den nächsten Jahren verschwinden könnten. In den Medien wird diskutiert, ob die hohen Herstellungskosten den Nutzen der kleinen Nominale rechtfertigen. Politiker bzw. Zentralbanken greifen im Zuge einer weltweiten Austeritätspolitik die mediale Anregung auf und schaffen Kleinstnominale ab, zuletzt, wie in allen Medien Europas zu lesen, in Italien.
Tatsächlich scheint die Euro-Zone besonders aktiv, wenn es um die Beseitigung von 1 und 2 Cent-Münzen geht. Bereits vor 2014 hatten Finnland und die Niederlande auf die Ausprägung dieser Nominale verzichtet. Zwischen 2014 und 2016 folgte Irland, und Italien gab, wie erwähnt, im Mai 2017 den Verzicht auf die beiden Nominale bekannt.
Es stellt sich die Frage, ob dies ein europäisches oder ein weltweites Problem ist. Denn zumindest in den Vereinigten Staaten von Amerika scheint man eine andere Politik zu bevorzugen. Nach einer Kosten-Nutzen-Analyse entschied sich die amerikanische Regierung, die hohen Kosten der Cent- und Nickel-Herstellung weiter zu tragen, um der Privatwirtschaft nicht die wesentlich höheren Umstellungskosten aufzubürden. Im Gegensatz zu Kanada, wo man seit 2012 auf die Prägung des Penny verzichtet.

Um einen klaren Blick auf die Situation zu bekommen, hilft eigentlich nichts anderes, als zu zählen. Welche Länder haben zwischen 2014 und 2016 Kleinstnominale abgeschafft? Und in welchem Verhältnis steht ihre Zahl zu den Ländern, deren Nominale unverändert blieben?

Kleinstnominale abgeschafft:

Land Nominal(e) Zuletzt geprägt Bevölkerung in Mio. 
Barbados 1 Cent 2012 0,28
Brasilien 1 Centavos 2004 204,86
Komoren 5 Francs 1992 0,79
Cook Islands 1 , 2 , 5 Cents 2010 0,02
Gibraltar 1 , 2 Pence 2012 0,03 
Honduras 1 , 2 Centavos 1992 / 1974 8,89
Indonesien 1 Rupie 2007 255,46
Iran  50 Rials 2006 79,93
Irland 1 , 2 Cent 2016 4,78
Italien 1 , 2 Cent (geplant) 2015 60,60
Jamaica 1 Cent 1971 2,97
Kenia 50 Cents  2009 46,79
Lesotho 2 Licente 1992 1,95
Madagaskar 5 Ariary 1996 23,57
Nepal

50 Paisa

5 Rupees,

10 Rupees

2004

1996

1994

29,19
Südafrika 5 Cents 2012 54,00
Südkorea 1 Won, 5 Won 2012 50,50
Tonga  1 , 2 Seniti 2006 / 2004 0, 10
Tunesia  5 Millims 2005 11,30
Vanuatu 1 , 2 Vatu 2002  0,26 
Jemen 1 Riyal 1993 27,39

Es handelt sich um Barbados, Brasilien, Cook Islands, Gibraltar, Honduras, Indonesien, den Iran, Irland, Italien, Jamaika, Kenia, die Komoren, Lesotho, Madagaskar, Nepal, Südafrika, Südkorea, Tonga, Tunesien, Vanuatu und den Jemen.
Mit anderen Worten: 20 von 181 Staaten haben in den letzten zwei Jahren ein oder zwei der kleineren Nominale eingespart, insgesamt sind weltweit 30 Nominale verschwunden. Zwei davon kursierten in besonders bevölkerungsreichen Ländern: Brasilien und Indonesien. Sechs sind für die Gesamtprägung unerheblich, da die Zahl der sie nutzenden Bevölkerung unter einer Million Einwohner liegt.

Münz-Banknoten-Grenze

Wie sieht das nun auf der anderen Seite aus? Wie viele Staaten haben ihre Nominalkette nach oben erweitert und höhere Nominale eingeführt? Wurden die neuen Nominale tatsächlich bereits geprägt und in Kurs gesetzt oder ist ihre Einführung nur in Planung?
Höheres Nominal eingeführt:

Land Nominal(e) Bis jetzt nur in Planung Bevölkerung in Mio. 
Angola 

1, 20, 50 , 100 Kwanzas

  1, 25
Bulgarien 2 Leva   7, 14
Burundi 100 Francs x 11, 01
Komoren 250 Francs   0,79
Cook Islands

2 Dollars

5 Dollars

  0,02
Gibraltar 5 Pfund   0,03
Honduras 1 Lempira x 8,89
Malediven 5 Rufiyaa x 0,34
Mexiko 20 Pesos   123,17
Nepal 5 Rupien x 29,19
Panama 2 Balboa geprägt, nicht im Umlauf 3,93
Russland 25 Rubel x 17,08
Südsudan

1 Pfund

2 Pfund

12,53
Schweden 2 Kronor   9,86
Syrien 50 Pfund x 15,00
Tansania 500 Shilingi   53,47
Tonga 1 Pa’anga   x0,10
Venezuela 2 Bolivar x 30,93

Grundsätzlich wurden wesentlich weniger höhere Nominale eingeführt als kleine abgeschafft. Insgesamt sind es lediglich neun Länder, die die Münz-Banknoten-Grenze nach oben verschoben haben. Darunter ist nur ein bevölkerungstarkes Land, nämlich Mexiko. Vier der neun Länder haben eine Bevölkerung von unter einer Million Einwohnern.
Interessant ist die Tatsache, dass neun Staaten die Ausprägung eines höheren Nominals planen, das aber zum Teil schon länger als zwei Jahre. Man darf sich fragen, aus welchen Gründen die Umsetzung der Idee noch nicht in Angriff genommen wurde

Die Zahlen bestätigen das Gefühl

Damit stehen 30 verschwundenen zwölf neue Nominale gegenüber. Die Differenz vergrößert sich, zieht man in Betracht, dass in den Ländern, die ihre Kleinstnominale reduziert haben, insgesamt eine Bevölkerung von 863,66 Mio. Menschen lebt, der eine Bevölkerung von 195,83 Mio. Einwohner in den Ländern gegenübersteht, die höhere Nominale eingeführt haben.
Eine Auswertung nach Prägezahlen konnte nicht erfolgen, da für viele dieser Länder keine Prägezahlen der Umlaufmünzen bekannt sind. In welcher Größenordnung Prägungen zurückgegangen sein könnten, zeigen die Prägezahlen für den brasilianischen Centavo aus den Jahren 2001 bis 2004.

Prägezahlen brasilianischer Centavo:

2

2001 242.924.000
2002 161.824.000
2003 250.000.000
2004 167.232.000

Eine Verlagerung der Prägung

Die Tendenz geht also weg von der Massenprägung kleinster Nominale hin zu einer qualitativ anspruchsvollen Prägung großer Nominale. Eine Interesse, diese neuen Nominale einzuführen, scheint grundsätzlich vorhanden zu sein. Es dürfte eine (lohnende) Aufgabe der münzproduzierenden Industrie sein, Regierungen und Zentralbanken zu überzeugen, die Ausprägung größerer Nominale in die Realität umzusetzen.

Dieser Artikel wurde erstmals veröffentlicht im Mint News Quarterly 17/3.

Einen Blick in das „Directory of Circulation Coins“ 2016 werfen Sie hier.

Und über die Abschaffung der Kleinstnominale in europäischen Ländern berichtete die MünzenWoche am Beispiel von Italien.