von Ursula Kampmann
Eigentlich ist es ja ziemlich unspektakulär, was wir da auf unseren deutschen 1-, 2- und 5-Cent Münzen geboten bekommen: Nur ein simpler Eichenast mit vier großen und einem fünften kleinen Blatt, an der linken Seite ein Zweiglein, daran zwei Eicheln – wie langweilig möchte mancher sagen.
Ein Eichenast – Motiv unserer 1-, 2- und 5-Cent-Münzen.
Allerdings würde er sich damit selbst bloßstellen, denn das Symbol der Eiche ist uralt und mit Deutschland, seiner nationalen Identität und seiner Demokratie seit fast 300 Jahren fest verbundenen.
Heilige Eiche des Zeus in Dodona / Epirus (Nordgriechenland); natürlich handelt es sich um eine Neuanpflanzung, wo Archäologen den Baum vermuteten.
Die Eiche galt im antiken Griechenland als der Baum schlechthin. Mit dem Wort drys (= Eiche) wurden ursprünglich alle Bäume bezeichnet. Und als „der Baum“ wies die Eiche natürlich weit über sich selbst hinaus. Sie blieb zwar in erster Linie Holz, aus dem man ein Schiff bauen konnte. Aber einzelne Exemplare, ja ganze Haine waren heilig. Mit dem Tode wurde bestraft, wer es wagte, Hand an so einen heiligen Baum zu legen, wobei sich manche Städte in späterer Zeit auch mit einer empfindlichen Geldstrafe begnügten.
Der klassische griechische Glauben hatte viele Naturgottheiten aus Vorgängerkulturen integriert.
Thessalische Liga. Bundesstater, 2.-1. Jahrhundert v. Chr. Bärtiger Zeuskopf mit Eichenkranz n. r. Rv. Athena Itonia in Kampfstellung n. r. gehend. 6,04 g. SNG Oxford 3800. Aus Auktion MMAG 88 (1999), 162.
Die Verehrung von Bäumen war Bestandteil des städtischen Rituals und die Eiche dabei zumeist dem Zeus zugeordnet. Schließlich war sie es, die am häufigsten vom Blitz getroffen wurde, was man damals als ein besonderes Zeichen der Liebe des Göttervaters interpretierte. Überhaupt gab es im 5. vorchristlichen Jahrhundert noch eine enge Verbindung zwischen Bäumen und Menschen. Nicht nur daß mancher Mensch in einen Baum verwandelt wurde (man denke nur an Philemon und Baucis oder Daphne), dieser Prozess war auch umgekehrt möglich. Eine Sage nämlich überliefert, daß der Mensch nicht – wie wesentlich verbreiteter und bei Hesiod zu lesen – aus Lehm geformt sei, sondern von der Eiche abstamme.
Taranis mit Rad und Blitz. Le Chatelet Gourzon Haute Marne / Wikipedia.
Heilige Bäume, sie gab es nicht nur bei den Griechen, sondern auch bei den Römern, und natürlich bei den Kelten und den Germanen. Der keltische Schützer der Eiche hieß Taranis, abgeleitet vom keltischen taran (= donnern). Er war der Schlachten- und der Himmelsgott. Sein Baum wurde von den Druiden gepflegt, den keltischen Priestern, deren Bezeichnung übersetzt werden könnte mit „eichenkundig“. Sie opferten der Überlieferung nach jeden sechsten Tag nach dem Neumond zwei weiße Stiere unter einer Eiche. Einer von ihnen stieg dann völlig weiß gekleidet in das Geäst der Bäume um mit einer bronzenen Krummsichel eine am Baum gewachsene Mistel zu schneiden, die seine Kollegen mit einem weißen Tuch einfingen. Nichts, so schreibt Plinius (XVI, 249ff.), sei den Kelten heiliger als die Mistel, die auf den Eichen wächst. Misteln tragende Eichen dürften auf keinen Fall gefällt werden.
