25. Oktober 2018 – Münzen spiegeln ihre Zeit, so auch „Skull“, die neueste Erfolgsserie der Liechtensteiner Ideenschmiede CIT Coin Invest AG. Sie ist die radikalste Umsetzung eines Trends, der auch bei anderen Münzstätten zu entdecken ist, das Eindringen des Horrors, erst in den Alltag und dann in die Numismatik.
Halloween wird heute weltweit gefeiert. Warum wollen wir uns alle so grausen? Foto: Beth Teutschmann on Unsplash.
Tiere zum Grausen
Werfen wir doch nur einen Blick auf die so harmlos daherkommende Tier-Serie der Münze Österreich. Und fragen Sie sich bitte zuvor, welche Tiere Sie noch vor wenigen Jahren mit ihren Kindern resp. Enkelkindern im Zoo besucht hätten. Ganz klar, die Tiere, die 2002 auf der 5 Euro-Münze abgebildet waren, die anlässlich des 250-Jahr-Jubiläums des Tiergartens Schönbrunn von der Münze Österreich ausgegeben wurde: Pinguin, Robbe, Bär, Löwe, Schimpanse, Eule, Elefant und Giraffe.
Nur die Eule hat es noch in die neue Tierserie der Münze Österreich geschafft. Wahrscheinlich hielt man die anderen für zu langweilig, um damit Sammlerbegierden anzustacheln. So wurde das erste Tier der Serie im Jahr 2016 die Fledermaus. Und das wäre eine ziemlich merkwürdige Wahl, würde dieses kleine Säugetier nicht weit über sich selbst hinausweisen: Es wird in der bildenden Kunst seit Jahrhunderten als Symbol von Dämonen dargestellt. Seit den Dracula-Filmen wissen wir, dass sich Vampire besonders gerne in Fledermäuse verwandeln. Und nicht zuletzt deswegen gehören Fledermäuse zu den besonders faszinierenden Tieren. Dass die „Glow in the Dark“-Technologie, bei der lumineszierende Farben mittels Tampondruck aufgetragen werden, bei diesem Thema voll zur Wirkung kommt, war ein zweiter Pluspunkt für die Fledermaus.
Genauso wie beim Wolf, der als fünftes Tier der Serie im Jahr 2017 erschien. Er heult den Mond an und spielt damit auf die heute so beliebte Werwolf-Thematik an.
Der heulende Wolf aus der Serie „Mongolian Nature“ von 2013. Die sehr emotionale Darstellung in Zusammenhang mit der innovativen Schneidtechnik, die eigens für die Serie entwickelt wurde, verschaffte dieser Münze den Coty als „Most Innovative Coin 2013“.
Natürlich war die Münze Österreich nicht die erste Münzstätte, die diesen Trend erkannte. Bereits 2013 hatte Coin Invest mit der für die Mongolei ausgegebenen Münze „Crying wolf“ einen riesigen Erfolg. Die Prägung trug ihr sogar den Coin of the Year Award für die „Most Innovative Coin“ 2013 ein.
Ob Wespenspinne, Totenkopfschwärmer, Gecko, Kobra oder giftiger Baumfrosch, Sammler verlangen heute nach Tieren, die noch vor wenigen Jahrzehnten gelinde gesagt als „eklig“ galten. Dass sich unsere Einstellung zu diesen Tieren so verändert hat, liegt an den Massenmedien, vor allem am Fernsehen.
Zwischen Faszination und Grauen. Spinnen gehören laut Statistik bei Jugendlichen zu den 10 beliebtesten und interessantesten Tieren der Welt. Die Wespenspinne, die von CIT 2016 als Teil der Serie „Magnificent Life“ ausgegeben wurde ist so lebensecht, dass man Arachnophobikern von einem Erwerb abraten möchte.
Seit wann gruseln wir uns so gerne?
In Deutschland eroberten die privaten Medien Mitte der 80er Jahre den Bildschirm. Sie waren darauf angewiesen, mit möglichst wenig Aufwand möglichst große und für PR-Agenturen attraktive Käuferschichten vor den Fernseher zu bringen. Also beschäftigten sich die beliebten Tierdokus mit einer Menagerie von Superlativen: Der giftigsten Schlange, dem gefährlichen Hai, der tödlichsten Echse. Die öffentlichen Kanäle blieben natürlich auch nicht zurück: Sie konterten mit denselben Tieren, zeigten aber eher deren Schönheit.
Ein anderes bei Privatsendern beliebtes – und in der Anschaffung billiges – Genre waren die Horrorfilme, mit denen man zur späten Stunde die Jugendlichen begeisterte. Sie waren besonders attraktiv für die Werbeindustrie. Und die politische Diskussion, ob die extreme Gewalt für Heranwachsende nicht schädlich sein könnte, machte die Filme erst so richtig spannend.
