Am 15. Oktober 2022 starb David Lisot völlig überraschend nach einem Routineeingriff im Krankenhaus. Er war dort, weil ihm Nierensteine entfernt werden mussten. Die numismatische Gemeinschaft der USA ist bestürzt, denn David Lisot gehörte zu den freundlichsten und angenehmsten Personen, die man auf einer Münzbörse nur treffen kann. Er war ein Gentleman, immer höflich, immer am Wohlergehen seines Gegenübers interessiert, dabei sehr zurückhaltend, wenn es um seine eigenen Interessen ging.
David Lisot wurde 1953 in Saint Louis, Missouri als Sohn des begeisterten Banknotensammlers Oliver Lisot und seiner Gattin Dorothy Sue geboren. Schon sein Vater betrieb einen Versandhandel für verschiedenste Sammelobjekte. Und auch David Lisot, der sich seit frühester Jugend für Münzen interessierte, setzte bald sein beachtliches Wissen ein, um sich sein Studium der Philosophie an der University of Colorado in Boulder mit dem Handel von Münzen und Banknoten zu finanzieren. Als David nach seinem Abschluss keine angemessene Arbeit in Boulder fand, zog er nach Südkalifornien, wo er bei Jonathan’s angestellt wurde. Sein Chef, Jonathan Hefferlin, war ein typischer Gewinner des Goldbooms. Er hatte eine große Münzhandlung für Edelmetall, hielt Seminare ab, wie man in Gold investieren müsse und betrieb seine eigene tägliche Sendung im Fernsehen. David Lisot lernte von ihm. Er war selbst ein gutaussehender junger Mann, der eine enorme Glaubwürdigkeit ausstrahlte. So besuchte er einige Kurse, in denen er lernte, wie man sich vor einer Kamera bewegt. Er lernte auch, was es über das Filmemachen zu lernen gab. Und irgendwann entschied er sich, dass er sich hinter der Kamera wohler fühlte als davor. Zu diesem Zeitpunkt lebte David Lisot bereits wieder in Boulder. Denn Jonathan’s musste 1981 wegen des drastischen Kursverfalls von Gold im Vorjahr Konkurs anmelden. In Boulder begann David Lisot, seine eigenen Filme zur bunten Welt der Numismatik zu produzieren.
David Lisot war ein Pionier, einer der ersten, die das Potential nutzten, das neue technische Möglichkeiten für die numismatische Erziehung boten. Er führte eine Fülle von Interviews mit wichtigen Sammlern und Münzhändlern. Zuerst konnten Interessierte seine Videokassetten gegen eine kleine Gebühr über ein Netz von Münzhändlern ausleihen. Später nutzte David das Internet und gründete seinen eigenen Kanal CoinTelevision.
David Lisot filmte und bearbeitete, wie er in einem Interview erzählte, mehr als 2.000 Seminare und Vorträge, um sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit, so scherzte er gerne, dürfte er der Mensch sein, der am meisten numismatische Erziehung genossen habe. Kurz, er tat bereits in den späten 1980er Jahren das, was die meisten von uns jetzt erst durch die Covid-Beschränkungen gelernt haben.
Und das ist die wirklich zentrale Bedeutung, die David Lisot für die numismatische Welt hat. Er dokumentierte alles, was er des Dokumentierens für wert hielt, und das war nicht die akademische Welt, sondern die Welt des Sammelns und Handelns. Wann immer man ihn traf, war seine Kamera nicht weit. „Hast Du irgendwas, was Du erzählen willst?“, das fragte er mich noch während der letzten ANA in Chicago. Ich war nicht die einzige, die er das fragte. David Lisot war der geborene Journalist. Man spürte, wie sehr er sich für sein Gegenüber interessierte, wie liebevoll er mit seinen meist nervösen Interviewpartnern umging, um ihnen so die Angst vor der Kamera zu nehmen. Er war routiniert, zuverlässig, ein Profi bis in die Fingerspitzen. Er war ein großartiger Kollege, mit dem es eine echte Freude war zusammenzuarbeiten.
Wir, das Team der MünzenWoche, sind tief betroffen. David Lisot hinterlässt eine große Lücke in der numismatischen Gemeinschaft. Unser tief empfundenes Beileid gilt seiner Frau Debbie und seinen beiden Kindern.
Wer David Lisot selbst aus seinem Leben erzählen hören will, der sei auf einen wunderbaren Schatz hingewiesen, dem wir „Ben Franklin“ verdanken. Er bestand 2021 während der Münzbörse der Pennsylvania Association of Numismatics darauf, dass David nicht ihn, sondern er David interviewen wolle. Sie können also David Lisot selbst über seine Tätigkeit sprechen hören. Er tut es, wie immer, in größter Bescheidenheit.
David, Du wirst uns fehlen!