Die Eiche wurde den Römern zum typischen Baum des Nordens, zu dem Baum, den man mit den wilden Weiten des unbezwungenen Germaniens in Verbindung brachte. Schon Tacitus nannte in seiner Germania das Land „schrecklich durch Wälder, widerlich durch Sümpfe“, ihm folgte Plinius in seiner Naturgeschichte (XVI, 5f.). Er schildert Germanien als ein Land, das bis zur Küste mit Eichenwäldern bedeckt sei. Sie ließen keinen Sonnenstrahl auf den kalten Boden. Die germanischen Eichen im Hercynischen Wald seien zugleich mit der Welt entstanden und seit Jahrhunderten unberührt. Sie überträfen durch ihre ungeheure Größe, ihre eigenwillige Gestalt und ihre schicksalhafte Unsterblichkeit alle anderen Wunder der Natur.
Die Hermannsschlacht, Zeichnung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm. Deutlich erkennbar sind die Eichen, unter denen der preußische Prinz die Schlacht stattfinden läßt.
Natürlich besaßen auch die Germanen ihre heiligen Haine. In einem dem Donar geweihten Hain soll – wenn wir Tacitus (II, 12) glauben wollen – Arminius seine Truppen versammelt haben, bevor er Varus vernichtete. Die Beute wurde ebenfalls in einem heiligen Hain verwahrt. In den Annalen lesen wir, daß Germanicus im Jahre 15 n. Chr. das Schlachtfeld im Teutoburger Wald besuchte und dort Schädel der gefallenen Legionäre vorfand, die an den Bäumen aufgehängt waren.
So war die Eiche in römischen Augen verquickt mit den widerborstigen Völkern des Nordens. Widerstand war etwas, das man in Rom nicht dulden konnte. Die renitenten Träger der Unabhängigkeitsbewegung mußten vernichtet werden. Dafür rottete man die „Eichenweisen“ aus, die Druiden. Die verehrten Bäume ließen die Römer stehen, allerdings war es mit ihrer Verehrung nach dem Sieg des Christentums auch nicht mehr so gut bestellt. Die Christen bevorzugten die Palme der Märtyrer; die Eiche wurde den strengen Kirchenvätern zum Ärgernis. Die Plätze, wo einem Gläubigen die idyllischen Naturgottheiten nahe waren, mußten verschwinden. Dies machte man zur Chefsache. Die zweite Synode von Arles (452 n. Chr.) erließ folgendes Edikt: „Wenn in einer Diözese Ungläubige Fackeln anzünden, Bäume, Quellen und Felsen verehren und der zuständige Bischof diese Heiligtümer zu zerstören unterläßt, begeht er ein Sakrileg. Der Grundherr oder Verwalter soll eine entsprechende Ermahnung erhalten, folgt er ihr nicht, wird er exkommuniziert.“ Gegen Felsen und Quellen war es schwierig vorzugehen, aber bei Bäumen hatte man eine Chance. So wurde manch eifriger Missionar zum Holzfäller aus Überzeugung.
Bonifatius fällt die Eiche des Donar. Kupferstich von Bernhard Rode, 1781.
Der „Apostel der Deutschen“ Bonifatius, um nur ein Beispiel zu nennen, fällte im Herbst 723 demonstrativ eine mächtige Eiche. Sein Opfer war dem Donar geweiht und stand beim hessischen Geismar. Eine Anzahl von zu bekehrenden Chatten hatte sich um ihren verehrten Baum versammelt in der Hoffnung, ihr Gott werde diese Schmähung nicht ungerächt über sich ergehen lassen und den Kirchenmann mit einem Blitz erschlagen. Tatsächlich wehrte sich Donar nicht, seine Eiche zerbrach in vier Stücke, aus denen Bonifatius eine dem hl. Petrus geweihte Kapelle errichtete. (Anstelle des Blitzes spalteten ein paar Jahrzehnte später einige bekehrungsunwillige Germanen dem Baumfrevler den Kopf.)
