von Björn Schöpe
18. Juni 2015 – Am 6. Juni 2015 eröffnete das Münzkabinett Dresden feierlich seine neue Dauerausstellung im prachtvollen Georgenbau des Dresdner Residenzschlosses. Nach jahrzehntelangen Zwischenlösungen war Deutschlands drittgrößte Münzsammlung mit rund 300.000 Objekten bereits 2002 an den Ort ihrer Entstehung zurückgekehrt. Die Anstrengungen, die danach mit der aufwendigen Einrichtung der neuen Ausstellung verbunden waren, sind Dr. Rainer Grund, dem Direktor des Münzkabinetts noch immer anzumerken. Zwischen seinen vielen Terminen fand er freundlicherweise Zeit für ein Gespräch, in dem er uns ausführlich von dem Besuch der G7-Finanzminister berichtete.
Der Georgenbau. Dort begann die Geschichte der Sammlung und dorthin ist sie wieder zurückgekehrt. Foto: Kolossos / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Nach 11 Jahren ohne permanente Ausstellung, die aber wenigstens mit kleineren Sonderausstellungen überbrückt werden konnten, besitzt das Dresdner Münzkabinett endlich wieder eine eigene Ausstellungsfläche (einen ausführlichen Artikel dazu finden Sie hier). Die Neueröffnung erfuhr große Aufmerksamkeit in der nationalen und internationalen Presse, nicht zuletzt wegen des Besuchs der Finanzminister im Rahmen des G7-Treffens. Wie Rainer Grund gesteht, war diese Besichtigung vor der offiziellen Eröffnung kein Zufall…
So sah dann das „Familienfoto“ der G7-Teilnehmer aus: Die Finanzminister in trauter Runde im Kleinen Schlosshof des Residenzschlosses. Foto: Thomas Köhler, Bundesministerium der Finanzen.
Sobald die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Herbst 2014 erfuhren, dass Wolfgang Schäuble das G7-Finanzministertreffen vom 27. bis 29. Mai 2015 in Dresden plante, nahm die Generaldirektion Kontakt auf mit dem Büro von Herrn Schäuble. Man schlug einen Exklusivbesuch der neuen Ausstellung vor und rannte damit offene Türen ein. Das bedeutete aber für das Münzkabinett, dass die für Herbst geplante Ausstellungseröffnung einige Monate eher zu erfolgen habe. Eigentlich unmöglich, aber es gab mehr Personal und mehr Geld, so dass das kleine Wunder geschah…
Im Gespräch ist Rainer Grund noch jetzt die Erleichterung anzuhören, obwohl nicht alles so klappte wie geplant. Es sprudelt nur so aus dem Direktor heraus, was es für Organisation verlangte, die Arbeit aller Beteiligten zu koordinieren. Die Vitrinen wurden gefertigt und aufgestellt von der Firma Artex in Wien, das Architekturbüro saß in Berlin, die Grafiker in Dresden… Eine Verzögerung an einer Stelle zog Pausen bei anderen Arbeitsschritten nach sich…
Das Residenzschloss, Tagungsort der G7-Finanzminister. Foto: Kolossos / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de
Zu den retardierenden Momenten zählte auch das G7-Treffen selbst, das den perfekten Zeitplan fast zum Scheitern gebracht hätte. Schließlich galt in Dresden die höchste Sicherheitsstufe. Die Innenstadt war in unterschiedliche Zonen eingeteilt, wobei für das Residenzschloss als Tagungsort natürlich die höchsten Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Zwar erhielten die Museumsmitarbeiter und externe Partner Passierscheine und konnten an der Ausstellung weiterarbeiten, doch wer bei der Akkreditierung vergessen wurde, dem blieb der Zutritt verwehrt.
So war auch in der Ausstellung nicht alles für die Herrn Minister fertig geworden, aber die bereits vollendeten Bereiche konnten sich durchaus sehen lassen.
Die Putzkolonne musste übrigens noch schnell herbeigerufen werden, wie Rainer Grund schmunzelnd vermerkt. Schließlich sollten weder die Sicherheitsbestimmungen verletzt werden, noch der hohe Besuch durch eine schmutzige Ausstellung schreiten…
Hartwig Fischer, der Generaldirektor der Staatlichen Kunstmuseen Dresden, r. und Dr. Rainer Grund im Hintergrund l. freuen sich über den hohen Besuch von Finanzminister Schäuble. Foto: Thomas Köhler, Bundesministerium der Finanzen.
Und dann war es soweit! Am Nachmittag des 28. Mai gegen 14.15 Uhr betraten die Finanzminister die offiziell noch geschlossene Ausstellung. Rainer Grund beschreibt, dass sich plötzlich Dutzende von Leuten in den Sälen drängten. Es kamen nicht nur die Finanzminister, sondern auch ihre Stellvertreter, Assistenten und jede Menge Sicherheitspersonal. Nicht zu vergessen, die Kollegen von der Presse. Die Veranstaltung war nicht verpflichtend, so dass es eine besondere Ehre für Dresden darstellt, dass auch der britische Finanzminister George Osborne und sein französischer Kollege Michel Sapin kamen.
Gelohnt hat es sich für die Besucher ohne Zweifel, immerhin hatte Rainer Grund lange im voraus die Höhepunkte der Präsentation ausgewählt und Erläuterungen in Englisch vorbereitet. Man konnte bei dieser Gelegenheit gleich die Rollstuhltauglichkeit der Ausstellung testen. Schließlich war darauf zu achten, wie Rainer Grund sagt, „dass die ausgewählten Stücke für den deutschen Finanzminister aus seinem Rollstuhl gut einzusehen waren“.
