Wie weit würden Sie gehen, um an eine bestimmte Münze zu kommen? Das ist natürlich vor allem eine finanzielle Frage. Alessandro Magnaguti jedenfalls soll das gesamte Konvent von Castiglione delle Stiviere in der Lombardei restauriert haben, um eine einzige Goldmünze für seine Sammlung zu bekommen, die man dort gefunden hatte. Doch wer war dieser Alessandro Magnaguti, dessen Leben von seiner Leidenschaft bestimmt wurde: den Münzen? Münzsammler kennen den Namen vielleicht aus den Provenienzangaben. „Aus Sammlung Alessandro Magnaguti“ bürgt für Qualität. Ansonsten ist der sammelnde Graf weitgehend vergessen. Umso größer ist das Verdienst Damiano Cappellaris. Der Veroneser Numismatiker (oder Nummofile, wie er selbst sich nennt, und womit er übrigens Magnagutis Sprachgebrauch folgt) und Schriftsteller hat Magnaguti ein ganzes Buch gewidmet: „Alla scoperta del Conte Alessandro Magnaguti“ (Die Wiederentdeckung des Grafen Alessandro Magnaguti).
Eine adelige Kindheit
Alessandro Magnaguti entstammte der bekannten Mantuaner Adelsfamilie Gonzaga. Geboren am 21. September 1887 in Castello di Cerlongo di Goito (Mantua) genoss er ganz standesgemäß eine klassische Bildung und studierte danach Rechtswissenschaften in Neapel. Danach verwaltete er seine Ländereien, schrieb nebenher Bücher und Gedichte und sammelte Münzen. Seit seinem 18. Lebensjahr sammelte er Münzen. Seine Sammlung wuchs in den folgenden beiden Jahrzehnten derart, dass Magnaguti angeblich 1928 weltweit nichts mehr zu seinen beiden Spezialgebieten, Hadrian und den Gonzaga, fand.
Zeitenwechsel und das Ende einer Sammlung
Doch Magnaguti sammelte auch anderes, etwa 8.000 Objekte umfasste seine Sammlung nach dem Zweiten Weltkrieg, Höhe- und Endpunkt zugleich. Denn der Krieg hatte auch das Leben eines Adeligen verändert, Magnagutis Finanzen schmolzen dahin und er trennte sich von seiner gesamten Sammlung. Lediglich die Münzen seiner Vorfahren, der Gonzaga, behielt er für sich. In weiser Voraussicht beauftragte Magnaguti die Brüder Santamaria, Inhaber eines renommierten Auktionshauses in Rom, mit der Publikation seiner Sammlung. Zwölf Bände sollten es werden, von denen der erste 1949 erschien. Der Titel war dem Umfang und der Absicht der Sammlung angemessen: Ex Nummis Historia, also: Aus den Münzen Geschichte. Und anhand dieser Münzen ließe sich (nahezu) die Geschichte der Welt schreiben. Noch heute sind diese Bände, die in limitierter Auflage erschienen, ihrerseits begehrte Sammelobjekte.
Roman, Krimi, Biografie: Eine kurzweilige Spurensuche
Cappellaris Buch „Alla scoperta del Conte Alessandro Magnaguti“ ist kein Nachschlagewerk und keine wissenschaftliche Biografie im üblichen Sinn. Cappellari nimmt den Leser bei der Hand, wir begleiten ihn auf der Spurensuche nach dem Sammler, der heute ein Schattendasein in den Provenienzen führt. Es ist ein persönliches Tagebuch, in dem sich unzählige Dokumente und Details finden und wo man mit dem Autor bei Zeitzeugen und Adeligen zu Besuch ist. Wer also einen numismatischen Krimi der anderen Art sucht und des Italienischen mächtig ist, der lernt bei der Lektüre gleichzeitig eine ganze Menge über das Italien im Umbruch vom Königreich zur Republik und natürlich über einen münzbegeisterten Adeligen, dem nichts zu teuer war, um seine Sammlung zu komplettieren – und der sie in stoischer Ruhe veräußerte, als ihm die Zeit dafür gekommen schien.