
„Das Orientalische Münzkabinett Jena ist heute die zweitgrößte Sammlung seiner Art in Deutschland, und auch eine der größten öffentlichen Sammlungen orientalischer Münzen weltweit.“ So beginnt Stefan Heidemann seinen kurzen Bericht über Geschichte und Highlights dieser wichtigen numismatischen Institution. Auch Jena gehört also zu den vielen Universitätssammlungen, deren Wurzeln noch im 19. Jahrhundert liegen und die in den vergangenen Jahren friedlich vor sich hinschlummerten, bis dank engagierter Numismatiker und dank des DFG-finanzierten KENOM-Projekts eine breite wissenschaftliche Gemeinschaft auf die Schätze aufmerksam wurde.
Und Schätze gibt es in Jena genug zu heben, so zum Beispiel das wohl bekannteste Exemplar der Sammlung, einen Dinar aus dem Jahr 77 AH bzw. 696. Ihn stellt Stefan Heidemann an den Beginn seines Beitrags. Er schafft es, nicht nur die Sammlungsgeschichte lebendig zu erzählen, sondern auch für die 30 aus der Sammlung ausgewählten Beispiele mit wenigen prägnanten Worten kurz darzustellen, warum gerade diese Münze von Interesse ist.
Ein sehr lesenswertes kleines Büchlein also, vor allem weil noch auf eine zweite in Jena liegende Sammlung verwiesen wird. Erst 1995 entdeckte man die 585 Papierabzüge von Fotos, die Moritz Alphons Stübel während seiner Orientreisen in den Jahren 1856-1858, 1882 und 1890 anfertigte.
Die Bilder haben einen ganz eigenen Reiz! Sie zeigen uns, wie wir uns den Orient im 19. Jahrhundert vorzustellen haben. Wobei man sich durchaus nach der Inszenierung fragen darf. Die Gestalten, die die Hohe Pforte in Konstantinopel umgeben, wirken seltsam arrangiert, als habe ihnen der Fotograph genau gesagt, wie sie sich zu geben hätten. Massenaufnahmen dagegen wie die von der Pilgerkarawane nach Mekka oder einem religiösen Fest in Kairo, an dem ein Scheich über Gläubige hinwegreitet, zeigen ein unbeeinflussbares Gewimmel. Nun, wen überrascht das, wenn wir uns überlegen, welche Konventionen für Touristenfotos heute weltweit verbreitet sind.
Kurz, wer sich für den Vorderen Orient und seine islamische Welt interessiert, wird das im Harrassowitz-Verlag erschienene Büchlein spannend und unterhaltsam finden. Man muss vor der Lektüre kein gesteigertes Interesse an islamischen Münzen haben. Hinterher hat man es bestimmt.
Ach ja, die Preisgestaltung ist allerdings ein bisschen weltfremd. Für broschierte 96 Seiten, 29,80 Euro zu verlangen, ist kühn, vor allem weil das e-Book genau denselben Preis kostet.
Vielleicht rechnet der Verlag damit, dass Fachbibliotheken das Buch sowieso kaufen müssen und die breite Öffentlichkeit, die im Gegensatz zu Bibliotheken durchaus auf den Preis achtet, sich dafür nicht interessiert. Das hat das Büchlein nicht verdient, weil es sich wunderbar dazu eignen würde, interessierten Laien zu zeigen, welche Schätze an manch deutscher Universität unerkannt schlummern.
Bestellen Sie das Büchlein doch direkt über den Harrassowitz-Verlag.