D-München, Numismatik Lanz

29-06-2011 – 30-06-2011

Auktion 151 – Numismatische Raritäten / Sammlung Geheimrat Diez – Auktion 152 – Münzen vor dem Türkensturm, Sammlung RBS

Provenienzen und Qualität: Sammlung Geheimrat Diez und Münzen vor dem Türkensturm bei Numismatik Lanz

Kurz vor der Sommerpause fanden bei Numismatik Lanz München zwei beachtenswerte Auktionen statt: Auktion 151 war numismatischen Raritäten von der Antike bis zur Neuzeit gewidmet, darunter die Sammlung Geheimrat Diez mit einem großen Anteil griechischer Münzen mit beeindruckenden Provenienzen aus dem frühen 20. Jahrhundert wie „Jacob Hirsch“, „Seltman“ oder Sammlung „Imhoof-Blumer“. Auktion 152 entführte die Sammler unter dem Thema „Münzen vor dem Türkensturm“ nach Osteuropa, vor allem auf den Balkan mit seinen zahlreichen Stadtstaaten und Fürstentümern, an die heute oft nur noch klangvolle Namen erinnern.

Kein Wunder also, dass ein solches Angebot mit großem Sammlerinteresse belohnt wurde. So manches seltene Stück war „heiß umkämpft“, bis der Hammer bei einem fünfstelligen Euro-Betrag fiel. Wer bei diesen schwindelerregenden Preisen nicht mithalten wollte, musste durchaus nicht staunend zuschauen, sondern erhielt reichlich Gelegenheit, eines der vielen qualitätvollen „Schnäppchen“ zu ersteigern.

Nr. 17: SAMMLUNG DIEZ. Orrescii. Stater, ca. 500-480 v. Chr. Kentaur raubt Nymphe. Rs. Quadratum incusum. SNG ANS 980 var. Ex Jacob Hirsch, Auktion XIV (27. 11. 1905), Nr. 297. Sehr selten. Zuschlag: 32.000 Euro.

Zu den Höhepunkten der 151. Auktion gehörte zweifellos ein Stater der thrakisch-makedonischen Orrescii aus dem beginnenden 5. Jahrhundert v. Chr. mit seiner reizenden, noch ganz der Archaik verpflichteten Darstellung eines Kentauren, der eine Nymphe raubt (Nr. 17). 30.000 Euro waren für diese Münze aus einer Jacob-Hirsch-Auktion von 1905 geschätzt, für 32.000 Euro wechselte sie ihren Besitzer. Eine ähnliche Darstellung mit Satyr und Nymphe aus der Stadt Lete in Makedonien blieb nur knapp darunter und erzielte 28.000 Euro (Nr. 23).
Bleiben wir in der griechischen Welt des 5. vorchristlichen Jahrhunderts mit seinen herausragenden Kunstwerken: Ein sehr seltenes Didrachmon aus Klazonemai in Ionien mit einer geflügelten Eberprotome kam auf 12.000 Euro (Nr. 160), ebenso wie ein prachtvolles Tetradrachmon aus dem makedonischen Akanthos (Nr. 345) mit hohem Relief. Eine wundervolle Sammlung kleinasiatischer Elektronmünzen führte von den Anfängen der Münzprägung bis ins 4. Jahrhundert v. Chr., darunter eine frühe Hekte mit einem Greifenkopf und der für Phokaia namensgebenden Robbe, hier selten deutlich erkennbar (Nr. 471: 15.000 Euro).

Nr. 876: RÖMISCHE KAISERZEIT. Regalianus. Antoninian, Carnuntum, 260. Rs. PROVIDENTIA AVGG. RIC V 2, 587, 8. Extrem selten. Zuschlag: 14.000 Euro.

In der römischen Kaiserzeit war erwartungsgemäß ein Antoninian des kurzlebigen Kaisers Regalianus die Sensation (Nr. 876): Regalian erhob sich nach der Gefangennahme des Valerian gegen dessen Sohn Gallienus im niederösterreichischen Carnuntum zum Kaiser, wurde aber schon bald geschlagen. Seine Münzen zählen zu den großen Raritäten der römischen Münzprägung. Der Preis? Geschätzt waren 8.000 Euro, gesteigert wurde bis 14.000 Euro. Noch höher schaffte es ein Solidus des spätrömischen Kaisers Leo I., geprägt in Thessaloniki (Nr. 937): Die vorsichtige Schätzung lautete auf 3.000 Euro. Als der Hammer fiel, waren 17.000 Euro geboten, beinahe das Sechsfache!

