Mittelalterliches Geld- und Bankwesen zwischen Alpen und Adria

Helmut Rizzolli, Mittelalterliches Geld- und Bankwesen zwischen Alpen und Adria. Athesia Tappeiner Verlag, Bozen 2021. 424 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen, 187 mm x 124 mm. ISBN: 978-88-6839-547-6. 20 Euro.
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Es gibt Bücher, die sind so groß, dass wir sie zum Einscannen der Titelseite nicht mal auf unseren Scanner legen können. Es gibt Bücher, da muss ich jede Seite zweimal lesen, bis ich sie endlich verstanden habe. Es gibt Bücher, die unter dem Vorwand populär zu sein, einfach nur lausig recherchiert sind. Helmut Rizzollis jüngstes Buch mit dem Titel „Mittelalterliches Geld- und Bankwesen zwischen Alpen und Adria“ ist nichts davon. Es ist ein handliches Buch, das in einer verständlichen Sprache geschrieben die neueste Forschung zu einem der zentralen Wirtschaftsräume des Mittelalters zusammenfasst. Und jetzt kommt das Beste: Die Südtiroler Sparkasse hat den Druck finanziert, so dass das Buch gerade mal eine Schutzgebühr von 20 Euro kostet.

Transitregion zwischen Italien und Deutschem Reich

Die wenigsten, die auf bestens beschilderten Wegen durch die Dolomiten wandern, machen sich bewusst, dass sie sich in einem Gebiet bewegen, das vor rund 700 Jahren eine höchst aktive Handelsregion war, die nicht nur den schon im Mittelalter gerne getrunkenen Wein produzierte, sondern als zentral gelegener Umschlagplatz für die Waren des Nordens und des Südens diente. In Meran und Bozen trafen sich die Händler. Sie brauchten eine stabile Währung, und die entstand mit den Münzen des Veroneser Währungsraums, dem Helmut Rizzolli und Federico Pigozzo im Jahr 2015 eine detaillierte Studie widmeten. Das umfangreiche Werk von mehr als 700 Seiten gewann einen Buchpreis der IAPN, die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler, aber – wie es halt den meisten numismatischen Büchern so geht – nicht unbedingt das Interesse einer breiten Öffentlichkeit.

Die aber liegt Helmut Rizzolli besonders am Herzen. Deshalb tut er etwas dafür, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse an leicht zugänglichen Stellen zu platzieren. So gehört er zu den wenigen Numismatikern, die es schaffen, ein öffentliches Podium für die Münzkunde und die Wirtschaftsgeschichte zu bereiten. Das gelingt ihm, weil er viel mehr ist als „nur“ ein hervorragender Numismatiker. Er ist darüber hinaus hervorragend vernetzt und kennt die Südtiroler Kultur- und Museumslandschaft wie kein zweiter. Als Präsident der Stiftung Bozner Schlösser und ehemaliger Bozner Stadtrat für Wirtschaftstätigkeiten und Fremdenverkehr bringt er immer wieder zu Gunsten der Numismatik Akteure zusammen und schafft so einen Resonanzraum, wie ihn die Numismatik nur an wenigen Orten besitzt.

Ein Münzschatz und eine Sparkasse

Sie meinen, ich übertreibe? Gut, hier sind die nackten Fakten. Angeblich um 1840 wurde bei Padua ein kurz vor 1329 verborgener Münzschatz entdeckt, der 4.033 Münzen Südtiroler Währung enthielt. Um nun sicherzustellen, dass dieser alte Fund zusammen und für die Öffentlichkeit zugänglich bleibe, entschied sich die Südtiroler Landessparkasse im Jahr 1986, ihn geschlossen zu erwerben. Große Teile davon waren und sind jetzt wieder in Form einer permanenten Ausstellung in der Bozner Niederlassung am Waltherplatz zu sehen. Dazu gibt es ein von der Sparkasse finanziertes digitales Angebot und ein Buch, eben das Buch, das wir Ihnen heute vorstellen können.

Wie der Präsident der Südtiroler Sparkasse Gerhard Brandstätter im Rahmen der Buchpräsentation erläuterte, gehört der Münzfund ins PR-Konzept zur Kundenbindung seines Unternehmens. Es ist nämlich geplant, „dass diese Schau zukünftig in all unseren Filialen im oberitalienischen Raum als eine Art Wanderausstellung zirkuliert.“ Welch eine Chance für die Numismatik, breite Kreise der Öffentlichkeit zu gewinnen!

Ein nützliches Handbuch

Was soll ich nun noch über das Handbuch schreiben? Vielleicht dass es zu den wenigen Büchern gehört, die ich bereits mehrfach konsultiert habe, ehe sie von dem Regal, in dem die für eine Rezension eingeschickten Bücher stehen, in meine reguläre Bibliothek wandern? Das passiert, ehrlich gesagt, nicht allzu oft.

Helmut Rizzolli ist es nämlich gelungen, in sehr kompensierter Form die Informationen zusammenzustellen, die man zu den einzelnen Münzstätten und Münztypen braucht. Geordnet nach Währungsräumen stellt er die einzelnen Münzstätten, deren Prägungen in Südtirol zirkulierten, nacheinander vor. Es handelt sich um Innsbruck und Brixen (Augsburger Währungsraum), Lienz, Latisana, Toblach und Aquileja (Währungsraum Aquileja), Verona, Trient, Meran – mit Beischlägen – und Hall (Veroneser Währungsraum) sowie Padua und Treviso an der Grenze zum venezianischen Währungsraum.

Zu jeder Münzstätte gibt es eine kurze historische Zusammenfassung, ehe anschließend ihre Typen mit Kurzbeschreibungen präsentiert werden. Auf die Bebilderung wurde besonders wert gelegt. Anhand der perfekt erhaltenen Stücke, der ausgezeichneten Fotos und Vergrößerungen ist das Bestimmen sogar einem in der Numismatik unerfahrenen Laien möglich.

Zusammenfassend kann ich nur sagen: Ceterum censeo! Wir brauchen mehr solche Bücher in der Numismatik! Wir brauchen mehr Institutionen wie die Südtiroler Sparkasse, die die lokale Geldgeschichte als optimalen Werbeträger verstehen! Und wir brauchen mehr Persönlichkeiten wie Helmut Rizzolli! Die Numismatik lebt schließlich vom Engagement jedes Münzbegeisterten.

Übrigens: Die Südtiroler Sparkasse hat selbstverständlich auch eine italienische Fassung des Buchs herausgegeben. Sie trägt den Titel „Monete e banche medievali tra Alpi e l’Adriatico“ und kann gleichfalls für 20 Euro gekauft werden.

Sie können das Buch direkt beim Verlag bestellen.

Hier können Sie schon mal einen Blick ins Buch tun.

Dieser Link führt sie zur italienischen Fassung.

Selbstverständlich können Sie dort auch die wissenschaftliche Version zum Veroneser Währungsraum erwerben.

Auch die gibt es zweisprachig. Hier der Link zur italienischen Fassung.

Das Buch erschien in der Reihe Runkelsteiner Schriften zur Kulturgeschichte. Mein Lieblingsband heißt „Tatort Tirol“. Er erzählt detailliert, wie Herzog Rudolf IV. von Habsburg die Erwerbung Tirols finanzierte.

Helmut Rizzolli finden Sie in unserem Who is Who.