Mit der Durchsetzung des Christentums wurden die heiligen Bäume erst einmal profanisiert. Zwar gab es noch ein paar lokale Überreste einer Baumverehrung vor allem im Volksglauben – so wurde Johanna von Orleans unter anderem wegen der ihr unterstellten widernatürlichen Verehrung eines Baumes verurteilt –, zwar erscheint die Jungfrau Maria auch heute noch mit besonderer Vorliebe in Eichenbäumen – so um nur ein Beispiel zu nennen im portugiesischen Fatima, aber im großen und ganzen bediente man sich im Mittelalter der Eiche zu höchst praktischen Zwecken wie der Schweinemast oder als Schattenspender für Gerichtsverhandlungen.
Berühmt geworden ist die Eiche des heiligen Ludwig, König von Frankreich in den Jahren zwischen 1226 und 1237, der sich der Legende nach vorbildlich um die Rechtsprechung gerade für die einfachen Leute gekümmert haben soll. Wo immer er gebeten wurde, in einem Streit zu richten, suchte er sich die nächste Eiche, setzte sich darunter, rief alle Beteiligten zusammen und fällte auf der Stelle ein (natürlich gerechtes) Urteil.
Portrait des Francesco Petrarca.
Die Eiche als Symbol wurde erst wieder in der Renaissance entdeckt. Ein neues Naturempfinden war entstanden, als Petrarca im Jahre 1336 den Mons Ventoux bei Carpentras bestieg. Er wollte ähnlich fühlen wie es Philipp V. von Makedonien auf dem Haemos getan hatte, worüber der ambitionierte Bergsteiger bei Livius gelesen hatte. Was begonnen hatte als Imitation der antiken Protagonisten verselbständigte sich schnell. Dichter und Denker nahmen die Natur mit neuen, nicht praktisch orientierten Augen wahr. Sie suchten das Exempel, versuchten zu deuten, den Makrokosmos im Mikrokosmos zu finden, also ein Abbild der gesamten Welt in der einzelnen Pflanze.
Man entsann sich der Eigenschaften, die einst dem Eichbaum zugeschrieben worden waren. Man pries seine Stärke und benutzte ihn als Symbol dafür in den Emblemata, Bildern, die mit einem Sinnspruch eine allgemeingültige Wahrheit mit einem Beispiel aus der Natur belegen wollten.
Diese Darstellung, die eine sehr frühe neuzeitliche Gleichsetzung der Eiche mit dem deutschen Reich zeigt, war von folgendem Sinnspruch mit Deutung begleitet: Was sehr fest ist kann nit bewegt werden. / Ob schon von Est das vngstümm Meer / Mit seinen Wellen brausset her / Vnd du wütrich Türck von auffgang / Den an der Donaw wohnt machst bang, / So wirstu doch vermögen nicht / Ein schaden zuthun, dieweil verficht / Keyser Carle mit gewaltiger Hand / Vnd mit Heeres macht Leut vnd Land. / Gleich also wie ein Eychbaum bleibt / Fest vnbewegt stehn, ob schon treibt / Hinweg die leichte Bletter dürr / Der grosse starcke Wind vnghürt.
In diesem Zusammenhang konnte die Eiche auch zum Symbol des Staates werden. Die Erfinder der Embleme wollten mit dem Bild der Eiche das starke, unbezwingbare Wesen des einigen Staates zeigen, den nicht Stürme von außen, sondern nur die Zeit oder die Uneinigkeit bezwingen kann. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß schon im Barock die Eiche als Symbol des Deutschen Reiches verstanden wurde.
Johann Heinrich Voß. Sepiazeichnung von J. N. Peroux.
