25. Oktober 2018 – Mit der Ausstellung „Valentinian I. und die Pfalz in der Spätantike“ rückt das Historische Museum der Pfalz noch bis 11. August 2019 einen Zeitabschnitt in den Fokus des Interesses, der in der Region viele Spuren hinterlassen hat. Während die Spätantike im Bewusstsein der Allgemeinheit noch oft als Zeit des Niedergangs und des Verfalls wahrgenommen wird, zeichnen die archäologischen Zeugnisse in der Pfalz ein komplexeres Bild.
Solidus Valentinians I. Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Foto: Daniel Franz.
Im Jahr 364 beginnt für die Pfalz und den Nordwesten des Imperium Romanum eine besondere Ära: Flavius Valentinianus wird zum Kaiser des Römischen Reiches erhoben und wählt Augusta Treverorum – Trier – zu seiner bevorzugten Residenz. Von dieser aus unternimmt er zahlreiche Reisen durch die Provinzen an Rhein und Donau und besucht auch mehrfach die Pfalz.
Frühchristlicher Brotstempel mit Christogramm und der Inschrift „ad pane(m) pingere utere felix“ (auf das Brot zu drücken – gebrauche es glücklich), gefunden 1919 bei Ausgrabungen im Bereich des spätrömischen Burgus von Eisenberg. Historisches Museum der Pfalz, Foto: Peter Haag-Kirchner.
Nach den schweren Einfällen durch die Alamannen – ein germanischer Verband, der sich nach der Mitte des 3. Jahrhunderts im südwestdeutschen Raum ansiedelte – wird durch Valentinian I. ein umfangreiches Befestigungsprogramm an der Rheingrenze und im Hinterland realisiert. Er, der als einer der „starken“ Kaiser seiner Zeit gilt, soll sogar einige der Festungsbaumaßnahmen persönlich überwacht haben. Damit ist er der einzige römische Kaiser, der direkt mit der Regionalgeschichte verbunden werden kann.
Beigaben einer Sarkophagbestattung im Gräberfeld Gönnheim „Auf den Pferchwiesen“. Beigegeben wurden zwei Teller, ein Keramikbecher, ein Glasbecher, ein Armring, eine Lampe sowie eine Feuerahle. Historisches Museum der Pfalz, Foto: Carolin Breckle.
Aktuelle Forschungsergebnisse bezeugen eine dicht besiedelte Landschaft mit zahlreichen größeren und kleineren Städten, befestigten Siedlungen und eindrucksvollen landwirtschaftlichen Betrieben. Die Pfalz erfuhr für kurze Zeit eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Doch nach dem Zusammenbruch der römischen Verwaltung im 5. Jahrhundert n. Chr. fand auch diese allmählich ein Ende.
Der vermutlich aus Rom und der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts stammende Porträtkopf eines Kaisers, vermutlich Valentinian I. Foto: Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen; O. Haupt.
Die Ausstellung präsentiert auf 150 Quadratmetern rund 65 herausragende Fundkomplexe und Einzelexponate der Spätantike. Neben dem Brotstempel von Eisenberg – das älteste Zeugnis des frühen Christentums in der Pfalz und Teil der Sammlung des Historischen Museums der Pfalz – zeigt die Ausstellung weitere besondere Exponate von exquisiten Leihgebern. So stellt die Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen eine herausragende Marmorbüste zur Verfügung. Sie ist eines der wenigen erhaltenen plastischen Bildnisse, die vermutlich Valentinian I. darstellen.
Glaspokal aus einer spätantiken Bestattung des Gräberfeldes von Wachenheim (Lkr. Bad Dürkheim). Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesarchäologie Speyer, Foto: Carolin Breckle.
Zahlreiche weitere archäologische Funde aus Gräbern und militärischen und zivilen Siedlungen, umfangreiche Hortfunde sowie interaktive multimediale Elemente geben den Ausstellungsbesuchern einen tieferen Einblick in die Umbruchszeit des 4. und 5. Jahrhunderts n. Chr.
2010 wurde in Speyer bei Grabungen am Diakonissenkrankenhaus die Bestattung eines spätrömischen Offiziers freigelegt. Foto: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Speyer und dem Heidelberg Center for Cultural Heritage der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (HCCH). Die enge Zusammenarbeit der Partner ermöglichte die Einbindung neuester Forschungsresultate und aktueller Grabungsergebnisse, die zum Teil erstmalig öffentlich präsentiert und in der Begleitpublikation vorgestellt werden.
Bronzene Lampe im Form einer Taube, gefunden 1860 in Altrip. Historisches Museum der Pfalz, Foto: Carolin Breckle.
Dr. Alexander Schubert, leitender Direktor des Historischen Museums der Pfalz: „Besonders spannend sind Ausstellungsthemen dann, wenn Weltgeschichte auf regionale Überlieferung trifft. In Kaiser Valentinian verbindet sich beides: Der Blick auf das römische Imperium der Spätantike und die Betrachtung der Gegebenheiten hier unmittelbar vor Ort. Kein anderer römischer Kaiser der Antike war häufiger in der Pfalz als Valentinian. Die Zusammenarbeit mit den einschlägigen Forschungsstellen hat uns auf eine einzigartige Spurensuche geführt: Die archäologischen Funde dieser Ära zeugen davon, wie bedeutsam die Pfalz als Grenzregion war.“
Zur Ausstellung erscheint ein 136 Seiten starkes Begleitbuch, in dem Valentinian I. und sein Wirken in der Pfalz umfassend beleuchtet werden. Informative und spannende Vorträge namhafter Forscher sowie eine wissenschaftliche Tagung begleiten die Ausstellung.
Mehr Informationen über diese und weitere Ausstellungen finden Sie auf der Webseite des Historischen Museums der Pfalz.