Wie positioniert sich der Münzmarkt zu Russland?

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Es dauerte etwa drei Wochen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, bis die politischen Wellen auch im Kunstmarkt angelangt waren. Am 17. März 2022 meldete die Nachrichtenagentur Reuter, dass Christie’s, Sotheby’s und Bonhams ihre großen Auktionen mit russischer Kunst abgesagt hätten. Hintergrund waren die Sanktionen, die zahlreiche Staaten wie die USA, Großbritannien, aber auch die EU gegenüber Russland ergriffen haben.

Wie ist die aktuelle Lage auf dem Münzmarkt? Finden Sammler russischer Münzen und Medaillen überhaupt noch Ware? Wir haben uns umgehört.

Der Kunstmarkt zeigt Flagge

Obwohl die drei großen Auktionshäuser ihre Auktionen mit russischer Kunst in London abgesagt haben, klingen die Statements doch sehr unterschiedlich. Reuter zitiert Sotheby’s mit den Worten: „Wir setzen die aktuellen Sanktionen in aller Härte um und behalten Aktualisierungen und neue Listen [von Einzelpersonen, die von Sanktionen betroffen sind, Anm. Red.] genau im Blick.“ [„We are absolutely rigorous about following the present sanctions, and are monitoring closely for any updates to the lists.“]

Bei Christie’s erklärte man die Verschiebung eher vage mit logistischer und rechtlicher Unsicherheit, Bonhams gab keine Erklärung.

Klar ist: In der Auktion sollten hochkarätige Objekte angeboten werden und in normalen Zeiten wären zahlungskräftige Bieter aus Russland zu erwarten gewesen. Doch normale Zeiten sind dies nun einmal nicht.

Die USA, die EU – und viele andere Staaten – haben als Reaktion auf Russlands Angriffkrieg zum einen Sanktionen gegen hochrangige Politiker und Prominente in Russland und Belarus verhängt. Das eigentliche Problem für den Handel ist jedoch der SWIFT-Ausschluss russischer und belarussischer Banken, der diese Banken und deren Kunden vom internationalen Zahlungsverkehr abschneidet.

Wo steht der Münzhandel?

Auch der Münzhandel spürt diese Sanktionen. Von verschobenen Aktionen ist bislang nichts bekannt. Offensiv Position bezogen hat die Onlineplattform für Sammler Delcampe. Am 7. März 2022 informierte Delcampe in einem Newsletter darüber, dass sämtliche Konten von Mitgliedern gesperrt wurden, die in Russland und Weißrussland leben. Außerdem wurden die Verkäufe und Käufe dieser Mitglieder storniert und Verkaufsgebühren für stornierte Transaktionen nicht verbucht. Darüber hinaus hat Delcampe alle Bewertungen neutralisiert, „die im Rahmen aller von diesen Maßnahmen betroffenen Transaktionen erteilt worden sind“. Russische Münzen finden sich auf der Plattform weiterhin.

Und in der Tat: Für die Sammler dürfte sich aktuell wenig ändern, russische Münzen werden schließlich weiter gehandelt.

Hört man sich im Münzhandel ein wenig um, dann merkt man zwei Dinge ganz deutlich. Zum einen herrscht Pragmatismus vor. Die Frage, ob man noch mit russischen Staatsbürgern handele, erübrige sich: Denn durch die Sanktionen sind Transaktionen mit russischen Staatsbürgern, die in Russland leben, schlichtweg kaum möglich und wenn, dann sehr riskant. Zum anderen wird immer wieder deutlich, dass viele Münzhändler der Ansicht sind, dies sei ein Krieg Putins, nicht der Russen. Sie bedauern, ihre russischen Kunden aktuell nicht mehr bedienen zu können. Statt grundsätzlicher Ablehnung praktiziert man eher Einzelfallprüfungen.

Doch dies betrifft ohnehin nur Auktionshäuser, die überhaupt Kunden in Russland haben. Und auch von diesen hört man teilweise, dass der Handel mit Russland schon vor einem Jahr oder gar mit Russlands Annexion der Krim eingebrochen sei.

Es ist die Ausnahme, wenn ein Auktionshaus zur Zeit nur klassische russische Numismatik anbietet, nicht aber moderne Ausgaben, von denen indirekt die russische Regierung profitiert. Anders als im Kunstmarkt sind große Auktionen, die ohne russische Bieter nicht denkbar sind, zur Zeit kein Thema.

Ist Russland auf dem Markt noch präsent?

Wer in Onlinekatalogen stöbert, findet russische Münzen und Medaillen weiterhin in großem Umfang. Aber während auch bei Münzen das Onlinegeschäft während Corona erblühte, sahen sich die Händler plötzlich vor die Herausforderung gestellt, wie sie ohne Direktkontakt und Börsen genügend Einlieferer finden sollten, um ihre bevorstehenden Auktionen mit interessanter Ware zu befüllen. Ab wann wird sich der fehlende Nachschub aus Russland im Münzhandel bemerkbar machen? Die Welt teilt sich gerade in zwei abgeriegelte politische und Wirtschaftsräume, wie einst im Kalten Krieg. Und Tauwetter ist nicht in Sicht.

 

Über die verschobenen Auktionen in London berichtete Reuter.

Die Ernst-von-Siemens-Kunststiftung unterstützt ukrainische Wissenschaftler, die nach Deutschland geflohen sind.

Auch der Internationale Numismatische Kongress, der im Herbst 2022 in Warschau stattfindet, ist in seiner Organisation von dem Krieg betroffen und hat eine Stellungnahme abgegeben.

Wer den Konflikt um die Ukraine verstehen will, muss zunächst verstehen, wie die Ukrainer sich selbst sehen. In diesem Artikel geht es um das Selbstbild der modernen Ukraine auf ihren Gedenkmünzen.

Bei Cosmos of Collectibles finden Sie übrigens viele Münzen der Ukraine.