Es kam also nicht von Ungefähr, daß sich sechs Göttinger Studenten in einer mondhellen Nacht am 12. September 1772 unter einer Eiche trafen, um dort einen Bund zu schließen. Die Idee dafür hatte Johann Heinrich Voß geliefert, Übersetzer von Homers Werken und äußerst vertraut mit den antiken Schriftquellen. Er wußte um die Verbindung zwischen Eichen, Germanen und dem Kampf gegen die Römer. Nun waren die Römer nicht mehr in Italien zu suchen, sondern in Frankreich, dort, wo die Kultur herkam, die einigen nationalstolzen Intellektuellen das Deutsche fast zu erdrücken schien. Gegen diese wesensfremde Kultur galt es ein Gegengewicht zu schaffen, eine eigene deutsche Dichtung zu kreieren und so wurde der Bund geschlossen. Voß schreibt darüber in einem Brief: „Wir umkränzten die Hüte mit Eichenlaub, legten sie unter den Baum, faßten uns alle bei den Händen, tanzten so um den eingeschlossenen Stamm herum, – riefen den Mond und die Sterne zu Zeugen unseres Bundes an und versprachen uns eine ewige Freundschaft.“
Unter denen, die sich dieser Bewegung verbunden fühlten, befanden sich so bekannte Dichter wie Ludwig Hölty (Üb immer Treu und Redlichkeit), Gottfried August Bürger (Lenore fuhr ums Morgenrot empor aus schweren Träumen) und Matthias Claudius (Der Mond ist aufgegangen). Sie verbreiteten in unzähligen Werken im Sinne ihres geistigen Vaters Klopstock das Bild von der deutschen Eiche als Requisit für vaterländisches Empfinden. Da umarmt Arminius seine Thusnelda im Eichenschatten oder plant im Schatten einer Wodanseiche zu sterben, da schreitet der Barde unter Eichenlaub, das seine glühende Stirn umschattet, da dichtet Christian Friedrich Schubart im Jahre 1786: Freiheit! Freiheit! hörst du tönen / Aus dem alten Eichenhain. / Wandelst bald mit Teutschlands Söhnen / Wieder an dem freien Main. // Freiheit! Gottes größter Segen! / Freiheit, ach wann wandelst du / Mir Bestürmten auch entgegen? / Bringst mir wieder Seelenruh?
Freiheit, Deutschland und die deutschen Eichen, dieses Dreigestirn gewann unerwartet eine gewaltige politische Aktualität durch die Tatsache, daß immer größere Landesteile Deutschlands unter französischer Kontrolle standen. Fremdherrschaft bedrückte die deutschen Lande, wie weiland die Römer, und so träumten all die deutschen Hermanns davon, die Tyrannen aus dem Lande zu jagen. Und dies sollte selbstverständlich unter deutschen Eichen geschehen. Die Freiheitskriege sorgten dafür, daß sich die patriotische Nationaldichtung nach Herzenslust austoben konnte. Wir finden unzählige Belege dafür, wie jeder deutsche Dichter, Denker und vor allem Politiker – inklusive jedes halbwegs ambitionierten Freiheitshelden – deutsche Eichen besingt, pflanzt oder als Grabschmuck bestellt. Diese Mode setzte sich sogar am Kaiserhof durch. Friedrich Wilhelm III. stiftete am 10. März 1813, dem Geburtstag der bereits verstorbenen Königin Luise, das eiserne Kreuz, belegt mit drei Eichenblättern. Der Entwurf stammte von ihm höchstpersönlich.
Die Friedensgöttin wird durch das 1814 entworfene Siegeszeichen zur Victoria, die den Sieg über die Franzosen verkündet.
Und er war es auch, der Mitte Mai des folgenden Jahres Karl Friedrich von Schinkel den Auftrag erteilte, für die gerade aus Paris zurückgeforderte Quadriga vom Brandenburger Tor ein ganz besonderes Siegeszeichen zu entwerfen. Schinkel beschrieb dieses Zeichen des nationalen Sieges wie folgt: „Die Idee des zur Ausführung kommenden Entwurfs ist, der Victoria das Panier Preußens in die Hand zu geben an der Stelle des sonst von ihr gehaltenen amtlichen Paladiums. Dies Panier Preußens besteht aus einem Eichenkranz, welcher das eiserne Kreuz umschließt, über welchem der preußische Adler mit ausgebreiteten Schwingen emporzusteigen scheint.“
Preußen. Friedrich Wilhelm III., 1797-1840. Taler, Berlin, 1813. Jaeger 33. Aus Auktion Münzen und Medaillen AG 91 (2001), 117.
