Geht man heutzutage in Deutschland auf eine numismatische Veranstaltung, so fällt einem meist der hohe Altersdurchschnitt auf. Egal ob auf Messen, Sammlertreffen oder Fachtagungen, die junge Generation trifft man hier nur selten. Es stellt sich ja schon fast generell die Frage ob in einer so digitalisierten Welt überhaupt noch Platz für haptische, analoge Gegenstände ist. Interessiert sich die Jugend noch für Münzen? Kann man die Jugend in einer Zeit in der über die Abschaffung von Bargeld diskutiert wird noch für Münzen begeistern?

Berühmte Sammler
Wieso sollte man sich überhaupt mit Münzen befassen? Werfen wir doch mal einen kurzen Blick zurück auf die Geschichte der Münzsammler. Während der Renaissance hatte sich das Münzensammeln geradezu zu einem Trend unter Adligen entwickelt. Diese „Modeerscheinung“ war damals natürlich nicht erschwinglich für den einfachen Bürger und wird deswegen noch heute als „Das Hobby der Könige“ bezeichnet. Persönlichkeiten wie der legendäre „Sonnenkönig“ Louis XIV. oder der Habsburger Kaiser Karl VI. waren begeisterte Münzsammler. Aber auch bedeutende Künstler wie Johann Wolfgang von Goethe frönten diesem Hobby. Der Numismatiker ist also seit jeher in guter Gesellschaft.

Warum werden Münzen gesammelt
Was macht dieses Hobby nun aber für den Normalbürger interessant? Auch wenn Münzen heutzutage nur als Zahlungsmittel wahrgenommen werden, erfüllten Sie früher noch einen weiteren Zweck: Sie dienten als Kommunikationsmittel. Ein Herrscher konnte damit Informationen an sein Volk geben. Oft wusste das Volk nur über das Konterfei auf den Münzen, wie der aktuelle Herrscher aussah. Darüber hinaus tragen Münzen ihre Geschichte durch die Zeit. Sie sind Überbleibsel aus längst vergangenen Jahrhunderten und geben Hinweise darauf, wie die Geschichte verlaufen ist. Noch vor 200 Jahren gab es quasi keine geschichtswissenschaftlichen Studien die sich nicht ausführlich auf Münzen als wichtigste Quelle beziehen. Münzen sind quasi Zeitreisende, die die Jahrhunderte überdauern und beweisen, dass Vergangenes tatsächlich stattgefunden hat.
Das Sammeln von Münzen bringt einen also dazu, sich mit Geschichte und Kultur auseinanderzusetzen. Und eben nicht nur auf theoretischer Ebene. Es sind haptische Zeitzeugen, die berührbar sind. Besonders das ist für junge Leute ein wichtiger Aspekt, da Geschichte somit greifbarer wird. Ich bekomme immer wieder Anfragen von Lehrern, die gerne Münzen für ihren Geschichtsunterricht hätten. Geschichte wird dadurch für die Jugend interessanter, da sie einen leibhaftigen Beweis dafür haben, dass sie wirklich passiert ist. Das zeigt, dass auch unter jungen Menschen noch ein generelles Interesse an Münzen zu bestehen scheint. Den meisten wird das Thema nur nicht nahe gebracht.
Das Problem ist der angestaubte Ruf dem dieses Hobby in Deutschland anhängt. Numismatische Veranstaltungen sind meist dominiert von Besuchern im gehobenen Alter. Seit Jahrzehnten ändern sich diese Veranstaltungen kaum und auf eine gezielte Ansprache jüngerer Leute wird oftmals verzichtet. Im Ausland, insbesondere in Asien scheint der Altersdurchschnitt deutlich jünger. Meiner Meinung nach liegt das u.a. daran, dass hier viel stärker mit sozialen Medien gearbeitet wird. YouTube und Instagram werden hier gezielt verwendet und sprechen damit deutlich jüngeres Publikum an als die klassischen Printmedien. Um die Jugend auch in Deutschland an die Numismatik zu führen ist ein stärkerer Fokus auf digitale Medien unerlässlich.

Warum sollte man heutzutage noch Münzen sammeln?
Sicherlich werden heutzutage primär digitale Dinge gesammelt (Likes, Follower, „Fortnite Erfahrungspunkte“). Dennoch denke ich, dass gerade in einer so stark digitalisierten Welt das Interesse an greifbaren Dingen wieder steigen wird. Es dient als Gegenpol zu einer sich ständig verändernden Welt mit zunehmender politischer Unsicherheit. Das Sammeln von alten Objekten, die Beständigkeit vermitteln und an vergangene, vielleicht auch idealisierte Epochen erinnern, kann ein Ruhepol sein. Sammeln diente schon immer als entspannende Ablenkung, als Tätigkeit, in die man sich vertiefen kann, um dabei den alltäglichen Stress auszublenden. Was eignet sich hierfür besser als ein ästhetisches Objekt, welches aus Edelmetall gefertigt ist und eine teils Jahrhunderte alte Geschichte erzählt. Auch wenn es sich letztlich irgendwann mal um ein alltägliches Zahlungsmittel gehandelt hat, ist eine Münze dennoch ein überlegt entworfener Kunstgegenstand. Die Darstellung auf den Münzen geben Hinweise auf die Gedankenwelt der Menschen von damals und sind (natürlich abhängig von Erhaltung und Entwurf) einfach schön anzusehen.
Fazit
Ich denke, der Grund warum sich die Jugend kaum noch mit Münzen befasst, ist schlichtweg der fehlende Bezug. Viele haben niemals eine interessante Münze in der Hand gehabt. Der meist sehr theoretische Geschichtsunterricht macht die Geschichte nicht greifbar und weckt damit kaum Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Materie. Wir alle können jedoch dazu beitragen, junge Leute wieder für die Numismatik zu begeistern. Sei es durch moderne Auftritte in den sozialen Medien oder durch die Unterstützung von Schulen mit Münzen zu Lehrzwecken. Ich hoffe, dass sich dadurch in Zukunft wieder mehr junge Menschen für das „Hobby der Könige“ interessieren werden.
Wie es dazu kam, dass Ludwig XIV. Münzen nicht nur als Hobby sammelte, sondern vor allem seine Staatsfinanzen durch einen rigiden Sparkurs in Ordnung brachte, lesen Sie in diesem Teil unserer Serie MenschenGesichter.
Tatsächlich begegnet man auf asiatischen Börsen nicht nur jungen Männern auf der Suche nach Münzen, sondern sogar jungen Frauen!
Auf der Internetseite seines Unternehmens Bavaria Münzhandel erfahren Sie mehr über Julian Hofstetter.