Nr. 943: BYZANZ. Justinian I. (527-565). Solidus, Alexandria, 537-540. Rs. VICTORIA AVGGG A / ALEXA OB. 2. bekanntes Exemplar! Zuschlag: 54.000 Euro.

Bald darauf folgte das teuerste Stück der Auktion, ein Solidus des Justinian aus der Münzstätte Alexandria, die erst seit kurzem als Prägestätte unter diesem Kaiser nachgewiesen ist – das zweite bekannte Exemplar, das seinem neuen Besitzer sage und schreibe 54.000 Euro wert war (Nr. 943).

Vom byzantinischen Reich geht es weiter nach Bayern: Ein äußerst seltener Doppeldukaten des „Blauen Kurfürsten“ Maximilian II. Emanuel von 1687 ließ seinen Schätzpreis von 5.000 Euro weit hinter sich und wurde erst beim Gebot von 13.000 Euro zugeschlagen (Nr. 1044).

Auktion 152 offerierte eine selten angebotene, umfangreiche Auswahl an Münzen zum Thema „Europa vor dem Türkensturm“. Zahlreiche Raritäten führten von Oberitalien über den Balkan ins östliche Mitteleuropa. Zu den schönsten und begehrtesten Stücken gehörten vor allem Münzen aus Ungarn und Böhmen, auch Rußland kam beim Interesse der Sammler nicht zu kurz.

Nr. 615: UNGARN. Johannes von Hunyadi (Gubernator) (1446 – 1453) Goldgulden o. J. (1446 – 1447), Nagybanya. Heiliger Ladislaus mit Streitaxt und Reichsapfel zwischen Münzzeichen. Rs. Vierfeldiges Wappen (Ungarn/Hunyadi) im Perlkreis. Pohl G 1-1, Huszar 615. Zuschlag: 9.500 Euro.

Ungarn war unter den Highlights mit drei Goldgulden vertreten, die auf ihrer Vorderseite traditionell König Ladislaus den Heiligen zeigen, während die Rückseite vom Wappen des Herrschers eingenommen wird: So prangt beispielsweise auf dem unter Maria von Anjou 1383/84 geprägten Gulden das zweigeteilte Wappen von Ungarn-Anjou (Nr. 581: 3.400 Euro). Ebenso selten wie qualitätvoll war ein Gulden des Wladislaus I. (1440-1444) aus Hermannstadt in Stempelglanz, der seinen Schätzpreis von 2.000 Euro auf 5.250 Euro steigern konnte (Nr. 613). Ganz zu schweigen von dem dritten Goldgulden, den Johannes von Hunyadi 1446/47 in Nagybanya schlagen ließ, auf der Rückseite das vierfeldrige Wappen von Ungarn und der Familie Hunyadi mit dem Raben, nach dem sich später König Matthias den Beinamen Corvinus gab (Nr. 615): Aus geschätzten 5.000 Euro wurden 9.500, die ein Liebhaber für diese vorzügliche Münze zahlte.
Daß auch Silber zu den begehrenswerten Sammlerobjekten gehört, bewiesen eindrucksvoll zwei böhmische Denare aus der Zeit um 1000: Boleslaus IV. Chabry, eigentlich Herzog von Polen, regierte nur ein Jahr in Prag, aus dem einer der beiden Denare stammt. 6.000 Euro lautete schließlich der Zuschlag (Nr. 692). Noch höher, nämlich auf 6.500 Euro, konnte sich ein Denar des Jaromir steigern, der Boleslaus bald wieder aus der Herrschaft über Böhmen verdrängte (Nr. 693).
Zu den großen Raritäten der Auktion zählten die anonymen russischen Stadtprägungen. Eine äußerst seltene Kopeke aus Karachev, die eine Prägung der legendären Goldenen Horde imitiert, erreichte mit 2.600 Euro das Zweieinhalbfache ihres Schätzpreises (1.000 Euro – Nr. 859).
So endeten zwei spannende Auktionstage mit zufriedenen Mienen beim Auktionshaus Lanz und bei den Sammlern, die sich schon jetzt auf das nächste Angebot freuen dürfen.
Die Ergebnisliste ist wie gewohnt unter www.lanz.com einsehbar. Wer sich noch einmal in Ruhe den gesamten Katalog ansehen möchte, findet ihn unter www.sixbid.com.