Im Überschwang des Sieges fand der Eichenkranz sogar kurzzeitig Eingang in die preußische Münzprägung.
Preußen. Friedrich Wilhelm III., 1797-1840. Taler, Berlin 1818. Jaeger 37. Aus Auktion Münzen und Medaillen AG 91 (2001), 118.
Er verschwand daraus allerdings bei den Talern bereits 1816, bei den 4 Groschen 1818. Erst lange nach der bürgerlichen Revolution von 1848 erschien der Eichenkranz wieder vereinzelt auf preußischen Münzen.
Wie ist diese Lücke in der Prägung zu verstehen? Warum wollte der König von Preußen auf einmal nichts mehr mit der vorher noch so gefeierten Eiche zu tun haben? Ganz einfach, der gesamtdeutsche Eichenkranz paßte nicht mehr zur aktuellen Tagespolitik. Vorbei waren die Zeiten des deutschen Nationalismus, der Partikularismus feierte fröhlich Urständ. Preußen wollte Preußen und nicht irgendein Teil von Deutschland sein. Und vor allem paßte der Eichenkranz nicht mehr zur restriktiven preußischen Politik der Unterdrückung aller demokratischen Bestrebungen nach den Karlsbader Beschlüssen im Jahre 1819.
Der Eichenkranz war nämlich seit der Antike nicht nur und ausschließlich ein Symbol für Deutschland. Er hatte noch eine ganz andere Konnotation. Schon die Griechen kannten die Ehrung verdienter Bürger durch goldene Eichenkränze. Diese Sitte fand sich auch bei den Römern. Bei ihnen hatte die „Corona Civica“, die Bürgerkrone aus Eichenlaub, sogar noch einen höheren Stellenwert. Sie erhielt nur, wer einen römischen Bürger aus Lebensgefahr errettet hatte. Der Geehrte durfte sie fortan immer tragen und genoß zusammen mit seinem Vater und Großvater Steuerfreiheit. Alle, sogar die Senatoren, ehrten ihn bei den Spielen, indem sie sich bei seinem Erscheinen erhoben.
Augustus, 27 v. Chr. – 14 n. Chr. Denar, Caesaraugusta, 19-18. Kopf mit Eichenkranz n. l. Rv. Lorbeerbäumchen. Aus Auktion MMAG 93 (2003), 83
Zum politischen Symbol wurde dieser Eichenkranz, als Augustus ihn zusammen mit vielen anderen Ehrentiteln und einigen entscheidenden Machtmitteln am 13. Januar 27 v. Chr. erhielt. Natürlich waren all die ihm offiziell vom Senat verliehenen Ehrungen vorher sorgfältig von Augustus und seinen Mitarbeitern hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Öffentlichkeit ausgewählt worden. Indem Augustus den vergoldeten Eichenkranz als Kopfbedeckung wählte, betonte er seine bürgerliche Seite, seine Verdienste für Rom (auch wenn die Jahrzehntelang darin bestanden hatten, Römer gegen Römer in den Kampf zu führen).
Amsterdam. Medaille 1648. Kaiser Maximilian verleiht der Stadt Amsterdam im Jahre 1488 ihre Privilegien. Szene umgeben von Eichenkranz. Rv. Philipp IV. besiegelt den Frieden mit den sieben Provinzen. Szene umgeben von Eichenkranz.
In der Renaissance entdeckte man den Eichenkranz wieder als Symbol der Ehrung für Männer, die sich in ganz besonderem Maße für die Rechte der Bürger eingesetzt hatten. Wer immer sich fortan der Eichenkrone bediente, der wollte seine Bürgernähe zum Ausdruck bringen.