Wer heute zwischen 50 und 65 Jahre alt ist, der ist mit Horrorfilmen aufgewachsen und verbindet mit ihnen nicht nur Untote und Blutbäder, sondern wunderschöne Jugenderinnerungen an gemeinsame Kinobesuche und Fernsehabende.
Der 2018 emittierte Totenkopfschwärmer stellt eine Weiterentwicklung auf dem Weg des Grauens dar. Die Erscheinung kombiniert Faszination und Grauen.
Das Grauenhafte wird Mainstream
Mit den aufkommenden Videotheken nahm das Angebot an Horrorfilmen nur noch zu. Und spätestens mit den Harry Potter-Romanen hat die Welt des Unheimlichen den Mainstream erreicht. Romane für Jugendliche und Erwachsene thematisieren das Leben von Werwölfen, Vampiren, Geistern, Zombies und was es sonst noch an unheimlichem Szenario gibt.
Wenn sogar ein für jedes Alter freigegebener Trickfilm wie „Coco – Lebendiger als das Leben!“ Skelette und Totenschädel animiert und dafür mit einem Oscar als bester Animationsfilm ausgezeichnet wird, sind einst mit Grauen behaftete Gegenstände wie der Totenschädel im Mainstream angekommen.
Die Serie „Skull“ existiert in mehreren Größen.
Día de Muertos und Allerseelen
Totenschädel sind also modern, und deshalb wurde die ungewöhnliche Serie „Skull“ zu einem Renner, ob als Kleingoldmünze im Gewicht von einem halben Gramm, ob als silberne Prägung im Hochreliefverfahren im Gewicht von einer Unze, ob der „Big Skull“ im Gewicht von 500 g Silber oder der goldene Skull im Gewicht von einer Unze. Die Stücke sind schneller ausverkauft als sie designt und geprägt werden können.
Die neueste Ausgabe „La Catrina Skull“ verspricht genauso ein Verkaufsrenner zu werden wie „Skull“ und „Pirate Skull“, die ersten beiden Ausgaben der Serie.
Die neueste Ausgabe erinnert übrigens an das mexikanische Fest der Toten, den Día de Muertos, der dank Pixar und dem Trickfilm „Coco“ nun auch deutschen Kindern ein Begriff ist. „La Catrina“ wurde zu dessen Symbol. Dabei ist der Día de Muertos eigentlich nichts Neues. Auch in Deutschland feiert man am 1. und 2. November, und das seit mehr als einem Jahrtausend, die 998 von Abt Odilo von Cluny eingeführten Feste „Allerheiligen“ und „Allerseelen“. Allerdings findet man in unseren Konditoreien (bis jetzt) kein Zuckerwerk, das in Skelett- und Totenschädelform gebacken wird.
Halloween, ein neuer deutscher Brauch?
Noch bis vor wenigen Jahrzehnten gehörte in den deutschsprachigen Ländern das Allerheiligenfest zum familiären Inventar. Die Großfamilie traf sich und besuchte gemeinsam die Gräber der verstorbenen Familienangehörigen. Doch seit den 90er Jahren sind die kirchlichen Feste auf dem Rückzug.
Eine Leerstelle ist geblieben. Sie wird, so Prof. Dr. Gunther Hirschfelder, Professor für vergleichende Kulturwissenschaften an der Universität Regensburg, gefüllt durch das mit Hilfe von Fernsehen und Romanen bekannt gemachte Halloween-Fest, das eigentlich in der englischsprachigen Welt seinen Ursprung hat.
Dass die Fachgruppe Karneval des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie sich selbst dessen Popularisierung zuschreibt, darf man getrost als eine gewisse Selbstüberschätzung betrachten. Man hatte dort, nachdem 1991 der Karneval wegen des Beginns des Golfkriegs abgesagt worden war, überlegt, wie man in Zukunft das Risiko der Kostümproduktion nicht nur auf eine Jahreszeit verteilen könne. So startete man 1994 eine Kampagne für Halloween.
Aber keine Werbekampagne der Welt hätte dieses Fest so beliebt machen können, hätte es nicht in der breiten Bevölkerung ein Bedürfnis und eine Lücke dafür gegeben.
Heute ist Halloween ein großartiges Geschäft, vor allem für die Süßwarenindustrie. Sie macht in Deutschland mittlerweile ein Drittel ihres Jahresumsatzes in den Tagen vor Halloween.
Das Gecko – eine ungewöhnliche Münzausgabe, die in einer ungewöhnlichen Verpackung untergebracht ist.
Ob Fledermaus, Wespenspinne, Skull, Gecko oder Totenkopfschwärmer, die Gruselwelle hat uns die Augen geöffnet für die Schönheit, die in gefährlichen Tieren oder bisher tabuisierten Objekten wie dem Totenschädel verborgen ist. Dass diese Entdeckung auch in der Numismatik angekommen ist, sollte nicht verwundern.
Weitere Abbildungen finden Sie unter auf der Webseite der CIT Coin Invest AG.
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