Warschau: Numismatisches Zentrum im Herzen von Europa – Teil 1

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von Ursula Kampmann

7. Juni 2018 – Zunächst eines: Ich bin in meinem Leben schon viel gereist. Aber wenn ich einen Preis für das gastfreundlichste Land dieser Erde zu vergeben hätte, dann stünde Polen ganz oben auf meiner Liste. Es ist nun zwar schon eine ganze Weile her, dass ich in Warschau zu Besuch war, aber ich habe nicht vergessen, auf was für einer Woge der Freundlichkeit ich getragen wurde, und zwar nicht nur von Seiten der lieben Kollegen und Kolleginnen. Ob Kellner, Passant, Bodenpersonal am Flughafen, ich habe nur freundliche Menschen getroffen.

Blick auf den Platz des Königlichen Schlosses. Foto: Shalom Alechem / Wikipedia. Gemeinfrei.

Warschau als Standort des Numismatischen Kongresses

Warschau ist eine wunderschöne Stadt. Ich will jetzt nicht allzu viel von den schönen Bauten, den kleinen Cafés, den originellen Läden, den großartigen Museen schwärmen. Das können Sie in jedem Reiseführer nachlesen. Aber ich möchte doch zum Ausdruck bringen, wie beeindruckt ich war. Denn wir dürfen eines nicht vergessen: Die Warschauer mussten ihre Altstadt komplett wieder aufbauen.

Grab eines Aufständischen, erschossen am 31. August 1944. Foto: Tadeusz Bukowski / Wikipedia.

Vergessen wir nicht, dass es deutsche Soldaten waren, die Warschau nach dem Warschauer Aufstand völlig verwüstet und systematisch zerstört haben. 10.455 Gebäude, 923 historische Bauten, 25 Kirchen, die Nationalbibliothek, die Warschauer Universität und 81 Grundschulen, das alles wurde komplett niedergerissen. Polen, die in den Ruinen der Stadt gefunden wurden, haben deutsche Patrouillen standrechtlich erschossen.
Ich denke, es gibt kein großartigeres Zeugnis für die europäische Idee als die Tatsache, dass ich als Deutsche mich in Polen trotz dieser Vergangenheit willkommen fühlen durfte. Ich habe die polnische Gastfreundschaft erlebt, und ich kann mich nicht besser dafür bedanken, als für dieses Land, seine Bürger und den XVI. Internationalen Numismatischen Kongress zu werben. Notieren Sie jetzt schon in Ihrem Kalender die Zeit zwischen dem 20. und dem 24. September 2021! Sie werden es nicht bereuen.

Aleksander Bursche begrüßt die Teilnehmer des XVI. Internationalen Numismatischen Kongresses vor dem archäologischen Institut in Warschau. Eine Bemerkung zum Regen: Ich war Ende Oktober in Warschau. Der Kongress findet im September statt – traditionell die schönste Jahreszeit. Foto: UK.

Wo der XVI. Internationale Numismatische Kongress stattfinden wird

Gastgeber des Kongresses ist Aleksander Bursche. Er hat mir die wunderschöne Universität von Warschau gezeigt, wo der Kongress stattfinden wird. Sie liegt nur einen Katzensprung vom historischen Stadtzentrum entfernt und wurde vor ein bisschen mehr als 200 Jahren gegründet. Lassen Sie sich übrigens nicht von den dunklen Wolken auf den Fotos abschrecken. Ich war Ende Oktober in Warschau, eine Jahreszeit, die nicht gerade für strahlenden Sonnenschein berühmt ist. Der Kongress selbst wird im September stattfinden. Traditionell die schönste Jahreszeit in Polen. Aus diesem Grund bevorzuge ich bei den Außenaufnahmen gelegentlich die Bilder von Wikipedia, selbst wenn ich eigene gemacht habe. Ich will Sie doch nicht durch einen falschen ersten Eindruck abschrecken!

Ein Beispiel, wie schön der Eingang zur Universität im Sonnenlicht aussieht. Foto: Minimus BY-CC 3.0.

Obwohl die Warschauer Universität während des Zweiten Weltkriegs völlig zerstört wurde, sieht man heute auf dem Campus überall prachtvolle, klassizistische Gebäude. Der goldbekrönte Adler beherrscht das aufwändig gestaltete Tor, durch das der Besucher den Campus betritt. Er ist das offizielle Emblem der Universität. Die fünf ihn umgebenden Sterne stehen für die fünf ersten Fakultäten: Jura, Medizin, Philosophie, Theologie und Naturwissenschaften.

Universitätsbibliothek. Foto: DocentX / Wikipedia.

Lassen Sie mich Ihnen ein einziges Gebäude als Beispiel vorstellen: Die alte Universitätsbibliothek, die Sie hier sehen, wurde 1894 errichtet. Damals plante der Architekt für 750.000 Bücher. Heute reicht das schon lange nicht mehr. Deshalb wurde zwischen 1999 und 2002 ein ultramodernes Gebäude außerhalb des Campus errichtet, ein preisgekröntes Beispiel für modernste Architektur mit einem einzigartigen Dachgarten, von dem aus man einen wundervollen Blick hat.
Nach dem Umzug wurde die alte Universitätsbibliothek entkernt und mit modernster Kongresstechnologie ausgestattet. Einige größere Workshops dürften hier stattfinden.