Frankreich. Louis Philippe I., 1830-1848. 5 Francs 1848, Straßburg. Dav. 91. Aus Auktion MMAG 91 (2001), 686.
Das beste Beispiel dafür ist die Münzprägung des Louis Philippe, des französischen Königs, den die sogenannte Juli-Revolution von 1830 an die Regierung brachte. Nachdem der Bourbone Karl X. sich durch seine restriktive Politik völlig diskreditiert hatte, suchte Louis Philippe den Ausgleich zwischen liberalen und konservativen Kräften. Seine Absicht, dem Staat uneigennützig zu dienen, brachte er zum Ausdruck mit dem Kopfschmuck, den er für das Münzbild wählte, einen Eichenkranz. Nebenbei nannte er sich auch nicht mehr König von Frankreich, sondern – wie es schon der hingerichtete Ludwig XVI. auf Anordnung des Nationalkonvents getan hatte – König der Franzosen.
Der Eichenkranz wurde fortan zum politischen Bekenntnis, von dem im Deutschen Reich diejenigen gerne Gebrauch machten, die ihre nationale Gesinnung und ihre Begeisterung für die Demokratie zum Ausdruck bringen wollten.
Frankfurt. Medaille auf die Wahl Friedrich Wilhelms IV. zum „Kaiser der Deutschen“. ((Durchmesser 45 mm))
Natürlich brachte die liberale Revolution von 1848 eine neue Schwemme von Eichendarstellungen. Eine Medaille auf die Wahl des preußischen Königs Friedrich Wilhelms IV. zum Kaiser der Deutschen zeigt Germania, wie sie sich auf den Stumpf einer Eiche stützt, der das zu Grunde gegangene erste Kaiserreich deutscher Nation symbolisiert. Ein kleiner, frischer Trieb, der aus dem toten Baum sprießt, soll das zweite deutsche Reich versinnbildlichen, das damals jedoch (noch) nicht zustande kommen sollte. Friedrich Wilhelm IV. lehnte die ihm zugedachte Ehre ab. Er wollte keinen „aus Dreck und Letten gebackenen“ Kronreif.
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, jedes weitere Vorkommen der Eiche im deutschen Münzbild aufzuführen. Seit 1848 hat sich die Eiche als Hoheitssymbol für Gesamtdeutschland in den Köpfen der Menschen festgesetzt und kann immer wieder benutzt werden, um nationale Hochgefühle hervorzurufen. Einigkeit und Recht und Freiheit beschwor der Eichbaum auf dem 5-Mark-Stück der Weimarer Republik. Ganz andere Ideale hatten die Nationalsozialisten, die anläßlich der Olympiade von 1936 die Sieger mit Eichenlaub bekränzten und ihnen dazu einen kleinen Eichbaum in einem Topf übergaben. Die Eiche ließ sich eben für alles ge- und mißbrauchen.
BRD. 50 Pfennig 1949, München.
Sie konnte auch als unverbrauchtes Symbol benutzt werden, als es nach der deutschen Niederlage 1945 wieder an den Aufbau ging. Die Frau mit dem Kopftuch, die mit eigenen Händen wieder einen kleinen Eichensetzling pflanzt, der einstmals zu einer mächtigen deutschen Eiche werden könnte, sie ist zum Symbol für den Wiederaufbau Deutschlands geworden.
So ist also der kleine, unspektakuläre Eichenzweig auf den deutschen 1-, 2- und 5-Cent Münzen eine Erinnerung an einstige Größe, Hoffnungen und vertane Chancen. Es ist gut, daß er für die neuen Euro-Münzen übernommen wurde. Keine andere Pflanze, kein Gebäude, kein Schiff hätte Deutschlands Geschichte des Zusammenwachsens zu einer demokratischen Nation von Bürgern besser symbolisieren können als der kleine, bescheidene Eichenzweig.