Die Medaille auf die Neueröffnung des Münzkabinetts hat Peter-Götz Güttler entworfen. Foto: Roger Paul. Copyright: Staatliche Kunstsammlungen Dresden.
Nach der Begrüßung durch Hartwig Fischer, Generaldirektor der Staatlichen Kunstmuseen Dresden, folgte die Geschenkübergabe. Die Staatlichen Kunstmuseen präsentierten einen prächtigen Katalog zur Porträtmedaille in der deutschen Renaissance und eine Prägemedaille, die anlässlich der Neueröffnung des Museums von Peter-Götz Güttler entworfen wurde. Passend dazu überreichte Finanzminister Schäuble als Geschenk ein Set der aktuellen 2-Euro-Sondermünze „25-Jahre Deutsche Einheit“.
In nur 30 Minuten mussten 2600 Jahre Geldgeschichte anhand ausgesuchter Highlights komprimiert werden. Foto: Thomas Köhler, Bundesministerium der Finanzen.
Danach konnte es losgehen. Hartwig Fischer führte auf Englisch (in den Gesprächen wechselte man schon auch mal ins Deutsche), Rainer Grund sprang als Fachmann ein, wenn es Erläuterungsbedarf gab. Die beiden hatten die Herausforderung angenommen, ihren illustren Besuchern innerhalb einer halben Stunde 2600 Jahre Geldgeschichte anhand der 3300 Exponate umfassenden Ausstellung zu erläutern!
Herr Schäuble zeigte großes Interesse an bestimmten Stücken. Foto: Thomas Köhler, Bundesministerium der Finanzen.
Herr Schäuble interessierte sich insbesondere für die älteste Münze und die schwerste – er orientierte sich also an klaren, mathematischen Eigenschaften.
Der französische Finanzminister Sapin glänzt mit numismatischem Wissen. Foto: Thomas Köhler, Bundesministerium der Finanzen.
Bei einem der ältesten Stücke, einer Prägung des Alyattes aus der Zeit um 600 v. Chr., bewies sein Kollege Sapin numismatische Kenntnisse, als er die Münze sogleich richtig zuordnete.
Ansonsten ließen sich die Besucher vor allem beeindrucken. Rainer Grund empfand die Atmosphäre einerseits zwar als „hektisch und betriebsam“, was bei dem engen Zeitrahmen nicht verwundert. Andererseits zeigte er sich positiv überrascht davon, wie sehr seine Gäste „erstaunt schienen ob der gut gestalteten Präsentation dieser Kostbarkeiten“. Hartwig Fischer propagiert seit langem das neue Museum als „neue Schatzkammer in Dresden“ (der Ausdruck soll eine Verwechslung mit dem Grünen Gewölbe vermeiden, Dresdens eigentlicher Schatzkammer).
Die Besucher waren so fasziniert, dass Hartwig Fischer die ihm zugestandene Zeit überschritt. Bis Herr Schäuble nachdrücklich auf den Zeitplan aufmerksam machte. Wenige Minuten später hatten die Numismatiker ihre Münzen wieder für sich – und ihr noch unvollendetes Museum.
Die Staatliche Münze Berlin schenkte allen Mitarbeitern des Münzkabinetts eine Gedenkmedaille anlässlich der Neueröffnung. Foto: Staatliche Münze Berlin.
Ausruhen konnte man sich nämlich nach diesem Großereignis nicht. Zu viel war noch bis zur eigentlichen Eröffnung vorzubereiten. Tatsächlich reichte es wieder einmal gerade so hin, wie Rainer Grund gesteht: „Die letzten Stücke wurden erst am Abend vor der Eröffnung eingelegt.“
Bei der Eröffnung erhielten alle Angestellten des Münzkabinetts noch eine Überraschung, die den Direktor sehr freute: Die Staatliche Münze Berlin hatte eine eigene Medaille prägen lassen, um die Neueröffnung des Dresdner Münzkabinetts zu feiern.
Der Banddurchschnitt anlässlich der Eröffnung der Dauerausstellung des Münzkabinetts am 6. Juni 2015. Foto: Oliver Killig. Copyright: Staatliche Kunstsammlungen Dresden.
Die Rechnung des Museum ist aufgegangen: In allen Medien sah man die bedeutenden Politiker beim Besuch des neuen Münzkabinetts in Dresden. So viel Werbung für die Numismatik im Allgemeinen und Dresden im Besonderen muss ja Erfolg zeigen. Rainer Grund wünscht sich, dass die Ausstellung „großen Zuspruch für lange Zeit erfährt“.
Da kann sich die MünzenWoche nur anschließen. Wir gratulieren zu diesem PR-Coup, die Finanzminister der wichtigsten Wirtschaftsmächte durchs Münzkabinett Dresden geführt zu haben. Und wir wünschen viel Glück und Hunderttausende von Besuchern für die neue Ausstellung.
Mehr über die Neueröffnung lesen Sie in diesem Artikel.
Zu der Seite des Münzkabinetts gelangen Sie hier.
Die von Peter-Götz Güttler gestaltete Medaille ist im Museumsshop im Residenzschloss, Buchhandlung Walther König, in den Ausführungen Feinsilber und Kaiserzinn erhältlich.