Hinter klassizistischen Fassaden verbirgt sich modernste Technologie. Foto: UK.

Der Internationale Numismatische Kongress darf also auf modernstes Equipment zählen. Und dazu gibt es auf dem Campus reichlich Plätze, wo man sich entspannt zu einem Schwatz zusammensetzen kann.

Wo Anfang des 19. Jahrhunderts die 542 Abgüsse aus der Sammlung des Königs Stanislaus Augustus zu sehen waren, wird 2021 der Ausstellungsbereich für Verlage sein. (Die MünzenWoche hat sich übrigens schon angemeldet). Graphik nach Franciszek Tegazzo (1829-1879), Foto: UK.

Der Ausstellungsbereich wird dort eingerichtet, wo Anfang des 19. Jahrhunderts die Abguss-Sammlung des polnischen Königs Stanislaus Augustus zu sehen war.

Ein Blick in die Räume des Instituts für Archäologie. Foto: UK.

Archäologie und Numismatik an der Warschauer Universität

Und natürlich können wir damit rechnen, dass sehr viele Warschauer Numismatiker uns mit ihrer Forschung vertraut machen, denn das Institut für Archäologie führt zahlreiche Lehrveranstaltungen zur Numismatik durch. Gelehrt wird in Polnisch UND Englisch, und damit erklärt sich die Tatsache, dass der Tourist in dieser Stadt durchkommt, ohne ein Wort Polnisch zu sprechen. Nicht dass das bedeuten soll, dass sich die Gastgeber nicht auch freuen würden, wenn wir wenigstens die grundlegendsten Begriffe in ihrer Sprache gelernt hätten…
Polen ist ein extrem international vernetztes Land. Viele Numismatiker sprechen mehr als eine Fremdsprache. Die vielen Verbindungen werden auch durch den Tätigkeitsbericht des Warschauer Instituts für Archäologie illustriert. Hier ein paar Beispiele, wo Warschauer Archäologen bereits gegraben haben: Alushta und Balaklava (Ukraine), Ayakagytma (Uzbekistan), Chhim (Libanon) und Ptolemais (Libyen), Luxor (Ägypten) und Dongola (Sudan), Mele Hairam (Iran) und Svishtov (Bulgarien), und, wie gesagt, das ist nur eine kleine Auswahl…

Rückseite der alten Universitätsbibliothek. Foto: UK.

Wir müssen uns im klaren sein, dass die Universität von Warschau nicht irgendeine Institution ist. Sie gehört zu den besten 3 % aller Universitäten weltweit. Sie verfügt – so eine Pressemeldung aus dem Jahr 2017 – über 21 Fakultäten und 30 weiteren Forschungsgruppen. 7.250 Personen arbeiten für die Universität. 44.400 Studenten machen hier ihre Ausbildung. 3.200 sind dabei ihre Dissertation zu schreiben.
Sie sehen, die Universität von Warschau ist groß genug, um eine immense Vielfalt an Kursen anzubieten. Und hat dabei trotzdem ihr besonderes Flair noch nicht verloren. Ein wunderbarer Standort also für den Kongress, vor allem wenn man bedenkt, wie viele polnische Numismatiker hier ihre Ausbildung erhalten (haben).
Hier ein paar Zahlen, die mir Aleksander Bursche freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat: Numismatik wird an der Universität von Warschau von acht (!) Personen gelehrt. In Warschau selbst gibt es ungefähr 25 (!) Numismatiker und in ganz Polen um die 150 bis 200. Und das bei rund 39 Mio. Einwohner. Zum Vergleich, Frankreich und Großbritannien haben beide etwas weniger als 70 Mio. Einwohner. Und ich möchte jetzt nicht anfangen, die Numismatiker zu zählen, die dort auch eine Stelle als Numismatiker bekleiden.

Während ich in Warschau war, wurde gerade das Logo für den Kongress gewählt.

Da dieser Internationale Numismatische Kongress diesmal tatsächlich in der Mitte von Europa abgehalten wird, werden viele Freunde aus den Nationen des Ostens teilnehmen können. Vielleicht sollte man bei dieser Gelegenheit darüber nachdenken, ob man neben Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch eine slawische Sprache, vielleicht das Russische, zur sechsten offiziellen Kongresssprache erhebt. Damit würde man der Internationalität der Veranstaltung Rechnung tragen.

In der nächsten Folge stellen wir Ihnen die beiden wichtigsten numismatischen Sammlungen in Warschau vor.

Der Gastgeber des Kongresses, Aleksander Bursche hat in unserem Who’s who einen Eintrag.

Hier erhalten Sie mehr Informationen zur Universität Warschau.

Zur Seite des archäologischen Instituts von Warschau kommen Sie hier.

Dort finden Sie auch diesen Film über den Internationalen numismatischen Kongress in Warschau, der Ihnen auch erzählt, dass Warschau nicht das einzige numismatische Zentrum in Polen ist. 

Hier geht’s zur Website des International Numismatic Council, das als Veranstalter des Internationalen Numismatischen Kongresses auftritt.

Dort gibt es auch schon Informationen zum Kongress von 2021.

Außerdem hat der Kongress bereits eine eigene Website.